Laut dem World InsurTech Report 2021 von Capgemini und Efma sind inzwischen 50 Prozent der Versicherungskunden bereit, einen Vertrag online abzuschließen. Jedoch wollen bzw. können Kunden Entscheidungen über den Absicherungsbedarf vielfach nicht selbst treffen. Sie erwarten unabhängig von der zunehmenden Digitalisierung eine individuelle Beratung. Diese können reine Online-Plattformen mit anonymen Callcentern schlicht nicht leisten. Genau darin liegt die Chance für den Berater mit seiner hohen Kompetenz und dem erlangten Vertrauensvorschuss. Denn das persönliche Gespräch gibt dem Kunden Sicherheit bei seiner Entscheidungsfindung.

Anzeige

Aleksandar Jeremic, Geschäftsführer des Digital-Dienstleisters fino.fino.group

Das Problem indes: Versicherungsmakler verbringen laut dem Policen-Direkt-Maklerbarometer immer noch mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit IT und Bürokratie. Zeit, die ihnen für ihre Kernaufgabe fehlt, nämlich Kunden zu beraten und so Geschäft zu generieren. Andererseits wird das Thema Digitalisierung für den Vermittler immer wichtiger, weiß Roman Schwarze, IT-Vorstand des Maklerdienstleisters BCA: „Die Kunden erwarten kurze Reaktionszeiten sowie umfassende Informationen auf zahlreichen digitalen Kanälen. Durch den Einsatz digitaler Anwendungen können Makler sowohl den Arbeitsaufwand minimieren als auch den Beratungs- und Vermittlungserfolg optimieren.“ Zweifelsohne gehören hierzu Lösungen zum Verwalten von Policen, zum Fristen-Management oder für das elektronische Unterzeichnen von Verträgen. Damit befreien sich Makler bereits von vielen administrativen Arbeiten und sparen wertvolle Zeit. Das Ende der Fahnenstange ist damit allerdings noch nicht erreicht.

Hybride Beratung bedeutet mehr als Entlastung

Die Digitalisierung sorgt nicht nur für mehr Effizienz, sondern erzeugt vor allem einen wahren Boost im Vertrieb, vorausgesetzt, die Lösungen sind sofort einsatzbereit und erfordern keinerlei Installations- oder Wartungsaufwand. Ein Beispielszenario ist das Akquisegespräch, bei dem Versicherungsmakler gefordert sind, sich ein detailliertes Bild der finanziellen Situation ihres Gegenübers zu verschaffen. Das gründliche Auswerten und Sichten von Versicherungsunterlagen bzw. Einkommensnachweisen, bindet jedoch sowohl auf Kunden- als auch auf Beraterseite viel Zeit. Hier können Data-Analytics-Lösungen helfen, die Kundendaten in wertvolles Wissen zu verwandeln. Möglich wird dies durch die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 und den damit verbundenen Open-Banking-Access, der bereits bei vielen Zahlungsanbietern wie Klarna zum Standard geworden ist.

Konkret heißt das: Open Banking gepaart mit der richtigen Analyse-Software verschafft Beratern eine umfassende Sicht auf die Situation und Bedürfnisse des Kunden – denn anhand der ausgewerteten Kontotransaktionen können bestehende Versicherungen bzw. vorhandene Lücken unmittelbar erkannt werden. Dabei geht es nicht darum, Daten zu sammeln, sondern zeitsparend eine fundierte Grundlage zur Verfügung zu stellen, aus der passgenaue Beratungsangebote für das jeweilige Kundenbedürfnis abgeleitet werden können. Ein solcher Finanz-Check ist keine Raketenwissenschaft und lässt sich ohne Integrationsaufwand in den Beratungsprozess einbinden. Der Makler verschickt zusammen mit der Einladung zum Beratungsgespräch einen Link zum individuellen Finanz-Check. Der Kunde loggt sich wie gewohnt einfach und sicher in sein Online-Banking ein und gibt in dem geschützten Bereich seine Zugangsdaten ein. Mithilfe intelligenter Algorithmen werden Kontotransaktionsdaten des Kunden analysiert und so die bestehenden Verträge sowie vorhandene Lücken ermittelt. Auch der Kunde profitiert, weil er keine Versicherungsunterlagen bzw. Einkommensinformationen mühsam zusammenstellen und zum Termin mitbringen muss.

Kundennutzen rückt Datenschutz in ein neues Licht

Diese Herangehensweise steht nicht den hohen Datenschutzanforderungen in der Finanzbranche entgegen und erfolgt auch nur bei vorliegendem Kundeneinverständnis. Und die Bereitschaft dazu ist tatsächlich sehr hoch, wie eine Studie des Versicherungstechnologieunternehmens Cover Genius belegt. Demnach wünschen mehr als die Hälfte der Teilnehmer Embedded-Insurance-Angebote auf Basis von Kontotransaktionsdaten. Roman Schwarze erklärt dazu: „Der Blick der Kunden auf den Datenschutz hat sich in der letzten Zeit verändert, was nicht zuletzt in der Nutzung digitaler Dienste begründet liegt. Dort, wo sich dem Kunden Convenience bietet und er transparent erfährt, was mit seinen Daten passiert, ist er durchaus bereit, sein Einverständnis zur Datennutzung zu geben.“ Das ist beim Open-Banking genau der Fall. Der Berater kann mit dem Argument punkten, dass man sich mit der Auswertung von Kontotransaktionsdaten eine zeitintensive Befragung über die Finanzverhältnisse spart. Hier hat der Kunde einen nachvollziehbaren Mehrwert. Wichtig ist, dass die Open-Banking-Lösung die PSD2-Richtlinie erfüllt und der Anbieter BaFin-zertifiziert ist.

Fazit

Makler, die die Stärken einer persönlichen Kundenberatung mit denen digitaler Kommunikationswege verbinden, können das Potenzial beider Welten ausschöpfen. Dies gelingt, wenn sie digitale Lösungen an geeigneten Stellen in ihren Beratungsprozess einbinden. Mithilfe eines digitalen Finanz-Checks können sie sich optimal auf einen Beratungstermin vorbereiten und passgenaue Angebote unterbreiten. Gleichzeitig wächst das Verständnis für den individuellen Bedarf des Kunden, was sich wiederum positiv auf die Kundenbindung auswirkt. Insbesondere bei Life-Changing Moments, wie Heirat, die Gründung einer Familie oder der Eintritt in die Rente, sollten die finanzielle Situation des Versicherten sowie seine bestehenden Policen neu überprüft und bewertet werden. Auch dann ist ein digitaler Finanz-Check für beide Seiten deutlich effizienter als das mühsame händische Zusammentragen der Fakten.

Anzeige