Hintergrund: Damit Lebensversicherer ihre langfristigen Versprechen gegenüber Kundinnen und Kunden einlösen können, müssen sie nicht nur heute zahlungsfähig sein. Sie müssen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bestehen. Genau hier setzt das europäische Aufsichtsregime Solvency II an: Es verpflichtet die Unternehmen, ausreichend Eigenmittel vorzuhalten, um auch ein seltenes, aber gravierendes Krisenszenario abfedern zu können – ein sogenanntes 200-Jahre-Ereignis. Erreicht ein Versicherer eine Quote von mindestens 100 Prozent, hat er genügend Eigenmittel, um eine solche Situation zu stemmen.

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In der Vergangenheit freilich strebten die aufsichtsrechtlich gemeldete Quote und die Basisquote hierbei weit auseinander. Denn viele Versicherer machten von Übergangsmaßnahmen Gebrauch, die das tatsächliche Risikoprofil milder erscheinen ließen. Besonders verbreitet war die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen (§ 352 VAG), mit der alte Rechnungsgrundlagen schrittweise an das neue Regime angepasst wurden. Hinzu kamen die Volatilitätsanpassung (§ 82 VAG), die temporäre Marktwertverluste – etwa bei Anleihen – rechnerisch glättete, sowie die Übergangshilfe zur Zinsstrukturkurve (§ 351 VAG), die ebenfalls für mildere Kapitalanforderungen sorgte. Zusammengenommen führten diese Maßnahmen dazu, dass die offiziell gemeldeten Solvenzquoten teils mehrere hundert Prozentpunkte über der tatsächlichen Eigenmittelausstattung lagen – ein Effekt, der in den veröffentlichten Zahlen lange Zeit für ein geschöntes Bild sorgte.

Seit 2024 allerdings verliert dieser Effekt an Bedeutung. Übergangshilfen dürfen nur noch eingeschränkt genutzt werden – und die gemeldeten Quoten sind entsprechend gesunken (Versicherungsbote berichtete). Der Branchendurchschnitt der aufsichtsrechtlichen SCR-Quote fiel laut MAP-Report Nr. 939 von rund 664 auf 340 Prozent. Die Basisquote hingegen, die vollständig auf rechnerische Hilfen verzichtet, blieb mit durchschnittlich 308,6 Prozent vergleichsweise stabil (Vorjahr: 320,8 Prozent).

Wie aber schlugen sich die Marktführer im Jahr 2024? Ein Blick auf die Basisquoten zeigt: Die Unterschiede zwischen den Anbietern sind beträchtlich – nicht nur zwischen den Konzernen, sondern auch innerhalb einzelner Unternehmensgruppen. Denn die Solvenzquote ist kein isolierter Qualitätsindikator, sondern spiegelt stets auch das jeweilige Geschäftsmodell und die Risikostruktur wider.

So erfordern klassische Lebensversicherungen mit hohen Garantiezinsen – vor allem aus früheren Jahrzehnten – eine deutlich höhere Kapitalunterlegung als moderne Tarife mit abgesenkten oder ganz ohne Zinsversprechen. Unternehmen mit großem Altbestand müssen daher meist mehr Eigenmittel vorhalten als Anbieter mit überwiegend fondsgebundenen oder risikoorientierten Produkten. Auch das Verhältnis von Einzel- zu Kollektivgeschäft, die Höhe des Neugeschäfts sowie die Bilanzstruktur und Rückdeckung spielen eine Rolle.

Hinzu kommen strategische Entscheidungen innerhalb der Konzerne. Einige bedeutende Anbieter differenzieren ihr Lebensversicherungsgeschäft inzwischen organisatorisch: Gesellschaften mit aktivem Neugeschäft setzen vermehrt auf standardisierte Produkte mit reduzierten Garantien – was in der Regel zu niedrigeren Kapitalanforderungen und entsprechend besseren Solvenzquoten führt. Ältere, garantielastige Bestände hingegen werden gezielt in interne Run-off-Einheiten überführt. Diese schreiben kaum noch Neugeschäft, verwalten aber einen erheblichen Anteil der Altverträge – und tragen somit häufig den Großteil der bilanziellen Lasten. In solchen Konzernstrukturen zeigen sich teils erhebliche Spannweiten: Während eine Gesellschaft solide dasteht, fällt eine andere deutlich ab – obwohl beide demselben Anbieter zuzurechnen sind.

In der folgenden Bildstrecke stellt Versicherungsbote daher nicht nur die Konzernergebnisse vor, sondern berücksichtigt auch zentrale Lebensversicherungstöchter. Grundlage ist das Beitragseinnahmen-Ranking der größten Anbieter im Jahr 2024. Gezeigt wird, wie sich die Marktführer unter verschärften Rahmenbedingungen behaupten – und wie viel Substanz jenseits aller Übergangshilfen tatsächlich vorhanden ist. Die Zahlen basieren auf dem MAP-Report Nr. 939, dem aktuellen Solvenzrating zu Lebens- und Krankenversicherern aus dem Hause Franke und Bornberg. Der Report kann auf der Webseite der Experten aus Hannover bestellt werden. Ergänzend wurden Daten aus dem Branchenmonitor Lebensversicherung der V.E.R.S. Leipzig (Stand: 2023) zur Bestandszusammensetzung herangezogen.

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Nicht berücksichtigt wurde die Viridium-Gruppe, die mit einem Marktanteil von 3,16 Prozent zwar zu den größten Anbietern zählt, jedoch ausschließlich Run-off-Gesellschaften hält und kein Neugeschäft mehr betreibt.