Solvency II verlangt von Lebensversicherern, jederzeit ausreichend Eigenmittel vorzuhalten, um auch schwerste wirtschaftliche Krisenszenarien zu überstehen. Gemeint ist kein normaler Konjunkturzyklus, sondern ein theoretisches Ausnahmeereignis, das statistisch alle 200 Jahre auftritt. Um für diesen Fall gerüstet zu sein, muss eine Solvenzquote von mindestens 100 Prozent erreicht werden.

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Viele Versicherer machten in den vergangenen Jahren Gebrauch von sogenannten Übergangsmaßnahmen: rechnerischen Hilfen, die etwa erlaubten, Rückstellungen oder Zinskurven über längere Zeiträume anzupassen. Besonders bei Beständen mit hohen Garantieverpflichtungen dienten sie dazu, die Umstellung auf Solvency II bilanziell abzufedern – nicht als Verzerrung, sondern als regulatorisch vorgesehene Brücke zwischen Alt- und Neurecht. Allerdings erschwerten diese Hilfen über viele Jahre den Vergleich: Zwei Unternehmen mit ähnlicher Bestandsstruktur konnten völlig unterschiedliche Quoten melden, je nach Nutzung der Übergangsmaßnahmen. Inzwischen hat die Aufsicht die Regeln zur Neuberechnung verschärft (Versicherungsbote berichtete).

Damit wird die Basisquote – jener Wert, der ohne bilanzielle Entlastungen auskommt – zunehmend zum Maßstab der Substanz. Sie zeigt, wie solide ein Unternehmen tatsächlich aufgestellt ist. Gleichwohl darf auch die Basisquote nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist ein starker Indikator – aber nur im Kontext wirklich aussagekräftig. Denn Solvenzanforderungen ergeben sich nicht abstrakt, sondern aus dem Geschäftsmodell, der Bestandszusammensetzung und der vertraglichen Historie.

Kapitalanforderungen entstehen im Geschäftsmodell

Wie hoch die Solvenzquote eines Lebensversicherers ausfällt, hängt in erster Linie davon ab, wie sein Bestand zusammengesetzt ist – und welche Art von Verträgen er verwaltet. Besonders kapitalintensiv sind klassische Lebensversicherungen mit Garantiezins, wie sie über viele Jahrzehnte hinweg Standard waren. Diese Altverträge binden Kapital langfristig und erfordern hohe Rückstellungen, selbst wenn sie solide kalkuliert und wirtschaftlich tragfähig sind.

Anders stellt sich die Lage bei modernen, fondsgebundenen Tarifen dar. Hier tragen die Kundinnen und Kunden einen größeren Teil des Anlagerisikos selbst. Das entlastet die Bilanz – und senkt die aufsichtsrechtlich geforderten Eigenmittel. Noch einmal günstiger stellt sich die Situation bei reinen Risikolebensversicherungen dar: Sie sind meist kurzfristiger kalkuliert, verzichten auf Sparprozesse und verursachen entsprechend geringere Kapitalanforderungen.

Auch das Kollektivgeschäft wirkt sich auf die Quote aus. Gruppenverträge etwa im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge gelten als stabil, sind aber häufig knapp kalkuliert und laufen über sehr lange Zeiträume. Das hat zur Folge, dass auch hier erhebliche Eigenmittel zu hinterlegen sind – obwohl das Geschäftsmodell selbst nicht unsolide ist.

Unterschiedliche Rollen, unterschiedliche Quoten: Interne Run-offs und Konzernarchitektur

Neben der Produktstruktur wirkt sich auch die funktionale Einbindung eines Lebensversicherers in eine größere Unternehmensgruppe auf die Solvenzquote aus. Dabei geht es nicht um konzerninterne Verschiebungen von Kapital – jede Gesellschaft muss ihre aufsichtsrechtlichen Anforderungen aus eigener Kraft erfüllen. Doch innerhalb eines Konzerns werden Tochtergesellschaften gezielt so ausgestattet, wie es ihrer jeweiligen Aufgabe entspricht.

