Polen startet steuerfreie Kapitalmarkt-Rente und könnt zum Vorbild für Deutschland werden
Polen wagt den Schritt in eine steuerfreie Kapitalmarkt-Rente und könnte damit zum Vorbild für Deutschland werden. Während Warschau auf einfache, unbürokratische Lösungen setzt, vertraut Berlin aber weiter auf Milliarden-Zuschüsse in die gesetzliche Rente. Das Deutsche Aktieninstitut fordert die Bundesregierung auf, diesem Weg zu folgen.

Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche ihr Rentenpaket beschlossenen. Kern desen ist die sogenannte Haltelinie. Sie soll sicherstellen, dass das Rentenniveau – also das Verhältnis zwischen Standardrente und Durchschnittseinkommen – nicht unter 48 Prozent sinkt. Ohne diese Maßnahme wäre laut Prognosen bis 2031 ein Absinken auf 47 Prozent, bis 2040 sogar auf 45 Prozent zu erwarten. Durch die gesetzliche Sicherung sollen die Renten auch künftig Schritt mit den Löhnen halten.
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Ein weiterer zentraler Bestandteil des Gesetzespakets ist die Ausweitung der sogenannten Mütterrente. Künftig sollen für vor 1992 geborene Kinder nicht nur zweieinhalb, sondern volle drei Jahre Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Das entspricht einer Rentenerhöhung von rund 20 Euro pro Kind und Monat.
Die finanziellen Auswirkungen des Rentenpaket sind erheblich. Die jährlichen Zusatzkosten beginnen 2027 bei rund neun Milliarden Euro und steigen bis 2030 auf 14,5 Milliarden Euro. Bis 2040 rechnet das Arbeitsministerium mit fast 20 Milliarden Euro jährlich. Der größte Teil der Kosten entfällt auf die Stabilisierung des Rentenniveaus. Ob die Rentenpläne erfolgreich oder eher Wahlgeschenke an die größte Wählergruppe in Deutschland sind, bleibt abzuwarten.
Während die deutsche Regierung ihre Rentenpolitik auf ein "weiter so" stützt, schlägt Polen einen komplett anderen Weg ein. Das Land will ab Mitte 2026 mit einem „Persönlichen Investmentkonto“ (OKI) den Kapitalmarkt in die Altersvorsorge integrieren. Das soll weitgehend steuerfrei und mit minimaler Bürokratie geschehen.
„Uns ist Einfachheit und uneingeschränkter Zugang zu Kapital wichtig, um eine Aktienkultur aufzubauen“, erklärte der polnische Finanzminister Andrzej Domański. Über das OKI sollen Bürger in Bankeinlagen, Anleihen, Fonds, Aktien oder ETFs investieren können – bis zu einer Grenze von 100.000 Zloty (etwa 23.000 Euro) steuerfrei. Alles darüber hinaus wird mit einer Vermögenssteuer von 0,8 bis 0,9 Prozent belegt.
Domański rechnet damit, dass innerhalb der ersten drei Jahre rund 100 Milliarden Zloty in die neuen Konten fließen werden. Grundlage des Modells ist die Analyse bestehender EU-Systeme. Am meisten orientiert sich Polen am schwedischen Modell. In Schweden zahlen Arbeitnehmer zusätzlich zu 16 Prozent in die umlagefinanzierte Rente noch 2,5 Prozent in frei wählbare Fonds. Wer nicht wählt, landet automatisch im staatlichen Fonds AP7 Såfa, der überwiegend auf Aktien setzt. Als Ergebnis bringt das höhere Renten bei gleichzeitig niedrigerem Renteneintrittsalter im Vergleich zu Deutschland.
Hierzulande sieht es anders aus. Die schwarz-rote Koalition hat sich gegen kapitalmarktbasierte Reformen entschieden und will das Rentenniveau bis 2031 stabil halten – finanziert durch den Bundeshaushalt. Bereits heute fließen über 90 Milliarden Euro jährlich aus Steuermitteln in die Rentenkasse. Die von Ex-Finanzminister Christian Lindner geplante „Aktienrente“ fand zunächst breite Unterstützung. Allerdings verschwand das steuerlich geförderte Altersvorsorgedepot schnell wieder in der Schublade.
Frühere deutsche Versuche, den Kapitalmarkt in die Altersvorsorge einzubeziehen, sind dagegen weitgehend gescheitert. Die Riester-Rente gilt wegen ihrer komplizierten Struktur, hohen Kosten und mageren Renditen als Beispiel dafür, wie man Kapitalmarktprodukte nicht gestalten sollte. Zwar wurde die betriebliche Altersvorsorge inzwischen reformiert, doch auch sie bleibt oft teuer, unübersichtlich und vor allem in kleinen Betrieben kaum verfügbar.
DAI: Anlagesparkonto für Vermögensaufbau
Das Deutsche Aktieninstitut begrüßt die Pläne aus Warschau ausdrücklich und fordert nun die Bundesregierung auf, dem Beispiel Polens und Ländern wie Schweden, Frankreich oder Italien, in denen Anlagesparkonten bereits erfolgreich etabliert wurden, zu folgen.
„Die Bürgerinnen und Bürger in Polen erhalten mit dem OKI ein wirkungsvolles Instrument des Vermögensaufbaus. Als steuerlich gefördertes Wertpapierdepot lässt es die Menschen am Erfolg der Wirtschaft teilhaben und bildet gleichzeitig den Hebel für mehr Volumen im Kapitalmarkt. Allein in Deutschland wird nicht gehandelt. So arbeiten die Deutschen weiter für ihr Geld und lassen ihr Geld nicht für sich arbeiten. Wir empfehlen der Bundesregierung dringend, ein solches Anlagesparkonto auch in Deutschland einzuführen“, sagt Henriette Peucker, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts.
Das Modell des Anlagesparkontos wird seit Jahren in Ländern wie Schweden, Frankreich oder Italien sehr erfolgreich eingesetzt. Die Europäische Kommission arbeitet aktuell an Empfehlungen, die es den Mitgliedstaaten erleichtern sollen, ein Anlagesparkonto anzubieten.
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