Frühststart-Rente: Von Israel lernen und Fehler der Riester-Rente vermeiden
Die Frühststart-Rente soll Kinder frühzeitig mit dem Kapitalmarkt vertraut machen. Doch ist ein Start mit sechs Jahren wirklich früh genug? Ein Blick nach Israel zeigt, wie Altersvorsorge ab Geburt funktionieren kann und was Deutschland besser machen muss.

- Frühststart-Rente: Von Israel lernen und Fehler der Riester-Rente vermeiden
- Frühststart-Rente in Deutschland: Fortschritt mit Schwächen
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Die Herausforderungen der Altersvorsorge in Deutschland sind bekannt. Denn die gesetzliche Rentenversicherung gerät zunehmend unter Druck, während die Riester-Rente als großer Reformversuch weitgehend als gescheitert angesehen wird. Vor allem für einkommensschwache Haushalte fehlt ein niedrigschwelliger Zugang zur privaten Vorsorge. An dieser Stelle will die sogenannte Frühststart-Rente ansetzen: ein kapitalgedecktes Modell, das Kindern frühzeitig Kapitalmarkterfahrung ermöglichen und langfristig die Eigenverantwortung in der Altersvorsorge stärken soll.
Ein Arbeitspapier von Ulrike Malmendier, Claudia Schaffranka und Milena Schwarz analysiert nun, welche Chancen das Konzept bietet und welche politischen, administrativen und bildungspolitischen Weichenstellungen notwendig sind, um die Frühststart-Rente zum Erfolg zu führen.
Zentraler Gedanke des Modells ist, dass Kapitalmarkterfahrung nicht erst im Erwachsenenalter beginnen sollte. Im Gegenteil: Wer schon in jungen Jahren mit Aktien und Fonds in Berührung kommt, entwickelt ein anderes Verständnis für Rendite, Risiko und langfristiges Sparen. Forschung zeigt, dass positive Erfahrungen mit dem Kapitalmarkt das Anlageverhalten über Jahrzehnte hinweg prägen können. Die Frühststart-Rente setzt genau hier an: Für jedes schulpflichtige Kind sollen zehn Euro monatlich in ein individuell zugewiesenes Depot eingezahlt werden. Bis zum 18. Lebensjahr wären das 1.440 Euro staatliche Startfinanzierung für die Altersvorsorge.
Damit könnte nicht nur die private Vorsorge gestärkt, sondern auch eine neue Aktienkultur etabliert werden. Während in Schweden oder den USA breite Bevölkerungsschichten in Aktien investieren, halten deutsche Haushalte noch immer große Teile ihres Vermögens in niedrig verzinsten Bankprodukten.
Israels Vorsorgemodell: Altersvorsorge ab der Geburt
Das Konzept der Frühststart-Rente sieht aktuell vor, mit der Einschulung zu beginnen: Zehn Euro monatlich für jedes Kind im schulpflichtigen Alter. Doch ist das früh genug? Ein internationaler Vergleich liefert eine aufschlussreiche Antwort.
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Israel zeigt, dass ein noch früherer Einstieg möglich und sinnvoll ist. Seit 2017 erhalten dort alle Neugeborenen ein Vorsorgekonto, das vom Staat mit jährlich rund 120 US-Dollar befüllt wird. Eltern können diesen Betrag freiwillig verdoppeln. Die Mittel werden in renditestarke Kapitalmarktprodukte investiert, wobei die Eltern zwischen konservativen und dynamischen Varianten wählen können.
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Im Ergebnis sind die Depotwerte deutlich höher als bei der Frühststart-Rente. Das liegt zum einen am frühen Start. Dieser verlängert den Sparhorizont um sechs Jahre und lässt auch bei kleinen Beträgen den Zinseszinseffekt schon wirken. Überdies können die freiwilligen Einzahlungen von Eltern den Sparbetrag nochmal deutlich nach ob hebeln. Die Wirkung geht jedoch weit über das Finanzielle hinaus. Kinder und Eltern entwickeln ein langfristiges Bewusstsein für Vorsorge und Geldanlage. Die Kapitalmarktbindung beginnt also nicht erst mit dem Schulstart, sondern vom ersten Lebenstag an.
Frühststart-Rente in Deutschland: Fortschritt mit Schwächen
Im Vergleich dazu erscheint der deutsche Ansatz zaghaft. Der Einstieg ab sechs Jahren verpasst wertvolle Anlagejahre und verzögert die finanzielle Bildung. Zwar ist die automatische Teilnahme ein wichtiger Fortschritt gegenüber bisherigen Modellen wie der Riester-Rente. Doch allein mit einem früheren Beginn ist es nicht getan.
