Sollen die Deutschen länger arbeiten? Das hat eine von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) eingesetzte Kommission zur Zukunft der Sozialversicherung vorgeschlagen. Der Lobbyverband will die Regelalterszeit auch nach 2031 weiter anheben: Steigt die Lebenserwartung um ein Jahr, sollen die Menschen ein Dreivierteljahr länger arbeiten müssen. Doch damit nicht genug: Wer zeitiger in Rente geht, soll auch deutlich höhere Abschläge von seiner Rente akzeptieren als bisher. „Länger arbeiten? Wunderbar!“, twitterte WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt als Kommentar. Im Gespräch ist eine Lebensarbeitszeit von 70 bis 75 Jahren.

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“Wer härter arbeitet, stirbt früher“

Gegen diese Pläne hat sich nun der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ausgesprochen: Er lehnt es kategorisch ab, das Rentenalter weiter raufzusetzen. „Ein höheres Renteneintrittsalter ist völlig inakzeptabel. Das wäre de facto eine Rentenkürzung für die Menschen, die einer stark belastenden Tätigkeit nachgehen. Denn wer härter arbeitet, stirbt früher“, sagt Anja Piel, Mitglied im DGB-Bundesvorstand, der "Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Die Vorständin kann sich unter anderem auf eine Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) im Auftrag des DGB berufen. Ein Ergebnis: Wer in seinem Arbeitsleben hohen Belastungen ausgesetzt ist, stirbt früher als andere, wie ein Blick auf ausgewählte Berufe ergab. Danach haben zum Beispiel Beschäftigte im Bergbau nach Erreichen des 65. Lebensjahres statistisch gesehen noch etwa 11 Jahre zu leben, Techniker dagegen rund 17 (Männer) oder sogar knapp 20 Jahre (Frauen).

“Über alle Branchen und Berufsgruppen hinweg liegt diese so genannte ferne Lebenserwartung [Lebenserwartung ab 65 Jahren - Anm.Redaktion] bei Menschen mit einer sehr niedrigen Arbeitsbelastung knapp zwei Jahre über dem Durchschnitt, bei Menschen mit einer sehr hohen Belastung ein Jahr darunter“, so berichten die Studienautoren. Wer schwer arbeitet, stirbt also nicht nur früher - sondern erhält mit Blick auf die Lebenszeit auch weniger Rente für die eingezahlten Beiträge.

"Für höhere Erwerbsbeteiligung sorgen"

Statt das Rentenalter anzuheben, will Anja Piel auf der Einnahme-Seite schrauben. Viel nachhaltiger sei es, "weiterhin für eine hohe Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung, insbesondere der Frauen, Migranten und Migrantinnen zu sorgen", fordert die Gewerkschafterin gegenüber der NOZ.

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Derzeit liegt der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge bei etwa 40 Prozent des Bruttolohns, so hatten die Arbeitgeber vorgerechnet: hierzu gehören Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung. Diese Beiträge werden paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt. Die BDA-Kommission prognostiziert, dass sich bis 2040 der Betrag auf 50 Prozent erhöhen wird, unter anderem aufgrund einer steigenden Zahl von Rentnern.

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