Versicherungsbote: Welche Rolle spielt das Krankenzusatzgeschäft für Hoesch und Partner? Geht es eher um Kundenbindung und Cross Selling?

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Helmut Zeiß: Menschen bei gesundheitlichen Fragen umfassend und individuell zu beraten, gehört für uns einfach dazu. Vielen Versicherten der GKV ist nicht nur ihre Gesundheit an sich wichtig, sie wollen auch bei ihren eigenen medizinischen Angelegenheiten mitbestimmen – egal ob beim Zahnersatz, der Pflege oder einem Krankenhausaufenthalt. Hier braucht es Beratung, übrigens auch aufgrund der häufig lückenhaften Leistungskataloge. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden und es umgekehrt immer weniger Beitragszahler gibt. Das hat zur Folge, dass die Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt wurden und dass möglicherweise auch mit weiteren Einschränkungen von Seiten des Gesetzgebers gerechnet werden muss. Die Leistungen der GKV sind bereits heute nicht nur lückenhaft, sondern viele Versicherte sind auch verunsichert beim Blick in die Zukunft. Damit wächst das Interesse an Krankenzusatzversicherungen, mit denen die Lücken im Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen geschlossen werden können.

Werden Krankenzusatzversicherungen aktiv bei Ihnen nachgefragt? Oder müssen Sie diesbezüglich viel Aufklärungsarbeit im Beratungsgespräch leisten?

Krankenzusatzversicherungen werden regelmäßig nachgefragt; oft von Menschen, die selbst auf unsere Beratungsmöglichkeiten aufmerksam geworden sind und bereits einen konkreten Wunsch haben, mit dem sie auf uns zukommen. Ob Zahnvorsorge, Krankentagegeld, Sehhilfe oder Heilpraktiker: Bei der Vielzahl von Tarifen auf dem Markt, die zudem auch alle miteinander kombiniert werden können, ist es für viele Interessierte oft schwierig, ihren Versicherungsschutz richtig für sich auszuwählen. Wir beraten bei der Auswahl der Konzepte, die dem jeweiligen Versicherungswunsch entsprechen – Überzeugungsarbeit müssen wir eher weniger leisten.

Wie intensiv ist denn die Bedarfsermittlung? Schließlich muss der Berater doch die Bonusangebote und Zusatzleistungen der jeweiligen GKV überblicken, oder?

Zunächst einmal sind solche sogenannten Zusatzleistungen Satzungsleistungen der Krankenkassen, die zusätzlich zu den gesetzlich festgeschriebenen Leistungen angeboten werden. Damit bilden Bonusprogramme und Zusatzleitungen die kompletten Leistungen auch hier weder dauerhaft noch verbindlich ab, da sie jederzeit aus dem Leistungsumfang entfernt werden können. Hinzu kommt, dass nur bestimmte Personengruppen diese beanspruchen können. Oder aber die Leistungen bieten einen nicht so umfassenden Versicherungsschutz, als das man als Versicherter seine Eigenbeteiligung merklich senken könnte.

Die Angebote im Krankenzusatz-Bereich sind sehr vielfältig. Lässt sich mit solchen Angeboten der GKV-Schutz so aufbessern, dass er mit einer Krankenvollversicherung 'mithalten' kann?

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Gerade durch den bereits erwähnten lückenhaften Leistungskatalog sind Zusatzversicherungen für GKV-Versicherte sehr nützlich, denn mit ihnen können Sie eine lückenlose medizinische Versorgung erhalten. Es gibt durchaus Konzepte, die tatsächlich mit einer Krankenvollversicherung mithalten können. Nehmen wir zum Beispiel die Krankenhauszusatzversicherung: Die GKV sieht vor, dass Patienten in der Regel im nächstliegenden Krankenhaus versorgt und in einem Mehrbettzimmer untergebracht werden. Mit der Zusatzversicherung können sich GKV-Versicherte mit nahezu denselben Leistungen absichern wie Privatkrankenversicherte – etwa, indem sie ein Einbett-Zimmer oder die Behandlung durch den Wahlarzt („Privatarzt“) in Anspruch nehmen. Je nach Budget des Kunden lässt sich also ein Abbild der PKV darstellen, ohne dass der Kunde das GKV-System verlassen muss. Auch im ambulanten und im Zahnbereich ist eine komplette „Privatisierung“ möglich, die von Fall zu Fall durchaus Sinn machen kann; je nachdem, welche Prioritäten die Interessenten haben. Aus Sicht des Versicherungsschutzes kauft man sich unter Umständen alle Vorteile eines Privatversicherten ein.

