Erstklassische Hotels, Strand und Sonne – wer sich die Zähne machen lassen will, der kann dies mit einem Trip nach Thailand verbinden. Das Bangkok Hospital wirbt mit 5-Sterne-Luxus, aber auch mit einer erstklassischen klinischen Ausstattung und erfahrenen Spezialisten. Der thailändischen Küche wird sogar eine heilsame Wirkung nachgesagt – laut medizinischen Studien hat die würzige Tom Yam-Suppe eine antikarzinogene Wirkung. Das alles, so versprechen die Werbeprospekte des Medizintourismus, kostet so wenig Geld, dass im Vergleich zu einer deutschen Behandlung sogar ein zusätzlicher Jahresurlaub drin ist. Denn für einen Rundumcheck, der in Deutschland 2.800 Euro kosten würde, müssen Patienten in Bangkok nur 800 Euro auf den Tisch legen.

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Boom des Medizintourismus

Der Medizintourismus boomt – das gilt umso mehr, je höher in Deutschland die Preise für eine Behandlung klettern. Soeben hat der Verband der gesetzlichen Krankenkassen vor steigenden Zahnarztkosten gewarnt und prophezeit, dass Kassenpatienten spätestens ab dem Jahr 2012 mit deutlich höheren Zuzahlungen rechnen müssen. Dann tritt nämlich die neue Gebührenordnung für Zahnärzte in Kraft (GOZ) - die Vergütung soll um sechs Prozent steigen.

Doch teure Aufpreise sind nicht nur ein „Privileg“ der gesetzlichen Kassen. Auch die private Assekuranz bietet immer mehr Tarife an, die niedrige Monatsbeiträge mit saftigen Zuzahlungen verbinden. Ein Patient, der beispielsweise den Tarif E 1000 bei der HUK Coburg abgeschlossen hat, muss 40 Prozent des Zahnersatzes aus eigener Tasche finanzieren. Bei anderen Tarifen sind sogar Mehrkosten für Arztgebühren einzuplanen, weil die Versicherung nur den 1,8fachen Satz der Gebührenordnung erstattet, der Zahnarzt jedoch den 3,5fachen Satz abrechnen darf. Schnell erreichen die Ausgaben für ein neues Gebiss tausende Euro.

Da wundert es nicht, dass es immer mehr Patienten in die Ferne zieht, auch Leidende und Kranke das Reisefieber packt. Gemäß einer Studie der Techniker Krankenkasse lassen sich pro Jahr mehr als 300.000 Deutsche im Ausland behandeln. Auch eine aktuelle Umfrage der Internetplattform expedition-service bestätigt den anhaltenden Trend: demnach seien in Deutschland 38% der Männer und 20% der Frauen dazu bereit, eine Behandlung im Ausland durchführen zu lassen.

Für Länder wie Thailand ist der Medizintourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden. Mehr als 1,4 Millionen internationale Patienten werden jährlich in dem Land betreut, der Umsatz geht in die Milliarden. Die Zahnmedizin des asiatischen Staates genießt einen besonders guten Ruf. Doch auch anderswo boomt das Geschäft mit den ausländischen Patienten. In der Zahntherapie haben sich Länder wie Bulgarien, Rumänien oder die Türkei einen Namen gemacht. Auch Indien und Singapur mischen mit im Werben um internationale Patienten. Nach Angaben der Zeit wurden im Jahr 2007 weltweit 50 bis 60 Milliarden Dollar mit Medizinreisen umgesetzt, McKinsey prophezeite im Jahr 2009 ein Anwachsen des europaweiten Umsatzes um 30 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre. Doch kann mit solch einer Reise tatsächlich Geld gespart werden?

Experten raten zum genauen Abwägen von Nutzen, Kosten und Risiken

Als Gegenargument zu einer Behandlung im Ausland wird von Experten angeführt, dass die Behandlung zwar billiger sei, der Anreiseweg jedoch teurer und aufwendiger. „An sich ist es verlockend, wenn man sieht, wie die Kosten abweichen. Die Reisekosten können aber schnell die Einsparungen übersteigen“, erklärt Gesundheitsexperte Kai Vogel von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Gerade bei schwierigen Behandlungen kann es notwendig sein, mehrere Wochen im Ausland zu verbleiben – bei Komplikationen muss der Urlaub möglicherweise sogar verlängert werden.

Verbraucherorganisationen raten daher, gut abzuwägen, ob man tatsächlich mit einem Plus aus der Behandlung geht. Und einen weiteren Kostentreiber nicht zu vernachlässigen, denn manchmal sind nach einem Zahnarztbesuch Nachbehandlungen notwendig – diese fallen ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des behandelnden Arztes. Schlimmstenfalls muss der Arzt im Ausland ein zweites Mal aufgesucht werden, was wiederum extra Kosten verursacht.

Darüber hinaus ist vor einer Auslandsoperation zu klären, wer im Falle von Komplikationen finanziell haftet. Denn gerade im asiatischen Raum sind die Behandlungen auch deshalb so billig, weil bei einer Fehlbehandlung keine hohen Entschädigungsleistungen zu zahlen sind. Damit gerichtliche Auseinandersetzungen bei Ärztepfusch nach deutschem Recht ausgetragen werden, ist es ratsam, bereits vor dem Eingriff einen privaten Behandlungsvertrag mit dem ausländischen Arzt abzuschließen.

Vor Auslands-OP bei Versicherung anfragen

Für gesetzlich Versicherte gilt: Grundsätzlich sind gezielte Behandlungen im Ausland nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten. Hierfür ist ein extra Antrag zu stellen, der genehmigt werden muss - so fordern die Krankenkassen bei Zahnersatz einen Kostenvoranschlag in Form eines Heil-und Kostenplanes. In der Regel zahlen die Kassen nur, wenn die Behandlung auch in Deutschland unbedingt erforderlich gewesen wäre. Doch alles, was über die gesetzlichen Leistungen hinaus geht, muss der Patient aus eigener Tasche aufbringen.

Inwiefern Privatpatienten vom Medizintourismus profitieren können, ist abhängig vom jeweiligen Vertrag. Werden in vielen Policen auch Auslandsbehandlungen garantiert, sofern sie medizinisch notwendig sind, so schränken die Anbieter bei billigen Tarifen die Rückerstattung von Behandlungskosten ein. Dies gilt vor allem, wenn die Operation in einem Nicht-EU-Land statt findet. Auch für Privatpatienten ist es folglich ratsam, vor einer Operation in ausländischen Gefilden Rücksprache mit der Krankenversicherung zu halten.

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Von Auslandsreisen besonders profitieren können Patienten in der Region Berlin und Neubrandenburg: Kooperationsverträge zwischen deutschen und polnischen Ärzten gestatten es, dass die Zahn-Operation im Ausland statt findet, die Nachbehandlung jedoch in Deutschland. Auch sind es nicht immer die niedrigeren Kosten, die Patienten ins Ausland locken: In Tschechien oder Belgien sind die Wartezeiten auf eine Behandlung bei manchen Fachärzten kürzer.

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