Ein typisches Beispiel sind sogenannte interne Run-offs: Gesellschaften, die kein Neugeschäft mehr zeichnen, sondern ausschließlich bestehende Altverträge verwalten. Diese Bestände sind häufig besonders kapitalintensiv, da sie hohe Garantien beinhalten und über Jahrzehnte hinweg kalkuliert wurden. Ohne laufenden Zufluss neuer Beiträge fehlen entlastende Effekte durch margenstärkere Verträge. Das drückt auf die Quote – ohne dass zwangsläufig ein akutes Risiko besteht.

Auch Gesellschaften mit einem klar abgegrenzten Geschäftsfeld – etwa im Direktvertrieb oder mit Fokus auf Risikoprodukte – zeigen oft niedrige, aber stabile Basisquoten. Hier wird die Kapitalausstattung häufig so bemessen, dass die regulatorischen Anforderungen erfüllt werden – effizient und bedarfsgerecht, aber ohne große Puffer. Das ist keine Schwäche, sondern Ausdruck einer bewusst schlanken Steuerung im Rahmen klar definierter Risikogrenzen.

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Entscheidend ist: Die Quote bildet keine Bewertung im Sinne eines Rankings ab, sondern spiegelt das Verhältnis von Eigenmitteln zu Risiken wider – stets im Licht des jeweiligen Geschäftsmodells, der regulatorischen Vorgaben und der Rolle im Konzerngefüge.

Die niedrigsten Basisquoten im Markt

Was aber bedeutet all das konkret? Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein genauerer Blick auf jene Lebensversicherer, die 2024 die niedrigsten Basisquoten im Markt ausweisen. Der MAP-Report 939 liefert hierzu eine belastbare Datengrundlage: Er analysiert die Eigenmittelausstattung aller aktiven Lebensversicherer – also jener Gesellschaften, die noch Neugeschäft betreiben und nicht im externen Run-off verwaltet werden.

Die Spannbreite der Quoten ist beachtlich: Während viele Anbieter stabile Werte im Bereich von 300 Prozent und mehr erreichen, liegt das untere Marktsegment deutlich näher an der aufsichtsrechtlichen Schwelle von 100 Prozent – teils sogar darunter. Doch wie gezeigt, ist eine niedrige Quote nicht zwangsläufig ein Alarmsignal. Vielmehr offenbaren die folgenden Beispiele, wie unterschiedlich die Ursachen für knappe Solvenzwerte ausfallen können – je nach Bestandsstruktur, Geschäftsausrichtung und Konzernstrategie.

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Debeka: Niedrige Quote trotz Größe und Solidität

Mit rund 3,69 Milliarden Euro an verdienten Bruttobeiträgen zählt die Debeka Lebensversicherung zu den größten Anbietern im deutschen Markt – Rang 4 im MAP-Report. Dennoch liegt ihre Basisquote 2024 bei lediglich 135,5 Prozent, ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 183,8 Prozent.

Der Grund liegt in der Bestandsstruktur: Etwa 48 Prozent des Vertragsvolumens entfallen auf Rentenversicherungen, weitere 30 Prozent auf klassische Kapitalversicherungen. Hinzu kommen rund 1,03 Milliarden Euro aus fondsgebundenem Geschäft – also knapp 28 Prozent der Beitragseinnahmen – sowie kleinere Anteile aus Risiko- und Kollektivversicherungen. Es dominiert somit eine klassische Produktwelt mit hoher Garantiebindung.

Gerade diese Altverträge verursachen hohe Rückstellungspflichten – und damit einen entsprechend hohen Kapitalbedarf. Die Debeka gilt als wirtschaftlich solide, insbesondere aufgrund ihrer Rechtsform als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Doch die Quote zeigt: Selbst bei großen, etablierten Häusern kann die historische Last die bilanzielle Solvenzkennzahl spürbar drücken.

Cosmos: Knapp kalkuliert, aber stabil gesteuert

Mit einer Basisquote von 106,2 Prozent liegt die Cosmos Lebensversicherung nur knapp über der aufsichtsrechtlichen Schwelle. Im Vorjahr betrug der Wert noch 91,6 Prozent. Das Unternehmen gehört zur Generali Deutschland AG und ist Marktführer im Direktvertrieb von Lebensversicherungen. Die Beitragseinnahmen summierten sich 2024 auf rund 1,40 Milliarden Euro – davon stammen rund 131 Millionen Euro aus fondsgebundenen Produkten.

