Ich war vor kurzem zu Gast bei einem großen deutschen Industrieunternehmen. Es ging unter anderem um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). So weit, so normal. Denn egal in welcher Branche: Es gibt kaum ein Unternehmen, das sich nicht mit KI beschäftigt.

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Was mich bei dem oben genannten Unternehmen beeindruckt hat, war, in welcher Form es die Technologie zielgerichtet einsetzt: Um den Verschleiß von Teilen seiner Maschinen zu überprüfen, werden millionenfach Bilder aufgenommen. Die KI prüft diese Bilder, analysiert Muster und kann so frühzeitig Indikationen für einen Verschleiß erkennen, weit bevor dies mit dem menschlichen Auge möglich gewesen wäre.

Dirk Weske ist Vorstand der PPI AGPPI AGHier wird Künstliche Intelligenz also tatsächlich zielgerichtet eingesetzt. Das ist leider nicht immer der Fall. Zuweilen beschleicht einen das Gefühl, dass in den Chefetagen deutscher Unternehmen der Wunsch besteht, man müsse „irgendwas mit KI“ machen, um auf den KI-Hype aufzuspringen und zu verhindern, dass der Wettbewerb einen abhängt. Die Versicherungsbranche ist hier keine Ausnahme.

Das Problem: Bei aller berechtigten Sorge, einen disruptiven Trend zu verpassen, der die Wirtschaft und Gesellschaft auf mittlere Sicht grundlegend verändern wird, gilt die alte Weisheit: „Nicht jedes Problem ist ein Nagel, nur weil man zufällig einen neuen Hammer hat“. Soll heißen: Entscheider sollten sich fragen, ob eine KI tatsächlich die geeignete Lösung für das Problem ist – zumal ernsthafte KI-Anwendungen jenseits von ChatGPT technisch und regulatorisch aufwändig sind. Häufig unterschätzt werden beispielsweise über die Begeisterung für einen tollen Prototypen die hohen Kosten für das Training und die Qualitätskontrolle mit „echten Daten“, sowie gerne auch Folgekosten durch die teure Pflege der Modelle.

Wer sich weiter mit diesem Gedanken auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich das Buch „The Business Case for AI“ der Autorin und AI-Expertin Kavita Ganesan. Das Buch ist ein Leitfaden für den effektiven Einsatz von KI-Technologien. Laut Ganesan ist die entscheidende Frage, die sich Entscheider stellen sollten: Welches Ziel will ich eigentlich mit meiner KI-Initiative erreichen, die ich nicht auch auf anderem Wege erreichen kann? Die Antwort auf diese Frage sollte mindestens eines der drei Kriterien erfüllen:

Der Einsatz von KI sollte über das bisherig Mögliche dazu beitragen,

  • die Effizienz deutlich zu steigern oder
  • schwere menschliche Fehler zu vermeiden oder
  • ganz neue Geschäftsfelder beziehungsweise Produkte zu erschließen.

Bei allen KI-Anwendungen, die nicht zumindest eines dieser drei Kriterien erfüllen, sollten sich die Entscheider fragen, ob sich das Problem nicht durch klassische Software besser (und günstiger) lösen lässt.

Beim eingangs erwähnten Unternehmen erfüllt die KI-Anwendung gleich zwei der gerade genannten Kriterien: Sie steigert die Effizienz, da ein Verschleiß deutlich früher und mit weniger Aufwand als bei der manuellen Kontrolle erkannt werden kann. Und es vermeidet das Risiko von menschlichen Fehlern – eine KI ist eben niemals müde oder gestresst.

Trifft das auch auf sämtliche KI-Initiativen in Ihrem Haus zu?

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