„Die letzten zwei Jahre waren für die Versicherer von großen Unsicherheiten geprägt“, sagt Christian Hildenbrand, Berater bei "Towers Watson" und Co-Autor der Studie. „Nun zeigt das Stimmungsbild der Gesellschaften, dass man auch in den nächsten drei Jahren mit einem Anstieg des Neugeschäftes rechnet.“

Die Beteiligung an der diesjährigen Befragung war wieder positiv, wenngleich "Towers Watson" die Daten einiger Versicherer anhand von öffentlich verfügbaren Informationen, wie aus Geschäftsberichten, sowie Schätzungen auf Basis langjähriger Marktkenntnisse ergänzen musste. Insgesamt berücksichtigt die Studie einen Marktanteil von ca. 90 Prozent.

Ausschließlichkeitsorganisation verliert weiter wichtige Anteile

Die Ausschließlichkeitsorganisation blieb stärkster Vertriebsweg mit einem Anteil am Neugeschäft von 46 Prozent im Gesamtmarkt der Privaten Krankenversicherung (PKV).
Dennoch hat sie im Vergleich zum Vorjahr (48 Prozent) einen Marktanteilsrückgang von zwei Prozentpunkten hinnehmen müssen. Im Fünf-Jahres-Vergleich sank ihr Anteil sogar um elf Prozent.
Daniela Brandt, Beraterin bei "Towers Watson" und Co-Autorin der Studie, begründet dies mit einer Prioritätenverschiebung bei vielen Versicherern: „Einige Versicherer konzentrieren sich zunehmend auch auf die unabhängigen Vermittler, insbesondere im Bereich der Krankenvollversicherung. Diesen Vertriebsweg bauen sie mit besonderen Services aber auch überdurchschnittlich hohen Courtagen weiter aus.“

Zuwachs für unabhängige Vermittler und gebundenen Strukturvertrieb

Wie auch im Vorjahr konnten die unabhängigen Vermittler ihren Anteil um mehr als einen Prozentpunkt weiter ausbauen: Mit 35 Prozent waren sie zweitstärkster Vertriebskanal für die PKV. Kritisch ist hier aber zu sehen, dass ein Teil des Neugeschäfts auch aus der provisionsgetriebenen Umdeckung resultiert: „Dass die Vermittler ihre Kunden zu einem Wechsel bewegen und dadurch Neugeschäft generieren, verzerrt das Bild und hat auch bereits die BaFin auf den Plan gerufen“, erläutert Brandt.
Nahezu alle Befragten sehen dennoch in Zukunft einen weiteren Bedeutungszuwachs bei den unabhängigen Vermittlern. Der Absatz über gebundene Strukturvertriebe betrug 2009 knapp sieben Prozent (Vorjahr: fünf Prozent).

Krankenzusatzprodukte stärken Direktvertrieb

Der Direktvertrieb blieb mit einem Anteil von vier Prozent am Gesamt-Neugeschäft 2009 konstant. Vor allem aber in der Krankenzusatzversicherung hat er Anteile gewonnen und sich mit mittlerweile elf Prozent im Segment der alternativen Vertriebswege etabliert.
Allerdings wird die zukünftige Bedeutung dieses Vertriebswegs – der Vertrieb über das Internet – von den Studienteilnehmern durchaus kontrovers bewertet. „Hier zeigt sich deutlich, dass die Gesellschaften für die Zukunft mit unterschiedlichen Vertriebsschwerpunkten planen“, erklärt Brandt.

Nur marginale Änderungen im Bankvertrieb

Der Vertriebsweg über den Bankschalter stagnierte auch 2009 bei niedrigen vier Prozent. Selbst für die Krankenzusatzprodukte, die als einfache Over-the-counter Produkte in der Bank verkauft werden könnten, konnte sich dieser Absatzkanal nicht weiter durchsetzen.
Ein Grund dafür könnte nach Ansicht von "Towers Watson" die Produktferne des Krankenversicherungsgeschäftes zum eigentlichen Kerngeschäft der Bankberater sein. Auch das künftige Potenzial des Vertriebsweges Bank stufen mehr Teilnehmer als im Vorjahr abnehmend ein.

Stimmungsbild der Versicherer:

Krankenvollversicherung zieht weiter an

Der Aufwärtstrend im Neugeschäft mit der Krankenvollversicherung wird nach Meinung der Studienteilnehmer in den kommenden zwei bis drei Jahren anhalten. 80 Prozent glauben an wachsendes Neugeschäft in der gesamten PKV, 60 Prozent an den Anstieg bei der Krankenvollversicherung.
„Die Finanzierungsproblematik der gesetzlichen Krankenkassen und anhaltend schlechte Bedingungen aufgrund von Leistungskürzungen und Zusatzbeiträgen haben bereits viele Bürger zum Wechsel in die PKV bewegt“, erklärt Hildenbrand. „Zudem macht das Bürgerentlastungsgesetz die private Krankenvollversicherung zum Teil steuerlich attraktiver.“
Einige Versicherer gehen zudem davon aus, dass sich die Verkürzung der Wechselfrist von der GKV in die PKV von drei Jahren auf ein Jahr positiv auswirken werde. Darüber hinaus beflügeln derzeit vielfach Billigtarife das Neugeschäft in der Vollversicherung. „Es muss sich jedoch zeigen, ob die Beiträge für diese Tarife langfristig bezahlbar bleiben“, so Hildenbrand.

Krankenzusatzversicherung mit leichter Erholung

Das Neugeschäft in der Krankenzusatzversicherung war 2009 leicht rückläufig. „Wir gehen zwar davon aus, dass die Branche 2010 wieder zu ihrer alten Form zurückfindet“, sagt Hildenbrand. Dennoch ist der Markt noch weit vom prognostizierten „Boom“ in der Zusatzversicherung entfernt.

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