Das Konzept der Frühststart-Rente steht und fällt mit seiner Umsetzung. Zu den entscheidenden Faktoren zählen:
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- Bürokratiearme Abwicklung: Die Einführung sollte so gestaltet sein, dass weder Eltern noch Verwaltungen mit unnötigem Aufwand belastet werden.
- Kostengünstige Produkte: Hohe Verwaltungs- und Abschlusskosten dürfen die Rendite nicht auffressen.
- Renditestarkes Standardprodukt: Eine breite Streuung, idealerweise über globale Aktienfonds, ist unabdingbar.
- Nahtloser Übergang: Mit 18 sollte das angesparte Kapital automatisch in eine Anschlussvorsorge übergehen können.
Kritikpunkte und Herausforderungen
- Startzeitpunkt: Der Beginn mit sechs Jahren verschenkt wertvolle Zeit für den Zinseszinseffekt. Ein Start ab Geburt wäre aus finanzmathematischer Sicht deutlich effektiver.
- Finanzbildung: Ohne begleitende Bildungsmaßnahmen bleibt das Konzept abstrakt. Schulen müssen die Inhalte aufgreifen.
- Produkttransparenz: Verbraucher brauchen verständliche Informationen, um Vertrauen zu fassen.
- Soziale Gerechtigkeit: Kinder aus sozial schwachen Haushalten profitieren nur dann, wenn auch Elternbeiträge ohne große Hürden möglich sind.
- Langfristige politische Stabilität: Altersvorsorge braucht Verlässlichkeit. Ein ständiger Richtungswechsel schreckt ab und schwächt das Vertrauen.
Fehler der Riester-Rente vermeiden
Damit die Frühststart-Rente nicht das gleiche Schicksal wie die Riester-Rente erleidet, müssen zentrale Fehler vermieden werden. Dazu gehört vor allem eine bürokratiearme Umsetzung: Statt aufwändiger Antragsprozesse sollte die Teilnahme automatisch erfolgen, idealerweise über eine Verknüpfung mit dem Kindergeldbezug. So könnten nahezu alle Kinder in Deutschland erfasst werden und das ohne zusätzliche Bürokratie für die Eltern.
Auch die Produktauswahl muss klaren Kriterien folgen: Transparenz, niedrige Kosten und eine renditestarke Ausrichtung sind Pflicht. Der Verzicht auf teure Garantieprodukte ist essenziell, da sie langfristig die Rendite schädigen und in der Vergangenheit oft ein Hemmnis für erfolgreiche Altersvorsorge waren. Als Standardprodukt wird ein global diversifizierter Aktienfonds mit 100 Prozent Aktienquote empfohlen. Simulationen zeigen, dass selbst bei konservativer Renditeerwartung hohe Endvermögen möglich sind. Als Voraussetzung gilt, dass die Kosten unter Kontrolle bleiben.
Bildungspolitik als Erfolgsfaktor
Doch Kapitalmarkterfahrung allein reicht nicht aus. Damit Kinder und Jugendliche ihr Depot verstehen und sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, braucht es flankierende Bildungsangebote. Die Integration in den Schulunterricht – etwa im Mathematik- oder Wirtschaftsunterricht – ist hier ein zentraler Baustein.
Ein begleitender Finanzbildungskurs für Eltern bei Einführung der Frühststart-Rente wäre ebenfalls sinnvoll, um die Akzeptanz zu erhöhen und die Kapitalmarktskepsis weiter Teile der Bevölkerung abzubauen. In der Schule könnte die Entwicklung des eigenen Fondswerts beispielhaft im Unterricht behandelt werden, etwa bei der Renditeberechnung. Wichtig ist, dass alle Kinder von diesem Bildungsangebot profitieren.
Nahtloser Übergang in die private Altersvorsorge
Ein kritischer Erfolgsfaktor liegt im Anschluss an die Frühststart-Rente. Die mit 18 Jahren angesparte Summe darf nicht einfach in Vergessenheit geraten. Vielmehr sollte sie automatisch in eine geförderte private Altersvorsorge überführt werden. Denkbar ist ein System mit Referenzdepots, wie es bereits in einem früheren Gesetzesentwurf vorgesehen war. So kann die Frühststart-Rente zum Einstieg in eine lebenslange Vorsorgestrategie werden – mit renditestarken Anlagen in jungen Jahren und einer schrittweisen Umschichtung in risikoarme Produkte mit zunehmendem Alter.
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