Das neue Coronavirus legt ganz Deutschland lahm. Wie stark hat die Corona-Pandemie Ihr Unternehmen in den Bann gezogen?

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Die Krise lässt uns natürlich nicht unberührt. Die Umstellung auf die Arbeit aus dem Homeoffice ist uns reibungslos gelungen. Trotzdem vermissen alle Kollegen die ‘echten’ Begegnungen und Kontakte im Büro. Aus der Unternehmensperspektive sehen wir die Krise eher gelassen. Der März war der bisher stärkste Monat in unserer Geschichte. Wir konnten 10.000 Neukunden gewinnen und außerdem unser Versicherungsportfolio weiter ausbauen. Der Corona-Bann hat Getsafe also nicht erreicht.

Viele kleine und junge Unternehmen bangen aktuell um ihre Zukunft. Welche Perspektiven haben nun beispielsweise Insurtechs?

Viele Insurtechs profitieren aktuell stark von ihrer soliden technischen Infrastruktur und davon, dass sie 100% digital funktionieren. Wer nicht auf physische Vertriebsstrukturen und papierbasierte Prozesse angewiesen ist, ist aktuell klar im Vorteil. Die Corona-Krise treibt die digitale Transformation in der Gesellschaft voran – und setzt so auch die Versicherungsbranche unter Zugzwang, digitaler zu werden. Insurtechs sind schon längst auf dem neuesten technologischen Stand angekommen, verfügen über Erfahrung im Digitalvertrieb und haben nicht zuletzt einfach das passende Mindset, um konstruktiv mit den neuen Herausforderungen umzugehen. Digitale Lösungen sind gerade gefragter denn je. So werden auch Kunden auf das Thema aufmerksam, die sich bisher weniger für digitale Versicherungen interessiert haben. Corona verschafft Insurtechs so auch langfristig gesehen eine breitere Präsenz auf dem Markt.

Tendenziell wird es in vielen Bereichen zur Bereinigung des Marktes kommen? Welche Unternehmen werden nicht überleben?

Versicherer und insbesondere Agenten und Makler, die sich nicht an digitale Strukturen angepasst haben, werden Schwierigkeiten bekommen. Das wird vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen betreffen. Die Krise wird sie noch weiter zurückwerfen als bisher. Zwar verzeichnen auch die großen traditionellen Versicherer wie Axa und Allianz an der Börse momentan starke Verluste, sie werden aber nicht in Konkurs gehen.

Für unterfinanzierte Startups kann es jetzt allerdings besonders gefährlich werden, da die Finanzierung in den nächsten Monaten zurückgehen wird. Einige von ihnen, vor allem die Insurtechs in einem sehr frühen Stadium, könnten scheitern, weil sie keinen Zugang zu Risikokapital haben werden.

Was kann die Branche aus der aktuellen Krise lernen?

In der Krise offenbart sich, wie stark ein digitales Geschäftsmodell ist. Die plötzlichen neuen Umstände haben es erforderlich gemacht, die betrieblichen Strukturen rasch umzustellen. Und in den Branchen, für die das überhaupt möglich war, zeigte sich: Am flexibelsten sind die Unternehmen, die zeitgemäß, das heißt digital agieren. Die Krise und das soziale Isolationsgebot zwingt uns alle, möglichst alles von Zuhause aus zu erledigen. Eine Versicherung über das Smartphone abschließen war vor der Krise bequem, aktuell fast schon geboten.

Wie wird sich der Vertrieb der Zukunft durch die Coronakrise ändern?

Weg von papierbasierten und personalintensiven Prozessen, hin zu einem digitalen Direktvertrieb, der ohne Makler auskommt und stattdessen technologiebasiert aufgezogen ist. In der Corona-Krise sind die Menschen jetzt viel mehr am Handy und PC – und dahin muss sich auch der Vertrieb verlagern.

Die Zahl der Vermittler ist in den vergangenen Jahren schon merkbar zurückgegangen. Welche Chancen räumen Sie Vertretern und Maklern für die Zukunft ein?

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Als selbständiger Versicherungsvermittler im Vertrieb zu arbeiten, wird für die kommenden Generationen immer weniger attraktiv. Der Fokus auf Digitalität und das Angebot einer gut ausgebauten Technologie wird nicht nur von Kunden erwartet, sondern auch von potentiellen Mitarbeitern erwünscht. Meine Einschätzung: In fünf Jahren findet das Maklergeschäft keinen Nachwuchs mehr, in zehn Jahren stehen mittelständische Versicherer vor existenziellen Schwierigkeiten, in 20 Jahren hat keiner mehr Policen aus Papier im Schrank stehen. Um den Herausforderungen zu begegnen, die sich durch Corona lauthals ankündigen, brauchen etablierte Versicherer nicht nur einen technologischen Wandel, sondern vielmehr einen Mentalitätswandel.

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