Betriebsrente auf dem Prüfstand: Wo die versicherungsförmige bAV besser werden muss
Die betriebliche Altersversorgung ist eine tragende Säule der Altersvorsorge – doch gerade versicherungsförmige Modelle stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Stefan Oecking, Vorsitzender des IVS-Vorstandes, zeigt in seiner Kolumne, wo Handlungsbedarf besteht und welche Reformen die Zukunft der Betriebsrente sichern könnten.

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist ein wichtiger Pfeiler der Alterssicherung in Deutschland. Insbesondere versicherungsbasierte Lösungen genießen bei Unternehmen wie auch Arbeitnehmern nach wie vor eine hohe Wertschätzung. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an vielen Stellen Optimierungsbedarf gibt, um die versicherungsförmige bAV langfristig leistungsfähiger, nachhaltiger und attraktiver zu gestalten. Dabei spielen sowohl Anpassungen der regulatorischen Rahmenbedingungen als auch neue Konzepte zur gemeinschaftlichen Risikoteilung eine entscheidende Rolle.
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Ein zentrales Argument für die versicherungsförmige bAV ist der kollektive Spar- und Entsparprozess, der gegenüber dem individuellen Sparen substanzielle Vorteile bietet. Durch den gemeinschaftlichen Ansatz können Marktschwankungen besser ausgeglichen werden, was das Risiko für den Einzelnen reduziert. Zudem lässt sich nach Eintritt in den Ruhestand der Entsparprozess in Gestalt eines verlässlichen, lebenslangen Zahlungsstroms organisieren. Gerade in Zeiten volatiler Kapitalmärkte und historisch noch immer niedriger Zinsen haben sich diese Mechanismen als stabil und nachhaltig erwiesen. Die Politik sollte daher sicherstellen, dass solche Gemeinschaftssysteme nicht nur erhalten, sondern aktiv gefördert werden.
Eine gelockerte Bedeckungsvorschrift würde helfen
In diesem Zusammenhang sind die regulatorischen Rahmenbedingungen für Pensionskassen ein wichtiger Aspekt. Diese Einrichtungen der bAV, die Versorgungsleistungen versicherungsförmig garantieren, stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere durch steigende Anforderungen an die Kapitalausstattung und Risikotragfähigkeit. In Zeiten niedriger Zinsen und hoher Marktschwankungen wird es zunehmend schwieriger, die strengen Bedeckungsanforderungen einzuhalten, ohne gleichzeitig das Leistungspotenzial einzuschränken. Eine sachwertorientierte Kapitalanlage kann in diesem Zusammenhang helfen, langfristig auskömmliche Renditen zu erzielen. Hierbei sollte die Regulierung flexibler gestaltet werden und dabei insbesondere den langfristigen Anlagehorizont von Pensionskassen berücksichtigen.
Eine gelockerte Bedeckungsvorschrift, die temporäre Unterdeckungen bei entsprechender Einstandszusage des Arbeitgebers zulässt, würde dazu beitragen, dass diese Einrichtungen nachhaltiger wirtschaften können, höhere Renditen erzielen können und im besten Fall sogar mehr Überschüsse verteilen können.
Viele bAV-Renten gehen an den Bedürfnissen vorbei
Ein weiteres Problem der versicherungsförmigen Durchführung einer bAV ist die Höhe der Renten bei Rentenbeginn. Oft starten Renten aus klassischen Versicherungsverträgen auf einem niedrigen Niveau und steigen erst später durch dynamische Anpassungen im Wege der Überschussbeteiligung sukzessive an. Dies entspricht jedoch nicht den finanziellen Bedürfnissen vieler Rentnerinnen und Rentner, die ggf. gerade in den ersten Jahren des Ruhestands einen höheren Versorgungsbedarf haben.
Eine Flexibilisierung der starren Anpassungsregeln, die beispielsweise deutlich höhere, aber nicht in voller Höhe garantierte Startrenten ermöglicht, könnte dagegen Abhilfe schaffen. Solche Modelle könnten die Akzeptanz der bAV erhöhen und zugleich sicherstellen, dass Rentnerinnen und Rentner frühzeitig mehr finanzielle Flexibilität erhalten.
Kommunikation spielt eine entscheidende Rolle
Die Kommunikation spielt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Immer noch sind sich viele Arbeitnehmer der Vorteile einer bAV nicht ausreichend bewusst oder schätzen die Möglichkeiten falsch ein. Hier könnten verstärkte und vor allem hinsichtlich der Botschaften abgestimmte Informationskampagnen und Appelle von Arbeitgebern, Betriebsräten, Gewerkschaften, Versicherern und Pensionskassen entscheidend dazu beitragen, die Akzeptanz der bAV zu steigern.
Einen Teil dazu kann sicher die digitale Rentenübersicht beitragen, die sich seit Dezember 2023 im Regelbetrieb befindet. Eine Verordnung zur verpflichtenden Anbindung der Vorsorgeeinrichtungen trat am 6. Februar 2024 in Kraft.
Die Zukunft der betrieblichen Altersversorgung hängt entscheidend davon ab, wie gut sie an die aktuellen und künftigen Herausforderungen angepasst wird. Risikogemeinschaften, regulatorische Reformen, flexible Rentenmodelle und eine verbesserte Kommunikation sind zentrale Bausteine, um die bAV langfristig zu sichern und zu stärken.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Unternehmen und Arbeitnehmern wird nötig sein, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Aus Sicht des IVS ist eine gut funktionierende bAV ein entscheidender Baustein, um Altersarmut zu verhindern und die Rentenlandschaft in Deutschland nachhaltig und stabil zu gestalten.
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Hintergrund: Die Kolumne ist zuerst in der Ausgabe 01/2025 des Fachmagazins Versicherungsbote erschienen. Das Magazin kann auf der Versicherungsbote- Webseite kostenfrei abonniert werden.