Lebensversicherer mit der niedrigsten MCR-Bedeckung (für den laufenden Betrieb)
Wie gut sind Lebensversicherer kapitalisiert, um ihren laufenden Geschäftsbetrieb abzusichern? Antwort auf diese Frage liefert die MCR-Bedeckungsquote – sie zeigt, ob ein Anbieter unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen in der Lage ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zuverlässig zu erfüllen. Wer in 2024 die niedrigsten Bedeckungsquoten unter den Lebensversicherern ausweisen musste, wird in einer neuen Versicherungsbote-Bildstrecke vorgestellt.

Hintergrund: Die MCR-Bedeckungsquote (Minimum Capital Requirement) gibt an, ob ein Lebensversicherer über ausreichend Eigenmittel verfügt, um seine vertraglichen Verpflichtungen auch unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen dauerhaft erfüllen zu können. Sie dient damit als aufsichtsrechtlich definierte Untergrenze für die Kapitalausstattung – und wird von der BaFin besonders streng überwacht. Liegt die Quote unterhalb der gesetzlichen Mindestanforderung von 100 Prozent, gilt das Unternehmen als unterdeckt. In solchen Fällen verlangt die Aufsicht einen konkreten Sanierungsplan und kann tiefgreifende Maßnahmen zur Stabilisierung anordnen.
Anzeige
Anders als die bekanntere SCR-Bedeckungsquote, die auf ein theoretisches Stressszenario abzielt (mit einer angenommenen Eintrittswahrscheinlichkeit von einmal in 200 Jahren), misst die MCR-Bedeckung die Kapitalstärke für den laufenden Geschäftsbetrieb. Sie ist formelbasiert und orientiert sich primär an bilanziellen Größen wie versicherungstechnischen Rückstellungen und gebuchten Beiträgen – nicht an der individuellen Risikostruktur eines Unternehmens.
Im Regelfall fällt die MCR-Bedeckung deutlich höher aus als die SCR – ein systemischer Effekt, der sich auch am Branchendurchschnitt zeigt: 2024 lag die durchschnittliche Basis-MCR-Bedeckung bei 854,8 Prozent, während die Basis-SCR-Bedeckung nur 308,6 Prozent betrug. Dass ein Versicherer rechnerisch besser auf ein Extremszenario vorbereitet ist als auf das tägliche Geschäft, ist also eher die Ausnahme – aber sie kommt vor.
Solche paradoxen Fälle entstehen typischerweise bei Lebensversicherern mit stark schrumpfendem Altbestand oder in der internen bzw. externen Abwicklung (Run-off). Diese Unternehmen führen kein Neugeschäft mehr, müssen aber dauerhaft hohe Garantieleistungen aus früheren Verträgen bedienen. Gleichzeitig sinken die Beitragseinnahmen, was das Verhältnis von Kapitalbedarf zu Eigenmitteln deutlich verschlechtert. Auch Versicherer mit kollektivlastigen Portfolios oder engem Margenprofil geraten bei der MCR unter Druck. Und selbst Direktversicherer mit risikoarmen Produkten kalkulieren teils bewusst knapp, um Kapital effizient zu steuern – ihre Quoten erfüllen die aufsichtsrechtlichen Anforderungen, bieten aber kaum zusätzliche Puffer.
Erschwerend kommt hinzu: Die BaFin hat im Sommer 2024 eine verbindliche Neuberechnung des sogenannten Rückstellungstransitionals angeordnet – einer Übergangshilfe, die zuvor viele Quoten künstlich aufgebläht hatte. Im aktuellen Zinsumfeld habe diese Maßnahme ihre Legitimation weitgehend verloren, so die Einschätzung der Aufsicht. Die Folge: Hilfen, die früher mehrere hundert Prozentpunkte Unterschied machten, haben stark an Wirkung eingebüßt – oder wurden von vielen Unternehmen gleich ganz gestrichen. Der Markt rückt damit näher an die ökonomische Realität heran (Versicherungsbote berichtete).
Versicherungsbote stellt die quotenschwächsten Lebensversicherer vor
In der folgenden Bildstrecke zeigt Versicherungsbote jene Lebensversicherer, die laut MAP-Report Nr. 939 im Jahr 2024 die niedrigsten MCR-Bedeckungsquoten auf Basis der real verfügbaren Eigenmittel ausweisen. Die Basisquote wurde ohne rechnerische Hilfsmaßnahmen wie Übergangserleichterungen oder Volatilitätsanpassungen berechnet – sie spiegelt damit die tatsächliche Kapitalausstattung eines Unternehmens wider.
Zu beachten ist jedoch: Eine niedrige MCR-Bedeckung bedeutet nicht automatisch, dass ein Versicherer vor dem Kollaps steht. Zumal die meisten der hier ausgewiesenen Unternehmen die aufsichtsrechtliche Mindestanforderung von 100 Prozent bereits deutlich und wiederholt erfüllen – teils mit über dem Doppelten der geforderten Eigenmittel. Ihre Platzierung im Ranking ergibt sich allein im relativen Vergleich zum restlichen Markt – nicht aus regulatorischer Unterdeckung.
Anders stellt sich die Lage bei den Schlusslichtern der Auswertung dar. Dort unterschreiten einzelne Anbieter die aufsichtsrechtlich definierte Mindestgrenze zum Teil deutlich – und befinden sich daher unter verstärkter Beobachtung durch die BaFin. In solchen Fällen sind Sanierungsmaßnahmen erforderlich, um die Risikotragfähigkeit wiederherzustellen.
Ein niedriger Wert ist also nicht in jedem Fall ein Alarmsignal – wohl aber ein Hinweis auf erhöhte Kapitalanforderungen, strukturelle Herausforderungen oder strategische Umbauprozesse. Einige Gesellschaften arbeiten aktiv an Restrukturierungen oder können im Bedarfsfall auf gruppeninterne Kapitalmaßnahmen zurückgreifen – etwa durch Kapitalerhöhungen oder qualifizierte Nachrangdarlehen. Solche Mittel sind nicht automatisch anrechenbar, können aber zur Stabilisierung beitragen. Kurz gesagt: Eine niedrige Quote ist ein Warnsignal – aber noch keine Bankrotterklärung.
Anzeige
Die Daten stammen aus dem MAP-Report Nr. 939 „Solvabilität im Vergleich“, herausgegeben von Franke und Bornberg. Der Report analysiert detailliert die Kapitalausstattung deutscher Lebens- und privater Krankenversicherer auf Basis der SFCR-Berichte 2024 – einschließlich Basisquoten, MCR- und SCR-Bedeckung, Übergangshilfen sowie der Entwicklung zentraler Kennzahlen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die vollständige Studie ist kostenpflichtig über die Website von Franke und Bornberg erhältlich.