Das ifo-Institut München hat sich für eine aktuelle Studie die Bankbilanzen privater Haushalte in Deutschland angeschaut. Und kommt zu einem wenig erfreulichen Ergebnis. Demnach konnten die Deutschen zwar in Corona-Zeiten mehr Geld zurücklegen. Doch innerhalb kurzer Zeit wurde der Mehrbetrag komplett aufgezehrt, sodass der private Konsum als Konjunkturmotor ausfallen wird. Mit anderen Worten: die Bürgerinnen und Bürger werden mit ihren Ausgaben die kriselnde Wirtschaft nicht stützen können.

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Erst Geld gespart, dann Geld entwertet

Konkret hat das ifo-Institut beobachtet, dass die Einlagen privater Haushalte bei Banken in Corona-Zeiten zunächst deutlich angeschwollen sind: vor allem zwischen dem zweiten Quartal 2020 und dem ersten Quartal 2021. „Legt man die durchschnittliche Sparneigung der fünf Jahre vor Ausbruch der Coronakrise zugrunde, wurden in dieser Zeit gut 70 Milliarden Euro mehr auf den Bankkonten geparkt als üblich“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Das vermehrte Sparverhalten ist zunächst verwunderlich, da viele Haushalte mit Einnahme-Ausfällen zu kämpfen hatten und entsprechend Geldreserven aufbrauchen mussten. Aber unter anderem waren Reisen und Freizeit-Aktivitäten während der Lockdowns nur sehr eingeschränkt möglich, was Menschen, die weniger stark von der Krise betroffen waren, die Möglichkeit zum Sparen bot. Eine Postbank-Studie hatte zudem ergeben, dass viele Bürgerinnen und Bürger weniger Geld ausgegeben haben, weil sie in Krisenzeiten ihr Geld zusammenhalten wollten: auch aus Angst vor zukünftigen Ausgaben und Einnahme-Ausfällen.

Doch wie gewonnen, so zerronnen: Diese Überschusseinlagen wurden bis zum Ende des ersten Quartals 2022 fast vollständig abgebaut, berichtet das ifo-Institut. Und im zweiten Vierteljahr setzte sich diese Entwicklung in beinahe unverändertem Tempo fort. „Die hohe Inflation dürfte dieses ‚Entsparen‘ der Haushalte maßgeblich getrieben haben“, so Wollmershäuser.

In den ersten Monaten 2022 konsumierten die Bürgerinnen und Bürger trotz Inflation deutlich mehr, berichtet der Ökonom: auch deshalb, weil sich nach Auslaufen vieler Beschränkungen vermehrt die Möglichkeit zum Geldausgeben bot. Doch die sogenannten Überschusseinlagen wurden bis zum Ende des ersten Quartals 2022 fast vollständig abgebaut. Spätestens seit der Jahresmitte zeichne sich „anhand vieler Frühindikatoren ein deutlicher Dämpfer ab“.

Höhepunkt der Inflation noch nicht erreicht?

Für die Inlands-Nachfrage bedeuten diese Ergebnisse nichts Gutes: Die Bürgerinnen und Bürger haben schlicht kein zusätzliches Geld übrig, um die Wirtschaft anzukurbeln. Und das, obwohl das Geld an Wert verliert. "Da die Sparpolster mittlerweile aufgebraucht sind und die Verbraucherpreise weiter kräftig steigen dürften, wird der private Konsum wohl im weiteren Verlauf des Jahres als Konjunkturmotor in Deutschland ausfallen", schreiben die Forscher.

Im Zweifel fehlt dann auch Geld, um notwendige Ausgaben zu tätigen. Die Inflationsrate erreichte im Mai 2022 mit 7,9 Prozent den höchsten Wert seit Beginn der Ölkrise 1973/74. Auch im Juli lag die Geldentwertung noch bei 7,5 Prozent. Doch vor allem die Nebenkosten-Abrechnung könnte im Herbst viele Bürgerinnen und Bürger vor unlösbare Aufgaben stellen. Die Bundesnetzagentur rechnet zum Beispiel damit, dass sich die Preise für Gas verdreifachen werden.

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Die Bundesbank warnt zudem, dass der Höhepunkt der Geldentwertung noch gar nicht erreicht ist. "Insgesamt könnte die Inflationsrate im Herbst eine Größenordnung von 10 Prozent erreichen", heißt es im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank - sie macht unter anderem die Gasumlage und Euro-Schwäche als Preistreiber aus. Was das für die Wirtschaft bedeuten könnte, zeigt eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW). 42 Prozent der 853 befragten mittelständischen Unternehmen fürchten demnach um ihre Existenz - auch aufgrund der Inflation und der explodierenden Energiepreise.

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