Wie deutsche Versicherer den KI-Turbo zünden könnten
Die Versicherer in Südostasien zeigen aktuell schon, wie Künstliche Intelligenz (KI) Versicherer nach vorn katapultieren kann. Die deutsche Versicherungswirtschaft zaudert dagegen noch. Doch: Wer jetzt nicht handelt, verliert den Anschluss, warnen Dirk Schmidt-Gallas und Tobias Schulz von der Unternehmensberatung Simon-Kucher.

Während deutsche Versicherer noch über Governance, Datenschutz und Pilotprojekte diskutieren, hat Südostasien längst geliefert. AIA, Manulife, FWD, die großen Player der Region, zeigen, was passiert, wenn Künstliche Intelligenz (KI) nicht als Buzzword, sondern als Business-Treiber verstanden wird: schnellere Schadenbearbeitung, präzisere Preisgestaltung, individuellere Kundenansprache. Kurz: mehr Leistung bei weniger Reibungsverlusten.
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In Singapur, Bangkok oder Kuala Lumpur wird KI nicht in Strategiepapiere verbannt, sondern in die Praxis gebracht. Seamless.insure etwa nutzt maschinelles Lernen, um in Sekunden maßgeschneiderte Produktempfehlungen zu erstellen. AIA hat die Schadenbearbeitungszeit auf vier Tage reduziert; in Deutschland dauert das oft noch zwei Wochen. Manulife lässt seine Vermittler mit generativer KI arbeiten, die Kundenbedürfnisse in Echtzeit analysiert und Gesprächsleitfäden vorschlägt. Und FWD schult seine Agenten an KI-Avataren, die reale Beratungssituationen simulieren.
Das ist keine Zukunftsmusik – das ist Gegenwart.
Deutschland: hohe Ambition, niedrige Umsetzung
Hierzulande dagegen: viel Ambition, wenig Umsetzung. Strategiepapiere gibt es zuhauf, echte KI-Initiativen oft nur in homöopathischen Dosen. Dabei ist die Technologie längst reif. Es fehlt schlicht an Mut und Geschwindigkeit.
Die Lehre aus Asien lautet: Erfolg entsteht dort, wo Technologie nicht als Risiko, sondern als Chance begriffen wird. Wo die Aufsicht und die Branche gemeinsam an Lösungen arbeiten, statt sich gegenseitig auszubremsen. Und wo Kundennutzen wichtiger ist als interner Abstimmungsaufwand.
KI als Katalysator
Die asiatischen Märkte zeigen dabei, dass KI kein Jobkiller ist, sondern ein Job-Booster sein kann. Vermittler werden dort nicht ersetzt, sondern gestärkt: durch datenbasierte Insights, durch effizientere Prozesse, durch mehr Zeit für echte Beratung.
Wer in Deutschland glaubt, KI sei nur ein weiteres IT-Projekt, verkennt das Potenzial. KI ist kein Tool, sie ist der neue Wettbewerbsfaktor.
Von der Hype-Welle zum Produktivitätshebel
Natürlich sind die Rahmenbedingungen in Asien anders: jünger, digitaler, schneller. Aber das ist keine Entschuldigung. Es ist ein Vorsprung, aus dem man lernen kann – wenn man will.
Das Rezept ist einfach:
- Investieren statt abwarten
- Datenqualität sichern
- Kundenzentrierung leben
- Vertrieb mit den richtigen Tools auf das nächste Level heben
- Regulierung als Ermöglicher, nicht als Verhinderer begreifen
KI ist keine Zukunftsfrage mehr, sie ist die Gegenwart. Wer jetzt nicht handelt, verpasst Effizienzgewinne und verliert letztlich auch an Relevanz.
Und jetzt?
Deutschland hat alles, was es braucht: starke Marken, kluge Köpfe, stabile Kundendaten. Was fehlt, ist der Mut, das Potenzial zu heben. Asien zeigt, wie es geht. Jetzt liegt es an den Versicherern in Deutschland, von den Pionieren zu lernen und KI zum eigenen Wachstumsbooster zu machen.
Schlagzeilen
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Hinweis: Dieser Beitrag ist der Auftakt zu unserer neuen Kolumnenreihe im Versicherungsboten über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Assekuranz. In den kommenden Ausgaben zeigen wir unter anderem,
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- wie KI den Omnikanal-Vertrieb revolutioniert,
- wie KI das Kundenbestandsmanagement auf ein neues Niveau hebt, und
- warum KI zum Produktivitätstreiber für Agenturen wird.


