Die Kritik am geplanten Rentenpaket der Bundesregierung erreicht einen neuen Höhepunkt. 32 Wirtschaftsverbände, darunter namhafte Organisationen wie der Groß- und Außenhandelsverband BGA, Gesamtmetall, der Handelsverband HDE, der Verband Die Familienunternehmer, der VDMA und der Bund der Steuerzahler, haben sich in einem gemeinsamen Brief gegen das Gesetzesvorhaben positioniert. Das Schreiben, das der "Bild" vorliegt, richtet sich unmittelbar an die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD. Und: Es spart nicht mit deutlichen Worten.

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Verbände schlagen Alarm: Fast 480 Milliarden Euro Mehrkosten bis 2050

Die Verbände kritisieren die Rentenpläne als finanziell untragbar. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, die Rentenpolitik der Regierung führe zu Zusatzkosten, die „bis 2050 zusätzlich fast 480 Milliarden Euro kosten“ würden. Die Summe stammt aus einem aktuellen Gutachten der Prognos AG im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Demnach führen die langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus sowie die geplante Ausweitung der Mütterrente („Mütterrente III“) zu langfristigen Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Nach den Berechnungen von Prognos entfallen 379,5 Milliarden Euro der zusätzlichen Belastung auf die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus und weitere 99,6 Milliarden Euro auf die Mütterrente III.

Die Kosten liegen damit deutlich über den bisherigen Schätzungen der Bundesregierung. Im Vergleich zu den ursprünglichen Koalitionsvereinbarungen, die nur eine Stabilisierung bis 2031 vorsahen, würde der Regierungsentwurf somit 306 Milliarden Euro mehr kosten. Laut Studie steigt die jährliche Mehrbelastung für den Bundeshaushalt von 18,3 Milliarden Euro im Jahr 2031 auf 27 Milliarden Euro im Jahr 2050.

Weiter zitierte die Bild: „Die jährlichen Mehrkosten stiegen gegenüber der geltenden Rechtslage von 18,3 Milliarden Euro (2031) auf 27 Milliarden Euro (2050)“. Die Verbände, die nach eigenen Angaben gemeinsam rund 17 Millionen Beschäftigte vertreten, warnen vor einer massiven Belastung öffentlicher Haushalte und steigenden Beitragssätzen. Dies hätte erhebliche Folgen für Arbeitskosten, Wettbewerbsfähigkeit und Generationengerechtigkeit.

Zentraler Vorwurf: Rentenkommission wird entmachtet

Für besondere Irritation sorgt aus Sicht der Unterzeichner, dass die Rentenkommission, die eigentlich zuständig für die langfristige Reform des Systems nach 2031 ist, noch nicht einmal arbeite. Im Gegenteil: Durch das Rentenpaket werde ihr Gestaltungsspielraum „faktisch zunichtegemacht“. Im Schreiben heißt es dazu, die Pläne seien „weder generationengerecht noch finanzierbar“ und führten das Rentensystem auf einen Kurs, der einem „Kollaps“ nahekomme.

Die Verbände beschränkten sich derweil nicht nur auf Kritik, sondern forderten konkrete Maßnahmen. Laut "Bild" sprechen sie sich unter anderem für folgende Schritte aus:

  • Anstieg des Renteneintrittsalters, angepasst an die steigende Lebenserwartung
  • Höhere Abschläge für Frührentner, um den Arbeitsmarkt zu entlasten
  • Verzicht auf faktische Festschreibung des 48-Prozent-Niveaus, solange die Finanzierung nicht gesichert ist

Damit positioniert sich die Wirtschaft deutlich gegen die Pläne von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), die das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent halten will und danach nur sehr langsam auslaufen lassen möchte. Der Regierungsentwurf kalkuliert deshalb schon jetzt steigende Kosten ein.