Der Münchener Versicherer Allianz kündigte im März 2022 an, seinen Telematik-Kunden einen Unfallmelder anbieten zu wollen. Dieser trägt den Namen DriveDot und soll das Schadenmanagement im Schadenfall vereinfachen. Dazu musste bisher ein Sensor im Fahrzeug befestigt werden. Sollte dann eine Unfallsituation anhand von Erschütterungen erkannt werden, solle dies automatisch über die BonusDrive-App an den Versicherer übertragen werden. Kurz darauf sollen bereits Schaden-Experten telefonisch Kontakt zum Versicherungsnehmer aufnehmen, um Kunden bereits am Schadenort Hilfe anzubieten und die Schadenregulierung zu besprechen.

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Kampf um sensible Auto-Daten

Neben den positiven Effekten rund um die Schadenregulierung könnte der Unfallmeldedienst der Allianz auch als Reaktion auf das europäische Auto-Notrufsystem E-Call gewertet werden. Denn die Onboard-Meldedienste wecken Begehrlichkeiten der Datensammler. Um diese Daten ist eine Debatte entbrannt, wer sie nutzen darf – und wer nicht. Vor allem die Versicherer hatten gemahnt, dass die wertvollen Informationen nicht allein den Autoherstellern vorbehalten bleiben dürfen. Deshalb hat die Allianz im Jahr 2018 vorgeschlagen, ein unabhängiger Treuhänder solle über diese Daten wachen.

Um einen Gegenpart für E-Call zu etablieren, hatte die deutsche Versicherungswirtschaft bereits im April 2016 ein eigenes automatisches Notruf-System gestartet. Doch dessen Erfolg hält sich bisher in Grenzen. Die Versicherer könnten im Kampf um die sensiblen Daten leer auszugehen. Denn die Automobilbranche will das Treuhänder-Modell nicht mittragen. Die Begründung: Es erzeuge zusätzliche Bürokratie und sei vor einem Missbrauch der Daten nicht sicher.

Tesla, Allianz und die Daten

Dass die Versicherer fürchten müssen, von diesen Daten ausgesperrt zu werden, zeigt das Beispiel Tesla. Der Tech-Gigant testet derzeit eine eigene Kfz-Versicherung in Texas und hat auch in Deutschland einen eigenen Standort für das Versicherungsgeschäft aufgebaut. Zudem verfüge das Unternehmen über ausreichend Daten seiner Fahrzeuge. In Echtzeit wird das Fahrverhalten ermittelt und kann anhand dessen die Prämie bestimmen. „Ihre monatlichen Zahlungen basieren auf Ihrem Fahrverhalten und nicht auf den herkömmlichen Faktoren wie Kreditwürdigkeit, Alter, Geschlecht, Schadenverlauf und Fahrtenbuch, die bei anderen Versicherungsanbietern verwendet werden“, schreibt Tesla auf der eigenen Webseite. Damit verzichtet der Konzern auf viele Merkmale, die üblicherweise zur Berechnung eines Kfz-Tarifs herangezogen werden wie etwa das Alter und die Zahl der Schäden.

Der Ansatz von Tesla zeigt den Weg, den nun auch die Allianz gehen könnte. Da es sehr wahrscheinlich ist, dass die Versicherer keine Daten aus dem E-Call-System erhalten, baut sich der Versicherer einfach seine eigene Datenbasis auf. Dabei könnte das Telematik-Angebot der Testballon für den kompletten Bestand werden. Zudem hat die Allianz mit dem internationalen Modulaufbau die Möglichkeit, den Unfallmelder auch außerhalb von Deutschland auszubauen. Ein weiterer Hebel sind Autobauer. Und: Genau hier will der Versicherer angreifen. Eine erste Kooperation hat die Allianz nun mit dem Automobilhersteller Audi festgezurrt. Denn der Unfallmelder ist ab sofort in Audi-Fahrzeugen mit vernetzten Fähigkeiten kostenlos aktivierbar. Konkret betrifft dies Anbindung Audi-Baureihen ab 2018. Die technische Anbindung sei über eine standardisierte Schnittstelle des Datenmarktplatzes Caruso erfolgt. Eine Anbindung weiterer Marken und Fahrzeughersteller solle in den nächsten Monaten schrittweise umgesetzt werden.

Nutzung vereinfacht

Die Fahrer von kompatiblen Fahrzeugen sollen eine persönliche Einladung erhalten, den Allianz Unfallmelder zu aktivieren. Für die Nutzung bedarf es stets die Zustimmung durch den Fahrer des jeweiligen Fahrzeugs. Die Installation einer zusätzlichen App oder der Einbau eines Sensors oder anderer Hardware ist damit nicht mehr notwendig.

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„Der Allianz Unfallmelder ist ein voll vernetzter Erkennungs- und Meldeservice im Schadenfall, bei dem die Informationen aus den Fahrzeugsensoren direkt an die Schadensachbearbeitung geleitet werden“, sagt Lucie Bakker, Schaden-Vorständin der Allianz Versicherungs-AG. „Die Allianz Versicherungs-AG baut damit ihre digitale und persönliche Unterstützung für Kundinnen und Kunden gerade im Schadenfall immer weiter aus.“

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