Es war ein Schreiben im Juni 2020, das die Beschäftigten beim Autobauer Opel in Alarmbereitschaft versetzt hat. Man strebe eine „grundlegende Modernisierung unserer betrieblichen Altersversorgung“ an, so ließ Personalvorstand Ralf Wangemann die Belegschaft wissen. In Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen bedeutet das nichts Gutes, zumal es in dem Schreiben auch hieß, die Betriebsrenten seien „gewichtiger Kostenfaktor“. Ein kaum verklausulierter Hinweis, dass der Autobauer bei den Renten den Rotstift ansetzen will.

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Seit dieser Zeit sind die Fronten zwischen dem Vorstand des Autobauers und den Arbeitnehmer-Vertretern verhärtet, eine Lösung nicht in Sicht. Und der Konflikt könnte sich nun weiter zuspitzen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Dienstag berichtete, erhebt die IG Metall im Betriebsrat nun schwere Vorwürfe gegen das Management. Demnach sollen die Betriebsrenten um 80 Prozent gesenkt werden, wie in einem entsprechenden Flugblatt behauptet werde. „Das ist ein Skandal“, positioniert sich die Gruppe. Jeder Beschäftigte solle zudem nur noch etwa 80 Euro im Monat erhalten.

Die Konzernspitze wies diese Aussage aber umgehend zurück. „Die Behauptung des Betriebsrats, dass Opel mit der Neuordnung der Altersversorgung 80 Prozent der ,Betriebsrenten‘ reduzieren möchte, ist schlicht falsch“, teilte ein Sprecher der FAZ mit. Maximal 80 Euro pro Monat seien ebenfalls nicht zutreffend.

Von vorn herein verhärtete Fronten

Tatsächlich war der Ton im Streit um Betriebsrenten von Anbeginn rau. Als Wangemann im Sommer gegenüber den Beschäftigten ankündigte, dass man bei den Betriebsrenten nachbessern müsse, hoffte er auf das Verständnis der Betroffenen. Allein der Ausgleich der Zinsen für die Betriebsrente erfordere jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag.

In Zahlen: 2018 hat Opel 65 Millionen Euro an Pensionsrückstellungen sowie 180 Millionen für Zinsen aus den Pensionspflichten aufwenden müssen. Der Betriebsrat reagierte seinerseits mit einem Rundschreiben. „Hände weg von der Opel-Altersversorgung“, hieß es darin: Und wertete den Vorstoß indirekt als Affront gegen die eigenen Mitarbeiter, die ohnehin unter einem strengen Umbauprogramm und Stellenstreichungen zu leiden hätten.

Noch 5 Prozent Rendite

Tatsächlich erwerben die rund 15.000 Angestellten relativ hohe Ansprüche. Die Betriebsrente bei Opel ist zu 100 Prozent arbeitgeberfinanziert: laut konzerneigenen Angaben liegt der Zins auf die Jahresrenten im Schnitt bei rund fünf Prozent. Und das in Zeiten, in denen Garantien mit vornehmlich langfristigen Anleihen abgesichert werden müssen, die kaum noch was abwerfen. Das Pensionsvermögen der Mitarbeiter beläuft sich auf 2,8 Milliarden Euro.

Doch welche Ziele verfolgt die Konzernführung genau? Das ist unklar. Noch vor wenigen Tagen hieß es, dass die „Dynamisierung der Besitzstände“ eingestampft werden solle: Das hätte zur Folge, dass die Beiträge jährlich automatisch anwachsen. Auch, dass ältere Betriebsrentner lebenslang ihre Bezüge erhalten, stehe zur Debatte: Betroffen sind hier aber überwiegend langjährige Beschäftigte, die bereits seit 1995 bei den Rüsselsheimern arbeiten.

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In dem Flugblatt berichten die IG Metall-Vertreter nun, dass künftig die Beschäftigten jeweils ein Drittel der Beiträge selbst zahlen sollen. Verwaltet werden sollen die Beiträge von einem Fonds, der um die vier Prozent pro Jahr abwerfen solle. Die Chefetage rechne zudem mit einem Lohnplus von drei Prozent pro Jahr: ohne, dass es ein Anrecht darauf gebe. Garantiert werde aber lediglich die von der Firma eingezahlten Gelder: im Mittel etwa 1.000 Euro. Informationen, die der Opel-Sprecher nun gegenüber der F.A.Z. dementiert.

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