Die Geburtshilfe durch Hebammen hat in Deutschland einen schwierigen Stand: Das liegt auch an steigenden Haftpflichtprämien. Mussten Hebammen im Jahr 1981 noch 30,68 Mark per annum für den Haftpflicht-Schutz zahlen, so waren es in 2018 schon knapp 8.174 Euro. Wiederholt warnten Interessenverbände, dass schon aufgrund der Versicherungskosten der Beruf bedroht ist - zumindest für freiberuflich Tätige.

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Am Freitag melden nun der Deutsche Hebammenverband (DHV) und der Spezialmakler Hevannia Versicherungsdienst GmbH, dass sich beide Parteien auf einen neuen Rahmenvertrag für die Hebammen-Haftpflicht einigen konnten. Gültig ist er bis Mitte 2024, rund 15.000 Geburtshelferinnen und -helfer sollen davon profitieren. Versicherungsgeber ist keine einzelne Gesellschaft, sondern ein Konsortium mehrerer Anbieter, das die Versicherungskammer Bayern anführt.

„Ich freue mich sehr über den neuen Abschluss eines Mehrjahresvertrages“, sagt Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbandes. „Er gibt den Kolleginnen in der Geburtshilfe Planungssicherheit für die kommenden Jahre, in denen wir uns mit Nachdruck für die notwendigen Vergütungssteigerungen für Hebammen einsetzen werden.“

Wie es im Pressetext weiter heißt, gilt der neue Gruppenvertrag ab Juli 2021. Zugleich wurde die Deckungssumme für schwere Personenschäden raufgesetzt. "Die Summe beträgt ab Mitte nächsten Jahres 12,5 Millionen Euro für einen schweren Geburtsschaden, das sind noch einmal 25 Prozent mehr als derzeit", teilte dem Versicherungsboten ein Sprecher von Hevannia Versicherungsdienst mit.

Prämien für Geburtshilfe steigen erneut

Einen Wermutstropfen gibt es aber für jene Hebammen, die auch Geburtshilfe leisten: Sie müssen erneut steigende Prämien akzeptieren. Für diese Gruppe klettern die Beiträge um 15 Prozent im ersten und jeweils zehn Prozent im zweiten und dritten Jahr der Vertragslaufzeit. Grund hierfür seien stark steigende Schadenaufwendungen in den letzten Jahren.

„Bei dem sogenannten qualifizierten Versicherungsschutz, der die besonderen Risiken der Geburtshilfe abdeckt, war eine Anpassung der Prämien […] nicht zu vermeiden“, kommentiert DHV-Präsidiumsmitglied Ursula Jahn-Zöhrens. Dieses Beitragsplus werde aber durch den ebenfalls steigenden staatlichen Sicherstellungszuschlag abgemildert. In welchem Umfang, zeigen Beispiel-Rechnungen für die letzten beiden Jahre (siehe Grafik).

Berechnungsbeispiel: Bei Hebammen mit Geburtshilfe zahlt der GKV-Spitzenverband einen Sicherstellungszuschlag, um die enormen Haftpflichtkosten aufzufangen.gkv-90prozent.de

Der Sicherstellungszuschlag muss von den Hebammen individuell beantragt werden: Anrecht hat jede Hebamme, die pro Quar­tal min­des­tens eine bzw. vier ge­burts­hilf­li­che Leis­tun­gen im Ver­si­che­rungs­jahr er­bracht hat. Grundlage ist das GKV-Fi­nanz­struk­tur- und Qua­li­täts-Wei­ter­ent­wick­lungs­ge­setz (GKV-FQWG) aus dem Jahr 2014.

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Der finanzielle Ausgleich war auch dringend notwendig. Immer mehr freie Hebammen zogen sich in den letzten Jahren aufgrund der steigenden Kosten aus der Geburtshilfe zurück und konzentrierten sich auf Wochenbett-Betreuung und Schwangerschafts-Vorsorge. Eine flächendeckende Versorgung ist nicht mehr gewährleistet, denn zur Zeit bieten bundesweit nur gut 2.600 Hebammen tatsächlich Geburtshilfe an. In Deutschland hat jede werdende Mutter das Recht zu entscheiden, ob sie ihr Kind in einer Klinik oder per Hausgeburt zur Welt bringen will.

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