„Finanzdienstleister sollten in der Produktgestaltung und in der Ansprache der Golden Ager altersgerecht und gleichzeitig typgerecht vorgehen (Betonung auf ́gerecht ́)“, sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin bei der HEUTE UND MORGEN GmbH aus Köln. „Noch dominieren in der Praxis überholte stereotype Zu- oder Abschreibungen gegenüber dieser Zielgruppe – wie auch in der Gesellschaft insgesamt. Der Grundstein vertrauensvoller Kundenbeziehungen wird freilich bereits in der Phase vor dem Ruhestand gelegt, in der es gilt, sich bestmöglich auf den neuen Lebensabschnitt vorzubereiten.“

Anzeige

Zielgruppendifferenzierung: Die Finanztypologie der Golden Ager

Die Zielgruppe der Golden Ager im Ruhestand kann trennscharf in die drei Finanztypen „Ängstliche Delegierer“, „Souveräne“ und „Uninteressierte“ eingeteilt werden:
Mehr als die Hälfte der Golden Ager (54%) lassen sich dem Finanztyp „Ängstliche Delegierer“ zuordnen. Diese verlassen sich in Finanz- und Versicherungsangelegenheiten am liebsten ganz auf den Berater - wobei diese auch aus dem eigenen sozialen Umfeld stammen können - und beschäftigen sich nur ungern in Eigenregie mit Finanzthemen. Sie verfügen häufig nur über ein einfaches schulisches Niveau und sind insgesamt stärker sicherheits- als renditeorientiert. Trotz grundsätzlich hoher Berateraffinität haben sich rund ein Drittel vor ihrem Eintritt in den Ruhestand nicht über die Gestaltung von Finanz- und Versicherungsthemen im Rentenalter beraten lassen. In der Kohorte der aktuellen „Golden Ager“ ist der Anteil der „Ängstlichen Delegierer“ mit 54 Prozent im Vergleich zu den „Silver Agern“ (Berufstätige 50plus) mit 36 Prozent deutlich höher. Auf höheres Interesse stoßen innovative Konzepte wie Rentenversicherungen mit automatischer Erhöhung in schweren Krankheitsfällen und Immobilienrenten (Reverse Mortage) mit Pflegedienstoption.

Die andere Hälfte der Ruheständler machen zwei völlig gegensätzliche Finanztypen aus: Die „Souveränen“ (24% der Golden Ager) sind besonders kapitalstark und in Finanzfragen kompetent und erfahren. Sie haben sich oft bereits vor ihrem Ruhestand intensiv mit persönlichen Finanz-, Vorsorge- und Versicherungsfragen im neuen Lebensabschnitt auseinandergesetzt und werden regelmäßig um Rat gefragt. Vorhandene Geldanlagen sollen weiterhin gute Renditen erbringen, wobei die Themen kürzere Laufzeiten, hohe Flexibilität und Vermögensschutz stärker in den Vordergrund treten. Übertragbarkeit auf Erben und die flexible Entnahmemöglichkeiten bei unvorhergesehenen Ereignissen spielen eine wichtige Rolle, Immobilienrenten finden hingegen wenig Anklang. Gegenüber den „Silver Agern“ ist der Anteil der „Souveränen“ bei den „Golden Agern“ deutlich geringer (42% vs 24%).

„Uninteressierte“ (22% der Golden Ager) beschäftigen sich hingegen kaum mit den Themen Finanzen und Versicherungen und haben dies auch nicht zur Vorbereitung auf ihren Ruhestand getan. Sie sind Beratern und neuen Produktkonzepten gegenüber zumindest anfänglich skeptisch. Ihnen ist es unter den Golden Agern am wenigsten wichtig, später einmal etwas zu vererben; zugleich fehlen ihnen hierzu oft auch die Möglichkeiten. Jeder dritte Uninteressierte besitzt keinerlei Geldanlage bzw. Altersvorsorge. Für die nächsten zwei Jahre planen nur sehr wenige den Abschluss einer weiteren Geldanlage bzw. Altersvorsorge. Relative Aufgeschlossenheit besteht hier noch bei den Immobilienbesitzern gegenüber Reverse-Mortage-Optionen. Die Zielgruppe der Golden Ager sollte von Finanzdienstleistern und Beratern daher ausreichend differenziert betrachtet werden. Denn Golden Ager ist längst nicht gleich Golden Ager. Die Heterogenität innerhalb der Zielgruppe der Ruheständler wird angesichts steigender Lebenserwartung und damit verbundener ausdifferenzierterer „später“ Lebensläufe zukünftig sogar noch weiter zunehmen.

Anzeige


Gefragt sind innovative altersgerechte Produkte statt Altersschubladen

Übergreifend gilt: Hohe Flexibilität mit der Option, jederzeit auf angelegtes Kapital zugreifen zu können, Vermögensschutz und altersgerechte Konditionen sind für Golden Ager zentrale Eckpfeiler der Produktauswahl. Rentenversicherungen mit flexiblen Entnahme-Möglichkeiten und Übertragungsoption auf die Erben sowie auch produktübergreifend bestmöglicher Schutz im Todes- und Krankheitsfall zählen daher zu den zentralen Erwartungen an zukünftige Altersvorsorgeprodukte. Bei den Geldanlagen dominieren in der Präferenz derzeit T agesgeldkonten, oft jedoch mangels attraktiver Alternativen. Von hohem Interesse sind für die Golden Ager nicht zuletzt Services zum Thema Gesundheit, wie beispielsweise Beratungsangebote zum Thema Patientenverfügung oder Rechtsbeistand bei Ärztefehlern.

Die Gefahr, dass man selbst oder der Lebenspartner im Alter zum „Pflegefall“ werden könnte, besorgt viele Golden Ager in stärkerem Maße. Der Bedarf an Pflegevorsorge-Angeboten ist daher grundsätzlich ebenfalls groß –, wird aber noch stärker als von den Silver Agern verdrängt. 85 Prozent der Golden Ager sind zudem der Meinung, eine Pflegezusatzversicherung sei in ihrem Alter nicht mehr bezahlbar. Hier gilt es für die Finanzdienstleister aufzuklären und gegenzusteuern. Von der Möglichkeit einer Immobilienrente (Reverse Mortage) hat darüber hinaus bisher erst knapp jeder vierte Immobilienbesitzer (23%) unter den Golden Agern gehört. Nach entsprechender Information stoßen insbesondere Reverse-Mortage-Modelle mit Pflegedienstoptionen auf stärkeres Interesse.

Anzeige

200 nicht mehr berufstätige Golden Ager bis 75 Jahre wurden im August 2012 ausführlich zu ihren Erwartungen und Wünschen an die Finanzdienstleister sowie zu ihren Anlage-, Finanzierungs- und Versicherungsbedarfen befragt. Die Auswahl erfolgte repräsentativ nach Alter, Geschlecht, Einkommen und Immobilienbesitz. Ergänzend wurden zwei vertiefende qualitative Gruppendiskussionen durchgeführt, in denen auch innovative Produkt- und Vertriebskonzepte getestet wurden. Parallel wurde die Zielgruppe der „Silver Ager“ (Berufstätige 50plus) untersucht.

Seite 1/2/

Anzeige