Es passierte mir vor wenigen Monaten, dass ein Mitarbeiter einer großen deutschen Bank, die gern mit ihrem exzellenten Service wirbt, plötzlich Zweifel an meiner Existenz hatte. Ich wollte nach einem Umzug ein Kautionssparbuch eröffnen – an für sich keine große Sache – doch nach einer zwanzigminütigen Wartezeit am einzig geöffneten Schalter der Filiale hatte ein Bankangestellter den Eindruck, dass die Unterschrift auf meinem Antrag nicht mit der Unterschrift auf der Geldkarte überein stimme, woraus er schloss, dass ich ein anderer sein müsse als jener, der ich vorgebe zu sein.
Ich zeigte ihm meinen Personalausweis, meinen Führerschein, meine Sport-Mitgliedskarten, auch meinen früheren Studentenausweis – auf jedem Dokument war meine Existenz mit Foto und Unterschrift verbürgt. Doch erst nach einer langen Diskussion und Rücksprache mit einem anderen Kollegen ließ sich der Bankmitarbeiter erweichen, mich nicht als potentiellen Betrüger zu betrachten. Hinter mir wurde die Warteschlange am einzig geöffneten Schalter der Filiale immer länger.

Man muss vielleicht nicht eine solch kafkaeske Erfahrung gemacht haben, um dem aktuellen Vorschlag von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) Verständnis entgegen zu bringen, zielt er doch darauf ab, die Einhaltung von Kundenrechten bei Finanzberatungen stärker zu evaluieren.
Tausende Anleger haben infolge der Finanzkrise ihre Ersparnisse verloren. Oftmals gingen Falschberatungen voraus, in denen Risiken und Eigeninteressen der Geldhäuser verschwiegen wurden. Nun will Aigner im Auftrag der Bankenaufsicht (Bafin) verdeckte Ermittler als Testkäufer zu Bankberatern schicken, um zu kontrollieren, ob die Finanzberatung im Interesse des Kunden verläuft. Werden Mängel festgestellt, so ist ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro fällig. Die Ausschreibungen für die „verdeckt agierenden Testkäufer“ laufen bereits, sogar Berufsverbote bei mehrfacher Falschberatung sind im Gespräch.

Lang anhaltende Diskussion über die Qualität der Finanzberatung

Dass es gerade bei den Banken Defizite in der Beratung gibt, kann, - schenkt man aktuellen Studien von Verbraucherschutzorganisationen Glauben - nicht bestritten werden. Gern brüsten sich die Geldinstitute mit ihrer Beratungskompetenz und Kundenfreundlichkeit, machen sie zum Mittelpunkt teurer Kampagnen – oft gestützt durch Testsieger-Zertifikate, die jene Finanzmagazine verleihen, in denen die Geldhäuser ihre Werbeanzeigen schalten. Doch die "Stiftung Warentest" stellt bei ihren Anlage-Beratungstests regelmäßig fest, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit große Lücken klaffen. Im Sommer diesen Jahres bekam von 21 untersuchten Geldinstituten nicht ein einziges die Note „Gut“ oder „Sehr gut“ verliehen, nur drei Institute haben als Klassenprimus mit „Befriedigend“ abgeschnitten. Die große Mehrheit der Geldhäuser jedoch, 16 Stück an der Zahl, wurde mit „Ausreichend“ bewertet. Ein gutes Zeugnis sieht anders aus.

Eklatant sind dann auch die Mängel, die von "Stiftung Warentest" aufgeführt werden. Bei den versteckten Testgesprächen hatten die Berater weder über finanzielle Risiken der empfohlenen Produkte informiert, noch alle gesetzlich vorgeschriebenen Auskünfte erteilt. In großer Mehrheit wurden risikoreiche Produkte wie Immobilien– und Anlagefonds empfohlen, als hätte es die Bankenkrise nie gegeben.

Die Geldinstitute haben die Ergebnisse der Studie schnell angezweifelt, ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Doch auch aktuelle Probetests der Bafin stützen die düstere Prognose. So verwies Aigners Pressesprecher Holger Eichele darauf, dass viele Anlageberater bei den Testgesprächen der Bafin nicht einmal die grundlegendsten Regeln einer Finanzberatung einhielten: sie hätten sich nicht nach den Vermögensverhältnissen des Kunden erkundigt, auch nicht nach der Höhe des Gehaltes sowie nach aktuellen Verbindlichkeiten. Angesichts solcher Beratungen muss es wohl jedem Makler, der mit Finanzprodukten arbeitet, kalt den Rücken hinunter laufen.

