Während der Entbindung seien offenkundig schwere Fehler von Arzt, Hebamme, einer Krankenschwester und dem Krankenhaus Immenstadt passiert, so Claudia Bernert. Die Allianz, Versicherer des Arztes und der Hebamme, ist dagegen der Überzeugung, Daniel wäre „so oder so behindert zur Welt gekommen“.

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Die CT-Aufnahmen, die damals vom Gehirn des Neugeborenen angefertigt wurden, sind jetzt von einem Neuroradiologen neu beurteilt worden. Laut Meinung des Spezialisten gehen die Schädigungen eindeutig auf einen Sauerstoffmangel während der Entbindung zurück.

Der Bundesgerichtshof folgt in seinem jetzt verkündeten Urteil einer Entscheidung des OLG München, Außenstelle Augsburg. Die Entscheidung besagt, dass 80 Prozent der Hirnschädigung von Daniel bereits vor der Geburt eintraten, 20 Prozent dagegen auf Behandlungsfehler während der Geburt zurückzuführen sind. Eine Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 271.000 Euro sowie eine monatliche Rente von 710 Euro seien der Familie zugesprochen und bereits gezahlt worden.

Zwar haben die Gerichte, das Landesgericht Kempten und das Oberlandesgericht München, immerhin ganze 12 Jahre (von 1992 bis 2004) gebraucht, um eine Entscheidung zum Haftungsgrund zu treffen. Allerdings ist dadurch sicher nicht die Länge des Rechtsstreits von 29 Jahren zu erklären. Sicherlich ist auch die Rolle der Anwaltschaft kritisch zu hinterfragen. So sind unter Juristen Fälle bekannt, in denen Anwälte bis zu 25 Prozent der Entschädigungssumme erhielten und das obwohl Anwaltshonorare in Deutschland im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz fixiert sind und eine solche erfolgsabhängige Vergütung, die in den USA Usus ist, in Deutschland nur begrenzt erlaubt ist. In diesem Zusammenhang erscheint die Rolle und die Vorgehensweise manch eines Rechtvertreters in einem deutlich anderem Licht.

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Dennoch bleiben nach einem 22 Jahre andauernden Prozess mit dem rechtsmäßigen Gewinner, Allianz, eigentlich nur Verlierer. Zum einen die Familie Bernert, auf rechtlicher Basis, weiterhin die Allianz, die zumindest einen kleinen Image-Kratzer davon trägt und vor allem die deutsche Rechtssprechung. Denn warum muss ein Prozess für ein letztinstanzliches Urteil 29 Jahre dauern?

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