Das von der Bundesregierung heiß diskutierte Rentenpaket sorgt für kontroverse Reaktionen bei den Vermittlerverbänden. Sowohl der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung als auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) erkennen zwar an, dass die Koalition die Altersvorsorge stärker in den Fokus rückt. Doch die nun vorgestellten Maßnahmen werfen aus Sicht beider Verbände mehr Fragen auf, als sie beantworten.

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Der AfW begrüßt grundsätzlich, dass die Regierung die private, betriebliche und gesetzliche Altersvorsorge gemeinsam denkt. Gleichzeitig warnt der Verband davor, zentrale Weichenstellungen vorzunehmen, während zugleich eine neue Rentenkommission eingesetzt werden soll, die erst Mitte 2026 Reformvorschläge liefern soll. Aus Sicht des AfW ist eine solche Kommission überflüssig, denn mit der „Fokusgruppe Altersvorsorge“ der letzten Bundesregierung und der Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ lägen bereits umfassende, ausgewertete Vorarbeiten vor. Die erneute Einsetzung eines Gremiums drohe, bekannte Fragen nur noch einmal zu drehen, statt zügig Lösungen umzusetzen.

Insbesondere die politische Aufgabenliste sei laut AfW mit über 20 Themen überfrachtet. „Eine solche inhaltliche Überladung birgt die Gefahr, dass sich die Kommission in bereits bekannten Fragestellungen verliert, anstatt zielgerichtet tragfähige Lösungen zu entwickeln“, warnt Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. „Wer eine Kommission mit der Erarbeitung eines gesamtstrategischen Lösungsansatzes beauftragt, sollte keine gesetzlichen Vorfestlegungen treffen, die spätere Ergebnisse einschränken oder gar konterkarieren."

Ohne klare Reformziele, etwa einer stärkeren Kapitaldeckung, der realistischen Weiterentwicklung des Rentenalters oder einer Entlastung der jungen Generation, laufe die Kommission ins Leere. Besonders kritisch bewertet der AfW die Überlegung eines staatlich definierten Standardprodukts für die private Vorsorge. „Ein staatlich definiertes Einheitsprodukt mit politischen Vorgaben wird den unterschiedlichen Lebenssituationen nicht gerecht. Zudem bleibt ohne unabhängige Beratung die tatsächliche Vorsorgewirkung mit Sicherheit gering“, monierte Wirth.

Auch das von der Koalition geplante 10-Milliarden-Euro-Aktienpaket des Bundes wirft aus Sicht des Verbandes große Unklarheiten auf. Ob damit die Frühstartrente finanziert, ein neues Förderinstrument geschaffen oder ausschließlich junge Menschen unterstützt werden sollen, bleibt vage. Selbst mögliche Dividendenerträge in dreistelliger Millionenhöhe reichten nicht aus, um nachhaltig eine breite private Vorsorge zu stärken.

BVK mit ähnlicher Bewertung

Der BVK bewertet das Rentenpaket ähnlich ambivalent. „Die Koalition fährt einen etwas orientierungslosen Schlingerkurs“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Einerseits erkennt Heinz positive Signale, etwa das Bekenntnis der Koalition zu mehr Kapitalmarkt und zu einer Stärkung der privaten Vorsorge. Auch die Ankündigung, die betriebliche Altersvorsorge auszubauen und die Geringverdiener-Förderung zu erweitern, findet beim Verband Zustimmung. Ebenso begrüßt der BVK, dass die Rentenkommission zügig eingesetzt und bis spätestens Mitte 2026 konkrete Vorschläge erarbeiten soll – inklusive einer Neubewertung des Renteneintrittsalters, der Rente ab 63 und von Abschlägen und Zuschlägen.

Auf der anderen Seite sieht auch der BVK gravierende Risiken. Die Idee eines staatlichen Standardprodukts hält der Verband für einen Fehlweg. Dies gelte insbesondere, wenn es ohne Beratung vertrieben werden soll. Dies widerspreche den Bedürfnissen der Bürger und untergrabe die Rolle qualifizierter Vermittlung. Ebenso kritisch beurteilt der BVK die Pläne, Dividenden staatlicher Beteiligungen zur Finanzierung privater Vorsorge einzusetzen. Dies erinnere an einen Staatsfonds, den der Verband ablehnt.

Heinz warnt zudem davor, bereits vorab kostspielige Beschlüsse wie die Ausweitung der Mütterrente oder eine langfristige Festschreibung des Rentenniveaus zu treffen, bevor die Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat. Die Politik riskiere damit, sich selbst den Handlungsspielraum zu nehmen. Nun werde sich zeigen, ob das Rentenpaket im Bundestag eine Mehrheit findet und ob die angekündigten Reformen wirklich tragfähige Perspektiven schaffen. „Wir sind auch auf die Eckpunkte zur Reform der privaten Altersvorsorge gespannt, die schon bis Ende Dezember zusammen mit der Frühstartrente vorgelegt werden sollen. Hier favorisieren wir eine unbürokratische Reform der Riester-Rente mit erweitertem Adressatenkreis und größeren Renditechancen.“