Bemerkenswert ist der starke Fokus auf biometrische Risiken: 59 Prozent des Vertragsbestands entfallen auf Risikolebensversicherungen, weitere 22 Prozent auf Rentenprodukte. Klassische Kapitalversicherungen und fondsnahe Verträge spielen eine untergeordnete Rolle.

Angesichts dieser Produktstruktur überrascht die vergleichsweise niedrige Quote. Doch sie lässt sich mit einer schlanken Kapitalstrategie im Konzernkontext erklären. Die Cosmos erfüllt alle aufsichtsrechtlichen Vorgaben – wird aber offenbar so kapitalisiert, dass sie effizient betrieben werden kann, ohne zusätzliche Eigenmittelreserven. Die Steuerung erfolgt innerhalb klar definierter Risikogrenzen – nicht auf Überdeckung, sondern auf funktionale Angemessenheit.

neue leben: Sparkassennahe Vorsorge mit Altlasten

Die neue leben Lebensversicherung erreicht 2024 eine Basisquote von 109,6 Prozent – nach 132,5 Prozent im Vorjahr ein merklicher Rückgang. Mit rund 691 Millionen Euro verdienten Bruttobeiträgen liegt sie auf Rang 29 im Markt. Davon entfallen über 373 Millionen Euro auf fondsgebundene Produkte, also mehr als 50 Prozent des gesamten Prämienvolumens.

Die Bestandsstruktur verweist auf eine moderne Vertriebs- und Produktstrategie: 25 Prozent der Verträge entfallen auf Rentenversicherungen, 17 Prozent auf klassische Kapitalpolicen, 21 Prozent auf Risikoversicherungen und 31 Prozent auf sonstige – überwiegend fondsgebundene – Verträge. Nur 7 Prozent entfallen auf das Kollektivgeschäft.

Trotz dieser aktuellen Ausrichtung bleibt die Basisquote niedrig. Die Erklärung liegt in der Unternehmensgeschichte: Die 1954 gegründete Gesellschaft agiert seit langem als Vorsorgepartner im Sparkassensektor und führt noch immer einen erheblichen Bestand an garantielastigen Altverträgen. Diese schlagen sich spürbar in den Kapitalanforderungen nieder – auch wenn das Neugeschäft auf moderne Tarife setzt. Als Tochter der HDI Deutschland AG wird die neue leben konzernintern effizient gesteuert, bleibt in der Quote aber durch ihre vertragshistorische Struktur belastet.

HDI: Kapitalanforderungen trotz hohem Fondsanteil

Die HDI Lebensversicherung weist 2024 eine Basisquote von 129,9 Prozent aus – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert von 109,0 Prozent, aber weiterhin unter dem Branchendurchschnitt. Mit rund 1,65 Milliarden Euro verdienten Bruttobeiträgen belegt HDI Rang 13 unter den Lebensversicherern. Besonders auffällig ist der hohe Anteil fondsgebundener Produkte: Über 952 Millionen Euro, also rund 57 Prozent des Prämienvolumens, entfallen auf diesen Bereich.

Auch in der Bestandsstruktur dominieren moderne Vertragsformen: 43 Prozent der Verträge gelten als „sonstige“, meist fondsorientierte Policen; hinzu kommen 21 Prozent Renten-, 8 Prozent Kapital- und nur 1 Prozent Risikoversicherungen. 26 Prozent betreffen das Kollektivgeschäft.

Die vergleichsweise niedrige Quote überrascht auf den ersten Blick, da fondsgebundene Produkte grundsätzlich mit geringeren Kapitalanforderungen verbunden sind. Bei HDI dürfte jedoch eine Rolle spielen, dass viele dieser Verträge mit garantieähnlichen Elementen kombiniert sind – etwa wählbaren Beitragsgarantien oder Rentenfaktorzusagen in bestimmten Tarifen. Solche Konstruktionen erhöhen den bilanziellen Aufwand. Hinzu kommt ein hoher Anteil an Kollektivverträgen, der traditionell mit erhöhtem Kapitalbedarf einhergeht. In der Summe ergibt sich eine Eigenmittelausstattung, die über der Mindestgrenze liegt, aber unter dem Marktdurchschnitt verbleibt.

