Seit 2018 besteht die Möglichkeit das Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersversorgung zu betreiben. Damals wurde die Neuerung in die betriebliche Vorsorgelandschaft im Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) festgeschrieben. Beim Sozialpartnermodell handelt es sich - vereinfacht formuliert - um eine Betriebsrente mit reiner Beitragszusage ohne Haftung des Arbeitgebers. Sie sollte dazu beitragen, dass insbesondere kleine- und mittelständische Unternehmen (KMU) häufiger Betriebsrenten anbieten.

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Das erste Modell nach dieser ‚Bauart‘ sollte eigentlich am 01. Juli 2021 starten. Talanx, Zurich und die Dienstleistungsgesellschaft ver.di einigten sich nach zähen Verhandlungen. Doch kurz vor dem geplanten Start wurde das Thema auf „unbestimmte Zeit“ verschoben. Für den Startschuss fehlt schlicht noch das grüne Licht der BaFin.

Bis April 2022 ruhte der See. Damals verkündete die Chemie- und Pharmaindustrie sich dem Thema anzunehmen und eine erste Nahles-Rente zu etablieren. Nun vermelden Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) eine Tarifvereinbarung. Auf einer Fachtagung in Berlin stellten die Gewerkschaft, der Arbeitgeberverband und die R+V die Eckpunkte des Modells vor. Aktuell bedarf es lediglich der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde BaFin. Wenn diese grünes Licht geben sollte, könnte die erste betriebliche Altersversorgung nach dem Sozialpartnermodell noch 2022 starten. Es wäre das Erste ihrer Art.

Bei der ersten Umsetzung ihres Branchen-Sozialpartnermodells greifen die Chemie-Tarifpartner auf den ChemiePensionsfonds der R+V zurück. Dieser ist mit mehr als 120.000 Versicherten einer der großen Pensionsfonds in Deutschland. „Wir in der Chemie sind die Ersten, die das dringend benötigte Sozialpartnermodell für eine ganze Branche zum Fliegen bringen werden. Das könnte die Basis sein für eine attraktivere, vielleicht auch für mehr betriebliche Altersvorsorge in Deutschland“, betont BAVC-Hauptgeschäftsführer Klaus-Peter Stiller. „Es ist eine wegweisende Entscheidung der Chemie-Sozialpartner, in der betrieblichen Altersversorgung künftig auf das Branchen-Sozialpartnermodell zu setzen. Wir sind stolz darauf, dass die Sozialpartner der Chemie auf die R+V als Partner setzen“, ergänzt Claudia Andersch, Vorstandsvorsitzende der R+V Lebensversicherung AG.

Beide Seiten hatten bereits im vergangenen Jahr eine tarifliche Pflege-Absicherung an den Start gebracht. Seit dem 1. Juli 2021 gibt es "CareFlex Chemie". Es ist auch hier die bundesweit erste arbeitgeberfinanzierte tarifliche Pflegevorsorge, die für alle Tarifbeschäftigten der Chemie- und Pharmaindustrie gelten soll. Die Branchenlösung im Bereich der Pflegevorsorge wurde ursprünglich von den drei Versicherern R+V Krankenversicherung, DFV Deutsche Familienversicherung und Barmenia Krankenversicherung angestossen. Inzwischen ist die DFV aus dem Konsortium ausgeschieden. Seither teilen sich R+V und Barmenia die Anteile paritätisch.

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Im November 2021 hatte die beiden Versicherer eine erste Bilanz gezogen. Demnach hätten sich zu diesem Zeitpunkt rund 430.000 Beschäftigte der chemischen Industrie über die arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherung CareFlex Chemie abgesichert. Damit würden fast alle der 409.000 tarifgebundenen Beschäftigten über ihren Arbeitgeber eine Pflege-Absicherung besitzen. Zahlreiche Arbeitgeber hätten zudem auch ihre außertariflichen Mitarbeiter in die erste branchenweite Pflegeabsicherung einbezogen.