Mit dem Alterseinkünftegesetz wurde zum Jahresbeginn 2005 die sogenannte nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Seitdem wird bei Rentenbeginn der zu versteuernde Anteil der Rente ermittelt. Dieser einmalig festgelegte prozentuale Anteil gilt dann bis zum Ende des Rentenbezuges. Bei einem Rentenbeginn im Jahre 2005 beträgt der Anteil der Besteuerung 50 Prozent. Für jeden hinzukommenden Rentenjahrgang wird der Besteuerungsanteil erhöht, und zwar Jahr für Jahr um 2 Prozentpunkte und ab 2021 um 1 Prozentpunkt. Ab dem Renteneintrittsjahrgang 2040 unterliegen die Renteneinkünfte dann zu 100 Prozent der Besteuerung.

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Nach Ansicht der FDP kommt es bei dieser Vorgehensweise allerdings zu einer sogenannten Doppelbesteuerung. Nämlich dann, „wenn Renten versteuert werden, soweit deren Finanzierung aus Rentenversicherungsbeiträgen stammt, die ganz oder teilweise aus dem zu versteuernden Einkommen der Vorjahre finanziert wurden.“ Die Liberalen weisen darauf hin, dass die Beitragszahlungen zur Rentenversicherung – u.a. wegen der Höchstbetragsregelungen zum Abzug bei Vorsorgeaufwendungen – in vielen Fällen nicht vollständig abziehbar waren. Folge: Ein Teil der späteren Rentenansprüche basiert zunehmend aus dem im Erwerbsleben erzielten Nettoeinkommen. Besonders betroffen seien davon Selbstständige, schreibt die FDP, weil diese im Laufe ihrer Lebensarbeitszeit keinen steuerfreien Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung erhalten.

Doppelbesteuerung: FDP fordert Beweislastumkehr

Die FDP fordert deshalb, dass dem Steuerpflichtigen auf Antrag die Möglichkeit eingeräumt wird, dass die Finanzverwaltung seinen Sachverhalt individuell prüft. Das würde einer Beweislastumkehr entsprechen. „Nicht mehr der Steuerpflichtige muss belegen, dass eine Doppelbesteuerung vorliegt, sondern der Staat muss belegen, dass dies nicht der Fall ist“, so eine Kernforderung der FDP. Die Liberalen halten es nicht für zumutbar, dass Steuerpflichtige über lange Veranlagungszeiten hinweg gegenüber der Finanzbehörde den Beweis einer Doppelbelastung führen müssen.

Bundesregierung: „Doppelbesteuerung ausgeschlossen“

Die Bundesregierung hingegen vertritt die Auffassung, dass „auch der steuerpflichtige Teil der Rente in hinreichendem Maße steuerunbelastet zufließt und eine ‚Doppelbesteuerung‘ von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen damit ausgeschlossen ist.“ Gleichwohl räumt sie ein, dass bei der Beantwortung der Frage, ob und wann es zu einer „doppelten Besteuerung“ von Renten kommen kann, „rechtliche Bewertungen bestimmter steuerlicher Sachverhalte eine wesentliche Rolle“ spielen. Wie allerdings die steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge zu ermitteln sind, wird - voraussichtlich - erst der Bundesfinanzhof (BFH) festlegen. Dort läuft ein entsprechendes Revisionsverfahren (X R 33/19). Nicht das einzige: Der BFH wird sich auch unter Aktenzeichen X R 20/19 mit Fragen zur vermeintlichen Doppelsteuerung von Renten befassen. Auch vor dem Finanzgericht des Saarlands wird ein solches Verfahren geführt (Az: 3 K 1072/20). Insgesamt sind bundesweit 142.000 Einspruchsverfahren anhängig, die sich gegen die vermeintliche Doppelbesteuerung der Alterseinkünfte richten. Das geht aus der Antwort (Drucksache 19/28581) der Regierung auf eine entsprechende Anfrage der FDP hervor.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat inzwischen die Termine zur mündlichen Verhandlung in den beiden Verfahren bekanntgegeben. Jeweils am 19.05.2021 will der X. Senat des BFH verhandeln. Die Entscheidung des Gerichts wird voraussichtlich Ende Mai 2021 verkündet.

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Vom Ausgang dieser beiden Verfahren wird abhängig sein, ob sich finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt ergeben. Rücklagen für den Fall, dass die Gerichte die Auffassung der Bundesregierung zur ‚Doppelbesteuerung‘ nicht teilen, hat die Bundesregierung nicht gebildet.