Gothaer: Breites Portfolio, hohe Verpflichtungen

Die Gothaer Lebensversicherung erreicht 2024 eine Basisquote von 124,8 Prozent – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 147,2 Prozent. Mit rund 1,39 Milliarden Euro an verdienten Bruttobeiträgen liegt das Unternehmen auf Rang 19 im Markt. Etwa 305 Millionen Euro, also gut 22 Prozent, entfallen auf fondsgebundene Produkte. Die Vertragsstruktur zeigt eine breite Aufstellung: 28 Prozent des Bestands betreffen Rentenversicherungen, 17 Prozent klassische Kapitalversicherungen, 9 Prozent Risikopolicen. Weitere 22 Prozent entfallen auf sonstige (meist fondsgebundene) Verträge und 23 Prozent auf das Kollektivgeschäft.

Die vergleichsweise niedrige Quote erklärt sich aus der Kombination aus klassischen Garantietarifen und einem ausgeprägten Kollektivbestand. Beide Bereiche sind langfristig angelegt und führen zu hohen Rückstellungsanforderungen. Die Gothaer agiert als Allrounder mit traditioneller Aufstellung – was ökonomisch stabil sein kann, bilanziell aber anspruchsvoll bleibt.

Bayerische Vorsorge: Neustart mit Altlast

Die BY Bayerische Vorsorge Lebensversicherung liegt 2024 mit einer Basisquote von 107,8 Prozent am unteren Rand der Vergleichsgruppe – nach 135,5 Prozent im Vorjahr ein deutlicher Rückgang. Hintergrund ist ein fundamentaler Strategiewechsel: Nach Jahren im internen Run-off wurde das Neugeschäft zur Jahresmitte 2024 wieder aufgenommen.

Das Beitragswachstum fiel spektakulär aus: Das eingelöste Neugeschäft stieg von 13,3 auf 292,8 Millionen Euro – ein Plus von über 2.100 Prozent, fast ausschließlich gespeist aus Einmalbeiträgen. Die verdienten Bruttobeiträge lagen bei rund 337 Millionen Euro. Der Anteil fondsgebundener Produkte spielt bislang keine Rolle: Er lag 2024 bei lediglich 184.000 Euro.

Die Basisquote zeigt, dass die historisch gewachsene Bestandsstruktur weiterhin auf das Unternehmen wirkt. Kapitalintensive Altverträge mit Garantiezins bestimmen das Bild, auch wenn das Neugeschäft neue Impulse setzt. Ob der strategische Wiedereinstieg dauerhaft gelingt, bleibt abzuwarten – bilanziell bleibt die Bayerische Vorsorge vorerst durch Vergangenes geprägt.

LPV: Enges Geschäftsmodell, schmale Quote

Die LPV Lebensversicherung, eine Tochter der Talanx/HDI Deutschland, weist 2024 mit 35,5 Prozent die zweitschlechteste Basisquote im Markt aus – auch wenn das ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert von nur 11,7 Prozent ist. Die verdienten Bruttobeiträge lagen bei rund 539 Millionen Euro (Rang 36 von 76). Davon entfielen 128 Millionen Euro auf fonds- und indexgebundene Produkte.

Der Vertragsbestand ist stark kollektivgeprägt: 28 Prozent entfallen auf Gruppenverträge, weitere 28 Prozent auf Risikoversicherungen. Der restliche Bestand teilt sich auf in 21 Prozent Renten- und Kapitalpolicen sowie 15 Prozent sonstige Produkte.

Die sehr niedrige Basisquote lässt sich in erster Linie auf die Ausrichtung des Unternehmens zurückführen: Das Geschäftsmodell ist auf Kollektivgeschäft und Kooperationen spezialisiert, häufig mit engen Margen und langlaufenden Leistungszusagen. Solche Strukturen erhöhen den Kapitalbedarf deutlich – gerade im Kontext von Solvency II. Zwar steigt die aufsichtsrechtlich relevante Solvenzquote unter Einbeziehung von Übergangsmaßnahmen auf 122,9 Prozent – formal ausreichend. Doch das fundamentale Verhältnis von Kapital zu Risiko bleibt angespannt.

