Herr Groenen, nach dem Scheitern von Flypper haben Sie sich aus der Versicherungsbranche zurückgezogen. Was hat Sie dazu bewogen, wieder in die Nähe dieser Branche zu gehen?

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Die Versicherungsbranche ist für uns jetzt zunächst interessant, da mein Bruder Sebastian und ich beide aus der Branche kommen und wir uns zunächst auf einen pointierten Markteintritt mit Fokus auf eine Branche konzentrieren. Außerdem kennen wir hier bereits die Herausforderungen der vielen ungenutzten Flächen. Unser neues Konzept basiert vor allem auf unserer hauseigenen App, die wir vor ca. 1,5 Jahren ins Leben gerufen haben und seitdem in unseren Coworking Spaces im Einsatz ist. Aber warum sollten wir diese umfangreiche Software nur für uns nutzen, wenn sie auch anderen Unternehmen operative Unterstützung in der Büroverwaltung bieten kann? Generell gilt das Konzept langfristig nicht nur für die Versicherungsbranche.

Orangery bietet Co-Working-Büroräume für Startups, Selbstständige und Unternehmen an. Warum haben Sie sich entschieden, sich auf die Nutzung überschüssiger Büroflächen zu konzentrieren?

Die orangery gibt es jetzt seit 7 Jahren und wenn wir eines in dieser Zeit gelernt haben, dann ist es, immer agil zu bleiben und auf den sich ständig verändernden Markt zu reagieren. Das Thema Remote Work war vor der Pandemie bei weitem nicht so präsent wie heute. Während wir damals vor allem mit dem Konzept geworben haben, den Mitarbeitenden von Firmen einen voll ausgestatteten Arbeitsplatz in unseren Räumlichkeiten zu bieten, richten die Unternehmen ihren Mitarbeitenden heute alles in den eigenen vier Wänden ein. Und so muss sich auch unser Geschäftsmodell weiterentwickeln und den Gegebenheiten anpassen. Warum neue Gebäude eröffnen oder gar bauen lassen, wenn es bestehende Infrastrukturen gibt, die wir für unser Konzept nutzen können und so für alle Beteiligten einen Mehrwert schaffen? Das ist deutlich nachhaltiger.

Wie unterscheidet sich das Verhalten der Belegschaften in Unternehmen vor und nach der Pandemie?

Innerhalb der Belegschaften, insbesondere in Branchen wie Versicherungen oder Banken, wurde das Thema Home Office sehr stiefmütterlich behandelt. Es war eher eine Ausnahmeregelung. Das hat sich mit der Pandemie geändert, das wissen wir alle. Der Druck von außen war so groß, dass die Unternehmen gezwungen waren, Home-Office anzubieten, um überhaupt weitemachen zu können. Mittlerweile ist Home Office ein fester Bestandteil eines Arbeitsvertrages und auch die Erwartungshaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich hier völlig verändert. Mittlerweile ist es oft eine Grundvoraussetzung, um überhaupt einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Die Funktion des Büros als fester Arbeitsort hat sich somit zu einer Option gewandelt, die vor allem für soziale Aspekte genutzt wird.

Banken und Versicherer setzen verstärkt auf Remote-Office-Lösungen. Wie beeinflusst dies den Bedarf an Büroflächen in der Finanzbranche?

Der Bedarf an Büroflächen sinkt generell, was viele Branchen betrifft. Büroflächen müssen neu gedacht werden und viele Unternehmen hinken hier noch etwas hinterher. Während die Gebäude vor wenigen Jahren mit der Intention eingerichtet wurden, jedem Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, können und müssen die Flächen nun deutlich verkleinert werden und neue Nutzungskonzepte integriert werden. Mit unserer App ist es beispielsweise möglich, einzelne Arbeitsplätze zu buchen und sie nach Bedarf zu nutzen.

Welche Maßnahmen ergreifen Versicherungen in Bezug auf ihre ungenutzten Büroflächen?

Aktuell versuchen Versicherungen überschüssige Flächen an einzelne Unternehmen unterzuvermieten. Ein Beispiel hierfür ist, dass eine Versicherung zwei leerstehende Flächen mit je 1.000qm hat und bemüht ist, diese Flächen an jemanden abzugeben, der alles übernimmt, um einen möglichst kleinen Verwaltungsaufwand zu haben. Es ist jedoch schwierig, dafür Untermieter zu finden. Unser Ansatz besteht darin, die Fläche nicht als Ganzes zu vermieten, sondern sie auf einzelne Mieter aufzuteilen. Dank unserer OS-Software kann der hohe Verwaltungsaufwand minimiert werden. Dies bietet den Unternehmen mehr Sicherheit und Flexibilität.

Können Sie uns einige konkrete Beispiele nennen, wie Versicherer und Banken von der (Unter-)Vermietung von Büroflächen profitieren können?

Die Kosteneinsparungen sind der größte Vorteil. Leerstände in Büros verursachen hohe Kosten, wie zum Beispiel Miete, Mobiliar, Strom, Heizkosten und Reinigung. Daher ist es wichtig, diese Leerstände zu vermeiden.

Wie sieht die bisherige Resonanz von Versicherungsunternehmen auf Ihr Angebot aus?

Unser Konzept ist seit circa zwei Wochen auf dem Markt. Wir führen derzeit Gespräche und planen ein Pilotprojekt mit einem Versicherungsanbieter. Dieses Unternehmen hat uns von den beschriebenen Herausforderungen berichtet. Derzeit stehen 50% der Fläche leer und verursachen dem Unternehmen hohe Kosten. Wir freuen uns auf die nächsten Projekte!

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Akzeptanz und Implementierung Ihrer Lösung?

Bei neuen Konzepten gibt es immer Herausforderungen. Es ist wichtig, die Menschen für neue Lösungen zu öffnen. Aufgrund unserer 7-jährigen Erfahrung in der Branche sind wir jedoch überzeugt, dass wir einen echten Mehrwert für große Unternehmen schaffen können.

Welche Möglichkeiten sehen Sie für eine nachhaltige Nutzung leerstehender Büroflächen?

Unsere Softwarelösung kann dazu beitragen, leerstehende Flächen optimal zu nutzen. In Zusammenarbeit mit Unternehmen können weitere Nutzungskonzepte entwickelt werden, wie zum Beispiel Coliving oder moderne Formen des Community-Zusammenlebens. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen über das reine Bürothema hinaus.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft und wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Unternehmens in Bezug auf die Nutzung von Büroflächen und die Zusammenarbeit mit der Versicherungsbranche?

Wir konzentrieren uns nun auf das neue Konzept und die nachhaltige Nutzung von Büroflächen. Versicherungsunternehmen verfügen in der Regel nicht nur über eigene Flächen, sondern auch über Büro- und Geschäftsstellen, die nachhaltiger genutzt werden können. Es besteht die Möglichkeit, Geschäftsstellen zu reduzieren und so das Team gegebenenfalls wieder enger zusammenzubringen.

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