Der europäische Rechnungshof hat einen verheerenden Befund zur Situation der zusätzlichen Altersvorsorge in der EU vorgelegt: In seinem aktuellen Sonderbericht kritisiert das Gremium, dass es der EU-Kommission und der Aufsichtsbehörde EIOPA weder gelungen sei, die betriebliche Altersvorsorge in der EU zu stärken, noch dem Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukt (PEPP) zu einem echten Markterfolg zu verhelfen.

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"Leider bleiben sowohl betrieblich geförderte als auch EU-weite private Rentensysteme hinter den Erwartungen zurück, insbesondere was eine Absicherung über Ländergrenzen hinweg betrifft", sagte Mihails Kozlovs, zuständiges Mitglied des Rechnungshofs. Trotz klarer Bedarfe durch den demografischen Wandel spiele die Europarente keine ernstzunehmende Rolle auf dem Markt.

Deutlicher kann eine Bilanz kaum ausfallen: Statt der angepeilten 700 Milliarden Euro Anlagevolumen bis 2030 kommt PEPP laut Bericht aktuell auf weniger als 12 Millionen Euro bei rund 5.000 Verträgen. Ein einziges Produkt sei überhaupt auf dem Markt. Hauptgründe laut Rechnungshof: fehlende steuerliche Anreize, eine unrealistisch niedrige Kostenobergrenze von einem Prozent und bereits existierende Alternativen auf nationaler Ebene. Auch bei der Transparenz und Aufsicht hapert es: Weder gebe es verlässliche Informationen für Verbraucher über ihre gesamte Altersvorsorge, noch seien die Überwachungspraktiken von Betriebsrentenfonds europaweit einheitlich.

Bereits 2024 hatte EIOPA selbst Nachbesserungen bei PEPP gefordert. Die europäische Versicherungsaufsicht regte damals an, die bestehenden Vorgaben zu überarbeiten und die Attraktivität des Produkts zu verbessern. Schon damals war die Marktdurchdringung gering, was EIOPA mit fehlender Bekanntheit, komplexer Regulierung und mangelnden Anreizen begründete. Der aktuelle Bericht des Rechnungshofs dürfte diese Kritik nun nochmals verstärken.

"2. und 3. Säule vor der ersten" – VOTUM fordert nationale Reformen

Scharfe Kritik kommt aus Deutschland: Der VOTUM Verband sieht sich durch den Bericht bestätigt. "Diesen Fehler darf die neue Bundesregierung nicht wiederholen", warnt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands. Gemeint ist der bisherige politische Fokus auf die gesetzliche Rente (1. Säule), während Reformen in der betrieblichen und privaten Altersvorsorge (2. und 3. Säule) aufgeschoben wurden. Für Klein ist klar: "Ein solch mutiges reformerisches Handeln würde der neuen Regierung auch die Zeit geben, sich in der Rentenkommission auf echte und zukunftsweisende Änderungen verständigen zu können."

VOTUM fordert daher klare steuerliche Anreize, einen Verzicht auf renditeschädliche Garantievorgaben und eine realistische Gestaltung der Kosten. "Die Gesetzesentwürfe liegen vor. Es gibt daher keine Entschuldigung mehr dafür, die Arbeit nicht sofort aufzunehmen."

BVK: PEPP ist wirtschaftlich nicht tragfähig

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) teilt die Kritik des Rechnungshofs. "Ein Produkt, das mit einer Kostenobergrenze von einem Prozent pro Jahr auskommen muss, ist wirtschaftlich nicht tragfähig – weder für Anbieter noch für Vermittler", erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Gerade wegen des länderübergreifenden Anspruchs bestehe bei PEPP ein erhöhter Beratungsbedarf, der unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht leistbar sei.

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Hinzu komme die mangelnde Passgenauigkeit: "Standardprodukte wie PEPP können weder auf die individuellen Lebenslagen der EU-Bürger noch auf die komplexen steuerlichen Unterschiede in den Mitgliedsstaaten eingehen", so Heinz weiter. Der BVK fordert daher eine grundlegende Überarbeitung des Konzepts. Vermittler sollten aktiv in die Weiterentwicklung eingebunden und die Kostenvorgaben auf ein marktfähiges Niveau angepasst werden.