Die ansteigenden Zinsen sorgen auch für heftige Turbulenzen. So wurde der italienische Lebensversicherer Eurovita Anfang des Jahres auf Weisung der dortigen Finanzaufsicht unter die Kontrolle eines Sonderverwalters gestellt. Nötig wurde das, weil das Unternehmen während der Niedrigzinsphase verstärkt in Staatsanleihen investierte. Mit steigendem Zins verloren die an Wert. Und die Kunden begannen, ihre Verträge zu stornieren - massenhaft.
Die Forderungen der italienischen Finanzaufsicht, dass der Eurovita-Eigentümer Cinven, ein Private-Equity-Fonds, Geld nachschießt, wurden nur teilweise erfüllt. Nun sollen die Vermögenswerte von Eurovita unter führenden Versicherern in Italien, darunter auch Allianz und Generali, aufgeteilt werden, berichtet u.a. Börse-online.de.

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Versicherungsbote fragte bei der deutschen Finanzaufsicht nach, welche Auswirkungen für den hiesigen Lebensversicherungsmarkt zu befürchten sind. Denn: Private-Equity-Fonds Cinven ist auch an Viridium beteiligt. Norbert Pieper, Sprecher für Versicherungsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), antwortete.

Versicherungsbote: Welche Folgen befürchtet die Aufsicht für den hiesigen Markt und wie sollen die verhindert oder abgemildert werden?

Norbert Pieper: Die Probleme von Eurovita haben nach Einschätzung der BaFin keine unmittelbaren Auswirkungen für den deutschen Versicherungsmarkt. Selbstverständlich beobachtet die BaFin den Fall jedoch sehr genau.

Wie kann im deutschen Markt konkret verhindert werden, dass Kunden massenhaft ihre Verträge kündigen?

Die BaFin hat die Stornoentwicklung besonders im Blick. Derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, „dass Kunden massenhaft ihre Verträge kündigen“. Dies ist aus BaFin-Sicht auch nicht zu erwarten, da in Deutschland ein Rückkauf zu festgelegten Rückkaufswerten mit Stornoabzug erfolgt.
Bitte lassen Sie mich in diesem Kontext noch darauf hinweisen, dass Versicherer ein gutes Liquiditätsmanagement benötigen, um auch im Falle eines Stornoanstiegs über ausreichend Liquidität zu verfügen. Die BaFin führt derzeit regelmäßige Abfragen bei ausgewählten Unternehmen durch, im Rahmen derer bspw. die Liquiditätsplanung – eine Gegenüberstellung der ein- und ausgehenden Zahlungsströme des laufenden Quartals und der Folgemonate – abgefragt wird, um etwaige Liquiditätsengpässe zu identifizieren.

Welche Rolle spielt die Tatsache, dass das Private-Equity-Unternehmen Cinven die Krise in Italien mit auslöste?

Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu einzelnen Unternehmen nicht äußere.

Cinven ist auch an Viridium beteiligt und die streben u.a. an, weitere Alt-Bestände in Deutschland zu übernehmen. Welche Auflagen hält die BaFin für solche Investoren für denkbar und angemessen?

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Die BaFin ist sich ihrer Verantwortung absolut bewusst, die mit der Prüfung von Run-off-Transaktionen verbunden ist. Sie prüft derartige Transaktionen – sei es eine Bestandsübertragung oder ein Unternehmensverkauf – sehr gewissenhaft, insbesondere auch die Zuverlässigkeit und finanzielle Solidität des Erwerbers bzw. der aufnehmenden Gruppe. Gleichzeitig erwartet die BaFin, dass ein Run-off auf Grundlage langfristiger Planungsrechnungen durchgerechnet wird. Die BaFin wird sich speziell die Eigenmittelsituation vor und nach der Transaktion anschauen. Sie kann außerdem zusätzliche Sicherungsmaßnahmen verlangen, etwa die Garantie einer bestimmten Kapitalausstattung durch den Erwerber (unter Nachweis ausreichender Mittel bei einem Konzernunternehmen im Geltungsbereich des VAG).
Bitte lassen Sie mich abschließend noch einmal erwähnen, dass die gesetzlichen Anforderungen an eine Bestandsübertragung bzw. einen Unternehmensverkauf sehr hoch sind. Ziel ist unverändert, die Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer sicherzustellen.

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