Die Generationen Stiftung wurde 2017 in Berlin gegründet, um einen Dialog zwischen den Generationen anzustoßen: auch, um praxisnahe Vorschläge in die Politik einzubringen, wie das Miteinander der Generationen mit Blick auf Klimaschutz, Wirtschafts- und Rentenpolitik gerechter gestaltet werden kann. Doch der Jugendrat der parteiübergreifenden Ideenschmiede zeigt nun ausgerechnet beim Koalitionsvertrag der angehenden Ampel-Koalitionäre mit dem Daumen nach unten. Aktivistin Friederike Zurhake stellt dem Papier ein vernichtendes Urteil aus: Dieser sei „Verrat an jungen Menschen“.

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“In den wichtigsten Aspekten der Generationengerechtigkeit zeugt der Koalitionsvertrag von Perspektivlosigkeit“, sagt Zurhake in einem Interview mit spiegel.de. Das betreffe zunächst die Klimapolitik: Diese gehe meilenweit am 1,5-Grad-Ziel vorbei, das nötig sei, um die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu schützen. Die angestrebte Klimaneutralität bis 2045 komme zu spät. Zudem seien die Ziele nur sehr vage ausgedrückt. Der Kohleausstieg solle beispielsweise „bis idealerweise 2030“ erfolgen: Hier spricht die Sorge aus den jungen Menschen, dass die ergriffenen Maßnahmen vage bleiben und Ziele verwässert werden.

Generationengerechtigkeit auch bei Rente nicht gegeben

Generationengerechtigkeit sei aber auch mit Blick auf die Rente nicht gegeben, bemängelt Zurhake. „Das Konzept der Ampelparteien zur Rentensicherung führt den Generationenvertrag ad absurdum. Sogar der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums warnt vor schockartigen Finanzierungsproblemen der Rente ab 2025“, sagt sie. Es fehle aber im Koalitionsvertrag an Vorschlägen, wie die Rente langfristig finanziert werden könne. Dieser Aufgabe hätte sich die Ampel einfach entzogen.

“Was soll das für eine »Zukunftskoalition« sein, wenn sie die Sicherheit der Rente nur bis 2025 garantieren kann?“, pointiert die Psychologie-Studentin. Für junge Menschen sei es völlig unklar, ob sie überhaupt noch eine Chance auf eine Rente hätten. Sie kritisiert, dass weder Kürzungen der Rente vorgesehen seien noch eine Anhebung des Rentenalters. Zudem würden sich finanziell starke Schultern der Finanzierung der Rente entziehen: Selbstständige, Beamte, Abgeordnete.

Allerdings gibt es auch Punkte, die vom Jugendrat explizit begrüßt werden: und wo er ein Entgegenkommen der angehenden Koalitionäre sieht. Unter anderem das geplante Wahlrecht ab 16 Jahren, eine angedachte Kindergrundsicherung, die Anhebung des Mindestlohns sowie ein höheres Bafög finden Zuspruch des Jugendgremiums. Auch, dass Robert Habeck als Minister Wirtschaft und Klimaschutz in einem Ressort vereinen will, sei ein echter Fortschritt: „Bisher waren das ja immer Pole, die als unvereinbar galten“, sagt die Aktivistin.

Nur wenig Neues beim Thema Rente

Tatsächlich haben SPD, FDP und Grüne mit Blick auf die gesetzliche Rente nur wenige Reformen geplant. Weitestgehend schreiben die angehenden Koalitionäre die Politik der scheidenden Regierung fort:

So wird unter anderem im Koalitionsvertrag am Prinzip der „doppelten Haltelinie“ festgehalten. Das Rentenniveau soll demnach bei mindestens 48 Prozent gesichert werden. Hier werden die Altersbezüge eine Rentners, der 45 Jahre lang das Durchschnittseinkommen verdiente und entsprechend in die Rentenkasse einzahlte, ins Verhältnis gesetzt zum durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin. Auch der Beitragssatz zur Rente soll nicht über 20 Prozent des Bruttoeinkommens steigen, zusätzliche Bundesmittel sollen im Zweifel den Beitrag stabil halten. Explizit sichern die Koalitionäre zu, das Renteneintrittsalter nicht über die ohnehin geplante Anhebung -67 Jahre bis zum Jahr 2031- weiter raufzusetzen.

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Gleichwohl sind auch Maßnahmen geplant, um den Rentenbeitrag zu stabilisieren. 10 Milliarden Euro sollen in einen zusätzlichen Kapitalstock bei der Rentenkasse fließen, der vermehrt in Aktien und Fonds investieren darf. Auch soll der sogenannte Nachholfaktor schon 2022 wieder in Kraft gesetzt werden. Der Hintergrund: Die Entwicklung der Renten ist an jene der Löhne und Beschäftigungszahlen gekoppelt. Seit 2009 aber dürfen Renten auch dann nicht mehr sinken, wenn die Beschäftigten in Krisenzeiten Lohneinbußen erleiden. Der Nachholfaktor sorgt dafür, dass die Renten im Folgejahr dann weniger stark steigen und die verhinderte Rentenkürzung rechnerisch ausgeglichen wird.

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