Versicherungsvertrieb im Wandel: Was junge Makler wirklich erwarten
Jungmakler stehen unter Druck und fordern klare Veränderungen im Versicherungsvertrieb. Zu lange Wartezeiten, Regulierungsflut und mangelnder digitaler Support belasten die junge Maklergeneration. Wer sie als Partner gewinnen will, muss ihre Sprache sprechen und ihre Prozesse verstehen.

Die neue Generation unabhängiger Makler fordert ein radikales Umdenken von Versicherern. Ihre Erwartungen sind hoch. Wer mit ihnen zusammenarbeiten will, muss Tempo, Transparenz und Technik liefern. Das sind zentrale Erkenntnisse der Studie „Jungmaklermarkt 2025“, durchgeführt von BearingPoint, CoachMeNetto und den Versicherungsforen Leipzig.
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Die Zusammenarbeit mit Versicherern ist aus Sicht der Jungmakler häufig frustrierend. 85 Prozent beklagen zu lange Wartezeiten, 73 Prozent kritisieren, dass Schadensfälle zu lange unbearbeitet bleiben. Als Folge bleiben viele Jungmakler der Option Direktanbindung fern: Nur noch acht Prozent arbeiten ausschließlich direkt mit Versicherern zusammen. Der Weg führt stattdessen zunehmend über Maklerpools, die Prozesse bündeln und vereinfachen und damit ihre Verhandlungsmacht deutlich stärken.
Makler im Alter zwischen 18 und 45 Jahren verstehen sich nicht mehr nur als Produktvermittler. 82 Prozent sehen ihre Aufgabe in einer dauerhaften, vertrauensvollen Begleitung ihrer Kunden und wollen jederzeit ansprechbar, lebensnah und beratend zur Seite stehen. Das verändert nicht nur das Selbstbild, sondern auch das Geschäftsmodell. Beratungsqualität, Spezialisierung und digitale Sichtbarkeit gewinnen an Bedeutung, klassische Produktexpertise verliert.
Digitalisierung ja – aber bitte mit Strategie
Zwar sehen Jungmakler die Chancen der Digitalisierung, doch in der Umsetzung hapert es. Nur 29 Prozent steuern ihr Geschäft aktiv über KPIs. Digitale Kundengewinnung, zielgruppengenaue Ansprache oder automatisierte Prozesse sind bisher selten strategisch integriert. Und: Trotz hoher administrativer Belastung – rund 60 Prozent der Arbeitszeit entfällt nicht auf Beratung – verfügen nur 25 Prozent der jungen Makler über vollständig dokumentierte Beratungsprozesse.
Die Studie zeigt hier: Makler wünschen sich einfache Self-Service-Angebote über Maklerportale (45 Prozent), personalisierte Kampagnen (18 Prozent) und eine bessere fachliche Unterstützung bei Produkten (9 Prozent). „Die Digitalisierung eröffnet Maklerinnen und Maklern neue Möglichkeiten, ihre Prozesse effizienter zu gestalten. Entscheidend ist jedoch, dass sie ihr Geschäft klar an Kennzahlen ausrichten, um ihre Zielgruppen gezielt anzusprechen und die Neukundengewinnung nachhaltig zu steigern“, sagt Justus Lücke, Geschäftsführer der Versicherungsforen Leipzig und Maklerforen Leipzig.
Die größten Herausforderungen aus Sicht der Befragten: zunehmende Regulatorik (64 Prozent), Digitalisierung (40 Prozent), schwierige Abstimmungen mit Versicherern (43 Prozent) und Bürokratie (79 Prozent). Auch ESG-Anforderungen werden zunehmend komplex. Doch viele Jungmakler sehen Nachhaltigkeit nicht als Belastung, sondern als Motivation. Damit zeigen sie: Sie wollen eine werteorientierte, zukunftsfähige Branche mitgestalten.
„Der unabhängige Versicherungsvertrieb steht vor einer tektonischen Verschiebung – mit jungen Maklerinnen und Maklern als treibende Kraft. Sie sind digitaler, anspruchsvoller und unternehmerischer als viele glauben – und sie machen damit sichtbar, wo klassische Strukturen der Versicherer versagen. Jungmakler sind nicht nur Early Adopter – sie definieren gerade aktiv die Zukunft des Versicherungsvertriebs.“, sagt Sven Gerhardus, Partner bei BearingPoint im Segment Versicherungen.