Digitaler Euro, Digital Wallet und jetzt auch noch Request to Pay (RtP): An europäischen Initiativen im Zahlungsverkehr mangelt es nun wahrlich nicht. „Request to was?“ werden einige von Ihnen jetzt vielleicht denken. Und tatsächlich: Während digitaler Euro und Digital Wallet der European Payment Initiative (EPI) immer wieder in der (medialen) Öffentlichkeit thematisiert werden, fristete der neue EU-Standard Request to Pay lange Zeit eher ein Schattendasein – auch wenn die DZ Bank und R+V Versicherung kürzlich mit den ersten produktiven Request-to-Pay-Transaktionen von sich reden machten.

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Dirk Weske ist Vorstand der PPI AGPPI AG

Entsprechend schwer dürfte es den für Zahlungsverkehr zuständigen Vorständen deutscher Versicherer gefallen sein, wenn sie das Thema ihren Vorstandskollegen schmackhaft machen wollten. Ist das nicht nur wieder die nächste Luftnummer, die sich die Kollegen aus den Banken ausgedacht haben? Und vor allem: Was hat das alles mit Versicherungen zu tun?

Denn seien wir ehrlich: Der Zahlungsverkehr ist bei Versicherern häufig eher ein Thema für den Maschinenraum: So lange die Maschinen laufen, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern. Und die Maschinen im Zahlungsverkehr der Versicherer laufen, weil mit der Lastschrift ein Verfahren existiert, das seit Jahren bei Unternehmen und Kunden gleichermaßen etabliert und akzeptiert ist.

Warum also sollten Versicherer daran etwas ändern? Die Antwort lautet: Weil der neue EU-Standard das Potenzial hat, sich nachhaltig positiv auf Vertriebserfolg und Kostenstruktur der Versicherer auszuwirken.

Lassen Sie uns dafür zunächst einen Blick auf Request to Pay werfen: Beim Request to Pay-Verfahren wird aus einer Rechnung heraus eine Zahlungsaufforderung, der sogenannte Request to Pay, generiert. Dieser wird über die Bank des Zahlungsempfängers an die Bank des Zahlungspflichtigen geschickt. Dort wird er dem Zahlungspflichtigen im Onlinebanking angezeigt. Erst nach dessen Freigabe wird die eigentliche Zahlung ausgelöst. Das Besondere dabei: Einmal freigegeben, ist die Zahlung grundsätzlich nicht widerrufbar und zusammen mit dem Request to Pay können Dokumente jedweder Art verknüpft werden. Neben der Rechnung kann dies zum Beispiel eine Versicherungspolice sein. Die Dokumente bleiben dauerhaft mit der Zahlung verknüpft und werden direkt am Konto angezeigt.

Für den Versicherungskunden ergeben sich daraus zwei schöne Vorteile im Vergleich zur Selbstzahlung, die von „RtP-Versicherern“ im Markt für den Vertriebserfolg genutzt werden können:

  • Während Kunden bei der Selbstzahlung oft den Überblick verlieren, was wann genau zu zahlen ist bzw. schon bezahlt wurde, schafft Request to Pay Transparenz. Die Kunden haben zu jeder Zeit die Kontrolle über ihre Zahlungen und müssen ihr Konto weiterhin nicht für eine Lastschrift „öffnen“. Das gibt ihnen ein sicheres Gefühl und steigert damit die Kundenzufriedenheit.
  • Laut einer aktuellen Studie von PPI und ibi research möchten 63 Prozent der befragten Konsumenten ihre Unterlagen zu finanziellen Angelegenheiten ausschließlich digital und möglichst zentral empfangen und verwalten. Eben genau so, wie sie es aus anderen Bereichen ihres Alltags längst gewohnt sind. Request to Pay erfüllt diesen Wunsch auf eine einfache und sichere Weise aus der gewohnten Online-Banking-App heraus.

Aber auch für die Versicherer ergeben sich Vorteile, nämlich auf der Kostenseite:

  • Die Zahl der zu versendenden Papierdruckstücke / Rechnungen (und bei vergessener Zahlung: Mahnungen) an Selbstzahler wird wesentlich reduziert. Dies führt zu erheblichen Einsparungen bei Porto- und Prozesskosten und natürlich auch zu einer ausweisbaren Reduktion von CO2-Emissionen im Inkasso.
  • Die Verbuchung der Zahlung läuft schon wegen eines klaren Verwendungszwecks ohne Pflegeaufwände umstandslos und sicher. Nicht-wertschöpfende Administrationsaufwände für die Zuordnung werden minimiert.

Ich bin überzeugt: Spätestens mit der ab Januar 2025 im B2B-Bereich geltenden Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung wird sich Request to Pay am Markt durchsetzen. Denn ab diesem Zeitpunkt ist das komplette Verfahren digital möglich. Versicherer sind aufgrund der großen Menge an Rechnungen und Unterlagen prädestiniert dafür, dieses Verfahren für sich zu nutzen. Auch Branchenverbände haben dieses Potenzial bereits erkannt und entsprechende Initiativen gestartet.

Mein Rat an alle Entscheider in deutschen Versicherungsunternehmen lautet deshalb: Hören Sie gut zu, wenn Ihr Finanzkollege Sie auf Request to Pay anspricht. Denn 2024 wird das Verfahren endgültig sein Schattendasein ablegen. Und es könnte sein, dass damit letztlich auch das Ende der Lastschrift eingeläutet wird.

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