Auch das private Versicherungsgewerbe sorgt zum Jahreswechsel für negative Schlagzeilen

Die Kritik ist also nicht unberechtigt. Ärgerlich sind solche Meldungen jedoch deshalb, weil auch jene Finanzberater unter Generalverdacht geraten, die ihre Arbeit seriös und im Interesse des Kunden erfüllen. Und wer die Schlagzeilen zum Jahreswechsel verfolgt hat, wird festgestellt haben, dass das private Versicherungsgewerbe ebenfalls für reichlich schlechte Presse sorgte.
  • Die „Financial Times Deutschland“ wartete am 27. Dezember mit einem Leitartikel zur Situation der privaten Lebensversicherungen auf, in dem die Höhe des Garantiezinses für Anleger – mitunter vier Prozent und höher – kritisch hinterfragt wurde. Auf lange Sicht, so die Befürchtung, könnten die Erträge der Anbieter nicht ausreichen, um die Ansprüche der Kunden zu erfüllen. Schlimmstenfalls sei ein Szenario wie in Japan zu erwarten: dort brachen in den 90er Jahren sechs große Lebensversicherer zusammen, weil sie die Garantien ihrer Mitglieder nicht mehr befriedigen konnten. Folglich mahnt die Bafin eine Aufstockung der Rückstellungen und eine Senkung des Garantiezinses an. Das Thema wurde auch von anderen Zeitungen dankbar aufgenommen, zugleich das Vertrauen der Kunden in die Lebensversicherungsanbieter, die scheinbar blind über ihre Verhältnisse wirtschaften, erschüttert.
  • Die privaten Krankenkassen stehen wegen steigender Mitgliedsbeiträge und Kürzungen beim Kundenservice in der Kritik. Wenig schmeichelhaft war in dieser Hinsicht ein Artikel des Wirtschaftsmagazins „Capital“, der sich mit Versäumnissen des Branchenriesen „Allianz PKV“ auseinander setzte („Allianz PKV – wie der Versicherer eigene Versäumnisse auf Kosten seiner Kunden wettmacht“, Capital Heft 01/2011 vom 16. Dezember 2010). Demnach hat die "Allianz Krankenversicherung" mit sinkenden Mitgliederzahlen und Gewinnen zu kämpfen. Die Aufbesserung der Bilanzen geschehe jedoch auf Kosten der eigenen Mitglieder: so fiel der Versicherungsanbieter im Juni dadurch auf, dass er seine Altkunden, die in einen günstigeren Tarif wechseln wollten, bis vor das Bundesverwaltungsgericht zerrte. Die "Allianz" wollte für den Tarifwechsel einen Zusatzbeitrag erheben, per Gerichtsbeschluss wurde diese Praxis untersagt. Negative Schlagzeilen und schwindendes Kundenvertrauen waren die logische Folge.

    Schnell verdientes Geld: die Tätigkeit des Versicherungsmaklers aus der Sicht eines „Spiegel“-Artikels

    Darüber hinaus könnte für Versicherungsmakler ein aktueller Beitrag des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ interessant sein, der sich schwerpunktmäßig mit der schwierigen Finanzsituation der privaten Krankenkassen auseinandersetzt und zugleich eine wenig differenzierte Darstellung des Maklerberufes als Einstieg in den Artikel wählt („Fatale Abwärtsspirale“, Der Spiegel Nr. 52 vom 27.12. 2010).
    Zunächst wird der Maklerberuf als eine Tätigkeit dargestellt, die keine berufliche Qualifikation erfordert. „Keinen Job? Nicht einmal eine Ausbildung? Und zu wenig Geld auf dem Konto? Kein Problem. Wer finanzielle Sorgen hat, darf auf die Versicherungsbranche hoffen.“ Ein Versicherungsmakler aus Köln, so erfährt der Leser weiter, vermittle „Seiteneinsteigern“ per Zeitungsannonce einen lukrativen Nebenverdienst, Vorraussetzung seien gute Kontakte „im Familienkreis“ und zu „Arbeitskollegen“.
    Im nächsten Abschnitt ist bereits von den hohen Provisionen die Rede, die ein Makler verdienen kann. Neun bis vierzehn Monatsbeiträge würden mit der Vermittlung einer einzigen Krankheitsvollversicherung fällig – kein schlechtes Geld für einen angeblich Ungelernten. So schreibt der "Spiegel": „Wer sich als erfolgreicher Vertreter erweist, kann in der Branche mehrere tausend Euro verdienen, wenn er nur eine einzige Krankheitsvollversicherung verkauft“.
    Die hohen Provisionen wertet das Nachrichtenmagazin dann auch als Zeichen der Krise: die Krankenkassen bräuchten immer mehr junge und gesunde Gutverdiener als Kunden, sonst würde das System auf Dauer kollabieren. Folglich, so das Credo des Textes, seien die Krankenkassen auch bereit, für die Vermittlertätigkeit große Summen zu zahlen. Im weiteren Verlauf des Artikels wird nicht weiter auf das Maklergewerbe eingegangen, jedoch bleibt ein Eindruck von Unseriösität und Geschäftemacherei bestehen.

