Lebensversicherer: Die Solvenzquoten-Schlusslichter 2024
Wegen einer BaFin-Neuberechnung der Rückstellungsmaßnahmen geraten 2024 viele Solvenzquoten unter Druck. Die Basisquoten hingegen verzichten auf Übergangshilfen – und zeigen, wie viel Substanz wirklich da ist. Wir stellen in dieser Bildstrecke die zwölf Lebensversicherer mit den niedrigsten Basisquoten vor – Anbieter in Run-off wurden nicht berücksichtigt.

Hintergrund: Damit Versicherer ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden dauerhaft erfüllen können, schreibt das Solvency-Aufsichtsregime vor, auch für wirtschaftlich schwere Zeiten genügend Eigenmittel als Polster vorzuhalten. Zentral hierfür sind die Solvenzquoten (SCR-Quoten). Für diese Quoten ist nicht der „Normalbetrieb“ relevant, sondern die Simulation eines wirtschaftlichen Extrem-Ereignisses, das alle 200 Jahre auftritt. Erreicht ein Versicherer eine Quote von mindestens 100 Prozent, hat er genügend Eigenmittel, um eine solche Situation zu stemmen.
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Dokumentiert werden die Solvenzquoten in den Berichten zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR). Diese werden durch die Unternehmen jährlich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgelegt und müssen auch für die Verbraucher veröffentlicht werden. Der aktuelle MAP-Report aus dem Hause Franke und Bornberg mit der beeindruckenden Nummer 939 hat die neuesten Zahlen – für das Geschäftsjahr 2024 – ausgewertet.
Übergangshilfen nicht mehr so wirkungsvoll wie zuvor
Viele Lebensversicherer hatten ihre Solvenzquoten in den vergangenen Jahren mithilfe von Übergangsmaßnahmen deutlich aufgewertet. Besonders wirksam war dabei die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen gemäß § 352 VAG. Sie erlaubte es, Rückstellungen auf Basis der alten Rechnungsgrundlagen nur schrittweise an die strengeren Solvency-II-Vorgaben anzupassen – was in der Praxis häufig zu deutlich höheren Solvenzquoten führte.
Hinzu kamen die Volatilitätsanpassung gemäß § 82 VAG, mit der zeitweise gesunkene Marktwerte von Anleihen rechnerisch geglättet werden konnten, sowie die Übergangsmaßnahme für die Zinsstrukturkurve nach § 351 VAG, die ebenfalls eine abgemilderte Bewertung der Kapitalanforderungen ermöglichte. Zusammengenommen führten diese Hilfsmaßnahmen in den Vorjahren zu erheblichen Differenzen zwischen der tatsächlichen Kapitalausstattung und der nach außen gemeldeten Solvenzquote – nicht selten lagen mehrere hundert Prozentpunkte dazwischen.
Doch damit ist es nun weitgehend vorbei: Die BaFin hat im Sommer 2024 eine verbindliche Neuberechnung des Rückstellungstransitionals angeordnet. Der Grund: Die Maßnahme habe im aktuellen Zinsumfeld ihre Legitimation weitgehend verloren, so die Einschätzung der Aufsicht. Übergangshilfen, die einst hunderte Prozentpunkte Unterschied machten, haben nun deutlich an Wirkung eingebüßt – oder wurden von vielen Anbietern gleich ganz gestrichen.
Das zeigt sich auch an den Zahlen: Die aufsichtsrechtlich gemeldete SCR-Quote (mit Übergangshilfen und Volatilitätsanpassung) sinkt im Marktdurchschnitt von 663,5 Prozent (2023) auf 340,3 Prozent (2024) – ein Rückgang um mehr als die Hälfte. Die Basisquote, die auf rechnerische Hilfen vollständig verzichtet, bleibt hingegen vergleichsweise stabil: Sie fällt lediglich von 320,8 auf 308,6 Prozent. Die Spreizung zwischen den beiden Quoten ist damit deutlich geschrumpft – und das Gesamtbild realistischer geworden (Versicherungsbote berichtete).
Versicherungsbote stellt Lebensversicherer mit den schlechtesten Solvenzquoten vor (ohne Run-off-Gesellschaften)
In dieser Bildstrecke stellt der Versicherungsbote die Lebensversicherer mit den niedrigsten Basisquoten für das Jahr 2024 vor. Berücksichtigt wurden dabei ausschließlich Anbieter mit aktivem Neugeschäft – reine Run-off-Gesellschaften, die ausschließlich Altbestände verwalten, wurden ausgeklammert. Denn sie unterliegen anderen bilanziellen Voraussetzungen: Ohne Neugeschäft und mit stark garantielastigen Verträgen steigen die Kapitalanforderungen deutlich – was die Vergleichbarkeit verzerrt.
Auch bei aktiven Anbietern ist eine niedrige Basisquote nicht automatisch ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche. Oft sind es strukturelle Faktoren, die das Verhältnis von Eigenmitteln zu Kapitalanforderung beeinflussen: Dazu zählen etwa große Bestände an klassischen Garantieprodukten, ein hoher Anteil betrieblicher Kollektivverträge mit enger Kalkulation oder langlaufende Verpflichtungen aus früheren Tarifgenerationen. Auch eine konzerninterne Steuerung der Eigenmittel oder eine bewusst enge Kapitalplanung können das Ergebnis beeinflussen.
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Umgekehrt zeigt die Analyse: Auch Anbieter mit modernen, fondsgebundenen Produkten oder schlanken Kostenstrukturen erreichen nicht zwingend hohe Quoten – insbesondere dann, wenn ihr Geschäftsmodell geringere Rückstellungen, aber auch geringere Sicherheitsreserven vorsieht. Die Basisquote bleibt ein zentraler Indikator – doch sie sagt erst im Kontext des jeweiligen Geschäftsmodells wirklich etwas über die finanzielle Stärke aus. Der zugrunde liegende MAP-Report mit der Nummer 939 ist auf der Webseite von Franke und Bornberg (kostenpflichtig) bestellbar.