R+V-Chef Rollinger kritisiert Altersvorsorge-Pläne der Bundesregierung
R+V-Chef Norbert Rollinger übt deutliche Kritik an den Altersvorsorge-Plänen der Bundesregierung. Vor allem der Verzicht auf Garantien und die Vernachlässigung lebenslanger Renten seien aus seiner Sicht riskant. Die geplante Frühstarrente sieht er kritisch. Diese dürfe nicht zur verkappten Konsumförderung werden.

Das Thema Rentenreform kommt seit Jahren nicht in Fahrt. Das galt für die geplatzte Ampelkoalition und auch die aktuellen Renten- und Altersvorsorgeplänen der Bundesregierung sind nicht der ganz große Wurf, den es gegebenenfalls bräuchte. Kritisch beäugt werden diese Vorhaben von der Versicherungswirtschaft. In einem Interview mit dem "Handelsblatt" sparte Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung, nicht mit Kritik. Insbesondere bemängelt er das fehlende klare Bekenntnis zu lebenslangen Rentenleistungen. "Wer lebenslange Ausgaben hat, braucht auch lebenslange Einkünfte", sagt Rollinger.
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Die zunehmende Fokussierung auf Einmalzahlungen und kapitalmarktnahe Produkte ohne Garantien sieht er mit Sorge. "Grundsätzlich kann jeder Mensch machen, was er für richtig hält. Wenn es um staatlich geförderte Produkte geht, ist eine lebenslange Verrentung aber ein Muss", unterstreicht der R+V-Chef. Sonst drohe dem Staat ein doppeltes Kostenrisiko: Wenn das Kapital frühzeitig aufgebraucht ist, könnten Betroffene erneut auf staatliche Unterstützung angewiesen sein.
Kritisch äußerte sich der Rechtswissenschaftler auch zur geplanten Frühstartrente, bei der der Staat monatlich zehn Euro für Kinder zwischen sechs und 18 Jahren zurücklegt. "Gut ist, dass das Wort Rente darin vorkommt", sagt Rollinger. Entscheidend sei jedoch, dass diese Mittel tatsächlich für eine spätere Altersrente verwendet werden und nicht vorzeitig konsumiert werden dürfen. Eine zweckentfremdete Verwendung könnte den eigentlichen Vorsorgegedanken untergraben.
Auch die stockende Reform der Riester-Rente stößt bei Rollinger auf Unverständnis. Hier sei eine Vereinfachung der Verwaltung dringend notwendig. Ob die geplante Frühstartrente künftig als Basis für eine neue Form der Riester-Versicherung dienen könne, sei ebenfalls noch offen.
Mit Blick auf die Kapitalmarktausrichtung der geplanten neuen Altersvorsorgepläne zeigt sich Rollinger skeptisch. Zwar verstehe er den Wunsch nach höheren Renditen, warnt jedoch vor den Risiken, sich ausschließlich auf ETFs und Aktien zu verlassen. „Ich halte nichts davon, dass die Bundesregierung auch Produkte ohne Garantien in der Ansparphase fördern will, um die Chancen an den Kapitalmärkten besser zu nutzen", moniert Rollinger. Schließlich ginge es „hier nicht um Vermögensbildung für Besserverdienende, sondern um Altersvorsorge für das Gros der Bevölkerung". Folglich müssten die eingezahlten Beiträge auch einem gewissen Schutz unterliegen.
Gerade in Zeiten geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten sei es fahrlässig, die Altersvorsorge vollständig an die Kapitalmärkte zu koppeln. Als Beispiel nennt Rollinger die Diskussion in den USA, ob Staatsanleihen künftig überhaupt noch bedient werden können. "Die Risiken an den Märkten sind so groß wie lange nicht", warnt der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
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