Öffentliche Oldenburg: Regionale Begrenzung, niedrige Substanz

Die Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Oldenburg kommt 2024 auf eine Basisquote von 59,6 Prozent – nach 87,0 Prozent im Vorjahr ein deutlicher Rückgang. Damit liegt das Unternehmen klar unter der aufsichtsrechtlich geforderten Mindestschwelle von 100 Prozent. Die verdienten Bruttobeiträge lagen bei rund 75 Millionen Euro, davon entfielen lediglich 7,5 Millionen Euro auf fondsgebundene Produkte. Mit Rang 67 von 76 zählt die Gesellschaft zu den kleineren Anbietern am Markt.

Als öffentlich-rechtlicher Regionalversicherer agiert das Unternehmen ausschließlich in einem klar abgegrenzten Geschäftsgebiet im Nordwesten Niedersachsens. Die begrenzte geografische Reichweite, die geringe Bilanzgröße und eine eher traditionelle Produktstruktur erschweren die Erfüllung moderner Solvenzanforderungen. Das erklärt auch die niedrige Basisquote.

Allerdings ist zu beachten: Die aufsichtsrechtlich relevante Solvenzquote – unter Berücksichtigung von Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung – liegt bei 238,7 Prozent. Aus Sicht der Aufsicht ist die Handlungsfähigkeit also gesichert. Doch die Basisquote zeigt: Ohne Entlastungspuffer wird es bilanziell eng.

Concordia oeco: Schwache Quote, begrenzte Eigenmittelbasis

Mit einer Basisquote von nur 27,6 Prozent bildet die Concordia oeco Lebensversicherungs-AG 2024 das Schlusslicht unter den aktiven Lebensversicherern – und verzeichnet zugleich einen drastischen Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 102,1 Prozent. Die verdienten Bruttobeiträge beliefen sich auf rund 166 Millionen Euro, davon rund 23 Millionen Euro aus fondsgebundenem Geschäft.

Die Gesellschaft gehört zur Concordia-Gruppe und ist eng in die Konzernstruktur eingebunden. Zentrale Funktionen wie Kapitalanlage und Verwaltung dürften weitgehend konzernübergreifend organisiert sein – eine bei kleineren Lebensversicherern übliche Praxis.

Die Eigenmittelbasis fällt vergleichsweise schwach aus: Ein negativer Saldo in der Ausgleichsrücklage schmälert die anrechenbaren Eigenmittel deutlich. Zudem stammt ein nennenswerter Anteil der Eigenmittel aus ergänzenden Kapitalquellen, was sich in der Belastbarkeit der Quote niederschlagen kann. Hinzu kommen vergleichsweise hohe Kapitalanforderungen infolge versicherungstechnischer Schwankungen und Marktrisiken. Zwar steigt die relevante Solvenzquote unter Einbeziehung von Übergangsmaßnahmen auf 103,9 Prozent – also knapp über die aufsichtsrechtliche Mindestgrenze. Doch ohne diese Hilfen zeigt sich: Die Concordia oeco verfügt derzeit nur über eine begrenzte Risikotragfähigkeit auf Basis ihrer Substanz.

Die Sache mit den Run-offs: Ergo/ Munich Re-Gruppe

Ein Sonderfall in der Bewertung von Solvenzquoten sind Lebensversicherer, die sich vollständig auf die Abwicklung bestehender Altverträge konzentrieren – sogenannte interne Run-offs. Diese Gesellschaften nehmen kein Neugeschäft mehr an, sondern verwalten große, oft garantielastige Bestände über Jahrzehnte hinweg. Das macht sie bilanziell besonders anspruchsvoll: Es fehlt an entlastenden Effekten durch margenstärkere Verträge, gleichzeitig steigen die Kapitalanforderungen mit zunehmendem Alter der Bestände.

