Noch immer diskutiert die Politik über eine allgemeine Impfpflicht: Aber diese könnte schlicht an der fehlenden Digitalisierung des Gesundheitssystems scheitern. Denn der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hält eine solche Impfpflicht für schlicht nicht durchsetzbar, sollte sie auch von den gesetzlichen Versicherern überwacht und umgesetzt werden. Der Grund: Es fehle an ausreichend Papier.

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120 Millionen Schreiben?

Allein das Anschreiben aller Versicherter sei „mit Haus- und Bordmitteln der Krankenkassen unmöglich“, zitiert die „BILD“ aus einer Vorlage der GKV für eine Anhörung im Bundestag. Derzeit herrsche „in Europa ein akuter Papiermangel und somit fehlt Material für die rund 120 Millionen Schreiben“, die notwendig seien, um die Versicherten zu informieren. Auch fehle es den Krankenkassen zum Teil an den aktuellen Adressdaten der Versicherten, sodass sie gar nicht in der Lage sei, alle zu erreichen. Die hohe Zahl an Schreiben deutet darauf hin, dass die Versicherten mehrfach angeschrieben werden sollen.

Der Auftrag, die Briefe zur Impfpflicht auszusenden, müsse zudem europaweit ausgeschrieben werden. Auch deshalb sei es unrealistisch, die Informationen fristgerecht bis zum 15 Mai auszusenden. Doch nicht nur das: Die Krankenkassen fürchten laut „BILD“ auch um das Vertrauensverhältnis zu den Versicherten. Denn sie wären verpflichtet, Ungeimpfte an „Bußgeldstellen“ zu melden. Millionenfache Nachfragen und Beschwerden könnten darüber hinaus die hauseigenen Callcenter lahmlegen.

Ein weiterer Grund: Technisch sei es den Kassen gar nicht möglich, die Echtheit der eingereichten Impf-Zertifikate zu überprüfen. Auch das scheitert indirekt am fehlenden Digitalisierungsgrad: Ein fehlerfreier Nachweis sei nur bei digitalen Zertifikaten möglich. Der GKV-Spitzenverband fürchtet jedoch "millionenfache Fehler", sodass Geimpfte und Immunisierte zu Unrecht den Bußgeldstellen gemeldet werden.

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Ob eine Impflicht kommt und in welchem Umfang, ist aber umstritten. Fünf verschiedene Gesetzentwürfe will der Bundestag ab Donnerstag debattieren: von einer Pflicht für bestimmte Berufe und Risikogruppen, einer Allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren bis hin zu einem "Nein" und freiwilligen Beratungen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält weiterhin an einer Impfpflicht fest. "Die Impflücke schließen wir nicht mit Freiwilligkeit. Da muss die Impfpflicht her", appellierte er am Montag an die Parteien im Bundestag.

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