Die Luca-App war 2020 zunächst als Hoffnungsträger in Coronazeiten gefeiert worden: Mit prominenter Unterstützung von Smudo und den Fantastischen Vier empfahl sie sich als Tool, um Kontakte nach Veranstaltungen und Restaurant-Besuchen verschlüsselt nachzuverfolgen und vor Corona zu warnen. Sogar die Gesundheitsämter kooperierten mit dem Start-up und bezahlten Millionen für die Services. Obwohl die App in der Corona-Bekämpfung seit März keine Rolle mehr spielt, hat die Mutterfirma Culture4Life in einer aktuellen Finanzierungsrunde 30 Millionen Euro einsammeln können. Fortan soll Luca zur Bezahl-App umgebaut werden.

Anzeige

Das hat auch das Interesse von Julian Teicke geweckt, Gründer des InsurTechs und Onlineversicherers Wefox. Er wird den Vorsitz im Verwaltungsrat von Culture4Life übernehmen. Zu den Geldgebern gehören darüber hinaus Target Global, The Delta und Embedded/Capital. Nach Angaben des Geschäftsführers von Culture4Life, Patrick Henning, sei auch Rapper Smudo weiter am Unternehmen beteiligt. Mit der App soll künftig „das Buchen, Bestellen und Bezahlen in Restaurants oder auch Check-ins in Hotels“ möglich sein, wie Henning erklärt.

Das Interesse von Teicke am Anbieter der Luca-App ist verständlich: Sie kann im Zweifel für eigene Versicherungs-Bezahldienste genutzt werden und sogar in Konkurrenz zu den großen Bezahl-Anbietern treten, falls das Geschäftsmodell funktioniert. „Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, einen europäischen Champion zu formen, der in der Lage ist, großen Tech-Unternehmen wie Facebook und Google ein ethisches Datenmodell entgegenzusetzen“, lässt sich Teicke auf dem Luca-Blog zitieren. „Die Nutzer müssen ihre eigenen Daten nicht für Dienste eintauschen. Sie können selbst bestimmen, welche Daten zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck verwendet werden. Das ist das luca-Prinzip“, so Teicke. Der Firmengründer sei als Privatperson involviert, wie ein Unternehmenssprecher dem Versicherungsbote sagte.

Datenschutz sorgte schnell für Debatten

Doch es war gerade der Datenschutz, der die Luca-App als Coronadienst schnell in die Schlagzeilen brachte. Die Angriffspunkte waren zahlreich: unter anderem speicherte die App sensible Personendaten an zentraler Stelle und machte so auch einen Missbrauch personenbezogener Daten möglich, wie der frühere Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins bemängelte. Auch, dass es möglich war, sich mit falschen Kontaktdaten anzumelden und auf Veranstaltungen einzutragen, ohne wirklich dort zu sein, sorgte für Ärger. De facto ermögliche die App auch das Erstellen von Bewegungsprofilen. Neben dem Chaos Computer Club mahnte unter anderem das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik, dass es theoretisch möglich sei, über eine Schwachstelle verschlüsselte Daten abzufangen und zu missbrauchen.

Nachdem im Januar 2022 bekannt geworden war, dass die Mainzer Polizei unrechtmäßig auf Daten der Luca-App zugreifen konnte, um einen Todesfall aufzuklären, war die Verärgerung groß. Politiker von FDP und Grünen riefen dazu auf, die App sofort von den Smartphones zu deinstallieren. Culture4Life hatte nicht die Erlaubnis zur Verwendung der Daten gegeben und verurteilte den Missbrauch der Daten. Dennoch: Längst waren zu diesem Zeitpunkt weit mehr Bürger dazu übergegangen, alternativ die offizielle Corona-Warn-App zur Kontaktnachverfolgung zu nutzen. Sie hatte ein besseres Renommee.

Anzeige

Hier wird die Luca-App auch verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen müssen. Doch noch immer ist die Luca-App auf vielen Smartphones gespeichert: und persönliche Daten, zu deren Verwendung die Nutzer bei der Installation ihr Einverständnis erklärt haben. Hier sehen Marktbeobachter großes Potential. In wenigen Wochen sollen bereits die ersten Testversuche mit Restaurants laufen, um Luca als Bezahl-App zu etablieren.

Anzeige