Der Streit um das Rentenpaket der schwarz-roten Koalition erhält prominente Verstärkung. Eine Gruppe aus 22 Ökonomen und Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen fordert die Bundesregierung in einem Appell dazu auf, das geplante Gesetz zur Altersvorsorge gar nicht erst zu verabschieden. „Für Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen braucht es eine Rentenpolitik mit langem Atem, die berechenbar und fiskalisch nachhaltig ist“, heißt es in dem Papier. Das Vorhaben der Regierung verfehle dieses Ziel. „Das Rentenpaket sollte deshalb in Gänze zurückgezogen werden“. Darüber berichtet das "Handelsblatt"

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Die Autoren kritisieren, dass das Gesetz die demografischen Probleme des Rentensystems weiter verschärfen würde. Vor allem die jungen Generationen trügen zusätzliche Lasten, obwohl sie schon heute finanziell unter Druck stehen. Die Unterzeichner fordern Union und SPD auf, zunächst die Ergebnisse der geplanten Rentenkommission abzuwarten. Erst danach solle eine umfassende Reform angegangen werden. Zu den bekannten Namen zählen Ifo-Chef Clemens Fuest, die Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, Monika Schnitzer und Martin Werding, IW-Präsident Michael Hüther sowie Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institute.

Damit erhält die Junge Gruppe der CDU/CSU-Fraktion, die das Rentenpaket zuletzt blockiert hatte, unerwartet prominente Unterstützung. Die Nachwuchsabgeordneten kritisieren vor allem die Verlängerung der Haltelinie von 48 Prozent bis 2031 und die geplante Anhebung des Rentenniveaus darüber hinaus um etwa einen Prozentpunkt. Nach ihrer Ansicht würden dadurch Mehrkosten von 120 Milliarden Euro entstehen. Die SPD weist diese Darstellung zurück.

Rentenpaket: Junge Gruppe droht mit Ablehnung

Weil der Jungen Gruppe 18 Abgeordnete angehören, fehlt der schwarz-roten Koalition momentan die Mehrheit für das Gesetz. Einhergehend damit droht sogar das Scheitern des Regierungsbündnisses. Union und SPD hatten eigentlich geplant, das Gesetz noch in diesem Jahr gemeinsam mit weiteren Rentenprojekten zu verabschieden. Zu ihren wichtigsten Punkten zählten unter anderem die Aktivrente und die Frühstart-Rente. Auch die umstrittene Mütterrente ist Teil des Pakets. Die Unionsführung hält das Gesamtpaket grundsätzlich für zustimmungsfähig. Doch neben der Jungen Gruppe gibt es weitere kritische Stimmen innerhalb der Fraktion.

Unionsfraktionschef Jens Spahn rief die Kritiker am Wochenende zu verantwortungsvollem Handeln auf. Er betonte, dass man das große Ganze im Blick haben müsse, damit die Koalition regierungsfähig bleibe. CSU-Chef Markus Söder äußerte sich ähnlich und forderte eine schnelle Verständigung.

Die Gruppe der Wissenschaftler bleibt jedoch bei ihrer klaren Absage an das Gesetz: Die Rentenkommission biete die Chance für eine nachhaltige, ausgewogene Reform. Doch dafür brauche es Zeit. Schnellschüsse würden dagegen „drastische Folgen“ haben und könnten schon bald einen erneuten Kurswechsel erzwingen. „Es wäre für das Vertrauen in die Politik fatal, wenn jetzt einseitige Entscheidungen getroffen würden, die bereits in wenigen Jahren zwangsläufig drastische Folgen hätten und einen erneuten Kurswechsel in der Rentenpolitik notwendig machten“, heißt es in dem Appell.

Unter den Unterzeichnern befinden sich im übrigen auch mehrere Experten, die als Berater für Kanzler Friedrich Merz oder die Union eine wichtige Rolle spielen. In ihrem Appell kritisieren die Wissenschaftler explizit zentrale Elemente des Regierungspakets: Haltelinie, Mütterrente, Aktivrente und Frühstart-Rente. All diese Maßnahmen verstießen aus ihrer Sicht gegen die Prinzipien einer erfolgreichen Rentenpolitik.