"Fast jeder Mensch ist früher oder später betroffen"

Versicherungsbote: Schaut man sich die Umsatztreiber im Zusatzgeschäft an, wird schnell klar: Zahnzusatzversicherungen sind besonders gefragt. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?

Helmut Zeiß: Durch die richtige Zahnpflege können Menschen selbst aktiv werden und ihre eigene medizinische Versorgung im wahrsten Wortsinn selbst in die Hand nehmen. Eine Zahnzusatzversicherung leistet dennoch einen wichtigen Beitrag, da sie beispielsweise die Kosten für die Zahnreinigung übernimmt. Schon durch die Erstattung einer Professionellen Zahnreinigung bietet der Zahnversicherungsschutz Versicherten eine recht schnell spürbare „Erlebbarkeit“.

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Hinzu kommt: Es ist allgemein bekannt, dass Zahnersatz teuer ist. Und fast jeder Mensch ist früher oder später davon betroffen. Die gesetzlichen Krankenkassen mit ihren Festzuschüssen für die Regelversorgung übernehmen aber nur einen Teil der Kosten, in der Regel sind das 60 bis 75 Prozent. Darüber hinaus sieht die Regelversorgung lediglich eine zweckmäßige Behandlung vor – also eine solche, die aus medizinischer Sicht ausreichend ist. Das bedeutet: Betroffene, die einen Zahnersatz benötigen, bekommen von ihrer Kasse „nur“ die anteiligen Kosten für einen einfachen metallischen Zahnersatz erstattet, während sie mindestens 25 bis 40 Prozent der Kosten selbst tragen müssen. Mit einer Zusatzversicherung hingegen erhalten Versicherte selbst für einen höherwertigen Zahnersatz – wie für Implantate oder Goldkronen – eine Kostenerstattung von bis zu 100 Prozent.

Ist das Kostenrisiko nicht in anderen Bereichen – etwa der stationären Pflege – wesentlich größer? Läuft die Beratung zu Krankenzusatzversicherungen falsch?

Grundsätzlich läuft die Beratung nicht „falsch“. Im Vordergrund steht jedoch der Wunsch des Kunden und stehen individuelle Bedürfnisse und Vorstellungen eines „guten“ Versicherungsschutzes.
Wenn wir Interessenten beraten, nennen wir ihnen die Bereiche der Gesundheits- und Pflegevorsorge, die versicherbar sind. Dann hat der Kunde eine Basis für die Entscheidung, welche Versicherung er in Anspruch nehmen will und welche nicht. Die Interessenten kennen sich und ihre Gesundheit selbst am besten und können einschätzen, welche Leistungen abgedeckt werden sollen. Zudem zählt die individuelle Erfahrung: Pflegezusatzversicherungen werden oft von Menschen angefragt, die bereits als Familienmitglied einen Angehörigen über einen gewissen Zeitraum gepflegt haben und genau wissen, welche Kosten auf sie und ihre Familie zukommen können. Entsprechend ist das Interesse an einer Pflegezusatzversicherung bei diesem Personenkreis sehr viel höher. Bei anderen dagegen ist das Thema oft negativ besetzt – und daher wollen sie sich damit nicht auseinandersetzen oder setzen im entsprechenden Alter andere Prioritäten. Alle Anfragen an uns eint, dass am Ende der Kundenwunsch zählt. Denn dieser ist der Maßstab, wenn es um „bedarfsgerechte“ Beratung geht.

Gesetzliche Krankenkassen und private Anbieter kooperieren im Bereich der Krankenzusatzversicherungen seit Jahren. Welche Rolle spielen diese Kooperationen Ihrer Erfahrung nach bei der Vermittlung von Krankenzusatzversicherungen?

Wir spüren es meistens nur am Rande, dass es solche Kooperationen gibt. Unserer Wahrnehmung nach fragen Interessenten unabhängig von einer solchen Kooperation Zusatzversicherungen an. Vielmehr spielen eher persönliche oder familiäre Erfahrungen, die den Bedarf wecken, eine Rolle.

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Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin 02/2022

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