    Was der "Spiegel"-Artikel seinen Lesern verschweigt, muss auf einer Makler-Seite nicht extra erklärt werden:
    • Die hohen Makler-Provisionen der privaten Kassen erklären sich auch damit, dass die Vermittlung eines Krankenkassen-Vertrages für den seriösen Makler mit einem großen Aufwand an Recherche, Vor- und Nachbereitung verbunden ist. So muss er über die aktuellen Angebote der Versicherungsgesellschaften informiert sein und das komplizierte Vertragswerk mehrerer Anbieter kennen, sich zugleich mit der finanziellen und gesundheitlichen Situation seines Kunden auseinandersetzen. Nur so ist es möglich, ein Angebot zu ermitteln, das auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten ist.
    • Des Weiteren ist bei der Höhe der Provisionen zu berücksichtigen, dass - abhängig vom Maklervertrag - für viele Makler die Arbeit nicht mit der Vermittlung des Vertrages endet. Makler übernehmen auch die Pflege, Verwaltung und Aktualisierung des Vertrages, so dass ein langjähriges Dienstleistungsverhältnis zwischen Makler und Versicherungsnehmer entsteht. Der Makler ist auch erster Ansprechpartner, wenn es Probleme in der Kommunikation zwischen dem Kunden und der Versicherungsgesellschaft gibt. Schon deshalb ist ein Makler in der Regel nicht nur am eigenen Gewinn interessiert, sondern auch an der Zufriedenheit des Kunden mit dem vermittelten Produkt.
    • Im Gegensatz etwa zu Versicherungsvertretern haften Makler bei einem Fehler oder einer Falschberatung für die vermittelten Produkte. So können unseriöse Geschäfte schnell vor Gericht enden, kann die Unzufriedenheit mehrerer Kunden das berufliche Aus bedeuten. Durch die Pflicht zur Dokumentation der Beratungssitzungen ist zusätzlich eine gewisse Qualitätskontrolle gegeben. Laut EU-Vermittlerrichtlinie ist der Makler seit 2006 verpflichtet, für entstehende Ansprüche aus Falschberatungen eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.

    Auch wenn nicht bestritten werden soll, dass es schwarze Schafe in der Branche gibt, so sind es einseitige Darstellungen wie jene im Spiegel, die zum schlechten Image der Versicherungsmakler beitragen. So haben laut einer jährlich stattfindenden Forsa-Umfrage zum Ansehen von Berufsgruppen Versicherungsvertreter die niedrigste Wertschätzung – lediglich bei zehn Prozent der Befragten genossen sie ein „hohes Ansehen“. Das Image von Versicherungsmaklern dürfte kaum höher sein, da viele uneingeweihte Kunden nicht zwischen „Versicherungsvertreter und -makler“ unterscheiden, die Vorurteile oftmals dieselben sind. Selbst in der Presse werden beide Formulierungen gelegentlich synonym verwendet.

    Kritische Presse? Auch als Chance sehen

    Und doch können die negativen Schlagzeilen der letzten Tage auch eine Chance für die Maklerbranche sein. Denn mit der wachsenden Unsicherheit hinsichtlich Lebensversicherungen bzw. dem erleichterten Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenkasse wächst auch der Beratungsbedarf.
    Dieser Befund deckt sich mit aktuellen Umfragen: laut einer Studie des Institutes für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) zur Zufriedenheit der Kunden mit ihrer Versicherung wünschen sich viele Versicherungsnehmer eine umfassendere und ausführlichere Beratung hinsichtlich der Policen. Gerade hier bieten sich Versicherungsmaklern zusätzliche Chancen. Auch ein anderes Ergebnis der Umfrage stimmt positiv: entgegen dem schlechten Image waren immerhin 59,9 Prozent aller Befragten der Ansicht, dass ihnen bei der Beratung das beste verfügbare Produkt empfohlen wurde.

    Darüber hinaus können Versicherungsmakler über den Maklervertrag eine enge Bindung zu ihren Kunden herstellen und darauf auch beim Beratungsgespräch gesondert hinweisen, so dass im Idealfall eine tatsächliche Kundennähe zu erwarten ist. Dazu gehört auch zusätzliches Vertrauen aufzubauen, indem über die Nachteile der vermittelten Verträge informiert wird.

    Abschließend ist zu schlussfolgern: nicht nur tatsächlich bestehende Missstände sind Grund für schlechte Presse, aber ein erfolgreich abgeschlossener Versicherungsvertrag ist wohl einfach keine Story wert.

    Mirko Wenig

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