Ein Beispiel für diese Konstellation ist die Ergo Lebensversicherung AG, die innerhalb der Munich Re-Gruppe die klassischen Lebensversicherungen der früheren Hamburg-Mannheimer betreut. 2024 sinkt die Basisquote auf 115,0 Prozent, nach noch 180,7 Prozent im Vorjahr. Trotz Bestandsabbaus bleibt das Prämienvolumen mit rund 1,46 Milliarden Euro hoch – das entspricht Rang 16 am Markt. Der Bestand ist deutlich von der betrieblichen Altersversorgung geprägt: Rund 48 Prozent entfallen auf das Kollektivgeschäft, dazu kommen 21 Prozent Rentenversicherungen und 20 Prozent Kapitalversicherungen. Die hohe Dichte an Altgarantien schlägt sich spürbar in der Solvenzquote nieder – ein typisches Muster für Run-off-Gesellschaften.

Wesentlich günstiger stellt sich die Lage bei der Schwestergesellschaft Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG dar, die das Neugeschäft der Gruppe verantwortet. Mit einer Basisquote von 625,0 Prozent belegt sie Rang 8 unter allen Anbietern – und gehört damit zu den kapitalstärksten Gesellschaften im Markt. Die Bruttobeiträge steigen auf 1,27 Milliarden Euro (Rang 20), was die Bedeutung des Neugeschäfts unterstreicht. Zwar ist der Kapitalversicherungsanteil mit 47 Prozent auffallend hoch für ein modernes Portfolio, doch überwiegen insgesamt strukturelle Vorteile: Nur 12 Prozent entfallen auf Rentenversicherungen, lediglich 6 Prozent auf Kollektivgeschäft. Fondsgebundene Verträge und Risikoversicherungen machen zusammen 35 Prozent des Bestands aus – ein Mix, der vergleichsweise geringe Kapitalunterlegung erfordert.

Eine dritte Konzerntochter – die Victoria Lebensversicherung AG – zeigt, wie stark auch ein ehemals solvenzstarker Abwickler unter Druck geraten kann. Bereits 2010 aus dem Neugeschäft ausgestiegen, zählt sie zu den frühesten internen Run-offs der Branche. 2024 liegt die Basisquote bei 140,4 Prozent (nach 214,8 Prozent im Vorjahr), das Prämienvolumen beläuft sich auf rund 436 Millionen Euro. Auch hier dominiert ein klassisch geprägter Bestand mit 41 Prozent Kapitalversicherungen und 39 Prozent Rentenversicherungen. Der Anteil an Risiko- und fondsgebundenen Verträgen bleibt marginal. Das schlägt sich in einer Solvenzquote nieder, die zwar oberhalb der Mindestanforderungen liegt – aber weit entfernt ist von den Werten kapitalmarktnaher Anbieter.

Zusammen machen die drei Gesellschaften einen Marktanteil von 3,50 Prozent aus. Ihre unterschiedliche Ausrichtung innerhalb der Gruppe verdeutlicht, wie stark sich Solvenzquoten je nach Funktion unterscheiden können – auch bei gleichem Eigentümer und vergleichbarer Kapitalstärke im Konzern.

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Hintergrund: Die Daten zu Solvenzquoten und Beitragseinnahmen stammen aus dem MAP-Report Nr. 939 von Franke und Bornberg. Der Report analysiert die SFCR-Berichte der Lebensversicherer für das Geschäftsjahr 2024 und enthält umfangreiche Zeitreihen sowie Kennzahlen zur Kapitalausstattung von 2015 bis 2024. Zur Einordnung der Quoten wurden ergänzend Bestandsdaten aus dem Branchenmonitor Lebensversicherung der V.E.R.S. Leipzig (Stand: 2023) herangezogen. Diese liefern strukturierte Marktübersichten zur Vertrags- und Beitragsentwicklung der Lebensversicherer und sind auf der Website von V.E.R.S. Leipzig kostenpflichtig bestellbar. Eine belastbare Risikobewertung setzt stets die Betrachtung weiterer Kennzahlen voraus – der Beitrag bietet daher einen ersten Einblick in die Spannbreite der Solvenzquoten. Der MAP-Report Nr. 939 ist auf der Webseite von Franke und Bornberg ebenfalls kostenpflichtig erhältlich.

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