Aussetzungsrisiko mit Verlustrisiken für Anleger verbunden

Für den Heidelberger Anlegeranwalt Mathias Nittel eine längst überfällige Entscheidung. „Jahrelang haben Banken und sonstige Anlageberater sich damit herausgeredet, dass es sich bei der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen an offenen Immobilienfonds um ein rein theoretisches Risiko handeln würde. Mit dieser Entscheidung ist jetzt klar, dass es sich bei der Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen um einen wesentlichen Umstand bei der Entscheidung zur Investition in einen solchen Fonds handelt.“ Wesentlich für die Entscheidung des Oberlandesgerichts war das mit der Rücknahmeaussetzung verbundene Liquiditätsrisiko für den Anleger. „Da dieses Risiko immer besteht und die Anleger im Falle der Aussetzung der Rücknahme nur über einen Verkauf an der Börse zu Geld kommen und aufgrund des unter dem Rücknahmepreis liegenden Kurses erhebliche Verluste hinnehmen müssen, hätten die Berater auf das Risiko hinweisen müssen“, so der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Der vom OLG bejahten Wesentlichkeit dieses Gesichtspunktes für die Anlageentscheidung steht nicht entgegen, dass die Rücknahmeaussetzung vor 2008 faktisch keine Rolle gespielt hat und sich in den wenigen Fällen der Aussetzung der Rücknahme keine größeren Kapitalverluste für die Anleger verwirklicht hätten.

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Entscheidung auch auf die Beratung durch nicht bankgebundene Berater anwendbar

In Fällen, in denen Kunden durch ihre Bank oder Sparkasse zur Investition in offene Immobilienfonds vor dem 05. August 2009 geraten wurde, dürften die Schadenersatzansprüche wegen der Verletzung dieser Beratungspflicht bereits gemäß dem zum 05. August 2009 aufgehobenen § 37 a WpHG a.F. verjährt sein. Chancen sieht Anwalt Nittel aber in den Fällen, in denen auch vor dem 05. August 2009 durch nicht bankgebundene Berater die Investition in offene Immobilienfonds empfohlen wurde. „Hintergrund ist, dass die entsprechende Verjährungsvorschrift nur für Banken und Sparkassen, nicht aber für nicht bankgebundene Vertriebe galt“, betont Nittel. Für diese Fälle schafft das Urteil des OLG Frankfurt zusätzliche gute Argumente. Auch jene Anleger, denen ihre Bank nach dem 05. August 2009 zur Anlage in offenen Immobilienfonds geraten hat, könnten gegebenenfalls gestützt auf dieses Argument noch Schadenersatz durchsetzen.

Auch bei der Empfehlung von Immobilien-Dachfonds musste auf das Schließungsrisiko hingewiesen werden

Neben der Beteiligung an offenen Immobilienfonds wurden zumeist sicherheitsorientierten Anlegern auch zur Investition in sogenannte Immobilien-Dachfonds geraten. Ob Allianz Flexi Immo, DWS Immoflex Vermögensmandat, Premium Management Immobilien Anlage, Santander Kapitalprotekt, LBB Statego Grund oder Santander Vermögensverwaltungsfonds, all diese Fonds investierten in offene Immobilienfonds. „In dem Maße, wie diese die Rücknahme von Anteilen aussetzten, kamen die Immobilien-Dachfonds nicht mehr an das investierte Kapital ihrer Anleger“, was zur Folge hatte, so Fachanwalt Nittel, „dass auch die Immobilien-Dachfonds ihrerseits aufgrund der massenhaften Wünsche ihrer Anleger, Anteile zurückzugeben, selbst zahlungsunfähig wurden und nun ihrerseits von der Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen Gebrauch machen mussten.“

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„Doch die mir bekannten Anleger wurden von ihren Beratern weder darauf hingewiesen, dass es bei den zur Geldanlage empfohlenen Immobilien-Dachfonds bereits zur Aussetzung der Rücknahme von Anteilen auf der Ebene der Zielinvestments, also jener offenen Immobilienfonds, in die der Dachfonds investierte, gekommen war, noch darauf, dass auch bei den Dachfonds selbst dieses Risiko bestand“, stellt Anwalt Nittel fest. Für ihn ein Verstoß der Berater und beratenden Banken gegen die Verpflichtung, den Anleger über die für ihr wesentlichen Umstände der empfohlenen Geldanlage zu informieren. Der Anlegeranwalt: „Das Urteil des OLG Frankfurt hat daher auch die Chancen der Anleger in Immobilien-Dachfonds, von ihren Beratern Schadenersatz zu erlangen, deutlich verbessert.“

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