Ein Gastbeitrag von Markus Mingers, Rechtsanwalt im Bereich Verbraucherrecht sowie Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht. Seit mehr als 13 Jahren ist er sowohl als Anwalt tätig, als auch Inhaber der Kanzlei Mingers.

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Versicherungsrechtliche Relevanz von Stürmen

Die Sturmsaison ist noch nicht zu Ende: Nach dem Sturmtiefs Sabine und Victoria droht jetzt Gefahr von Bianca. Vor allem im Süden Deutschlands sind kräftige Schneefälle auch in Tieflagen zu erwarten. Doch welche Versicherung zahlt für die angerichteten Sturmschäden? Die wichtigsten Fakten im Überblick!

Ein Sturm ist in den Versicherungsbedingungen für Wohngebäude als wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 definiert. Stürme werden darüber hinaus durch die sogenannte Beaufort-Skala eingestuft. Erst ab Stufe 8 wird ein Sturm als solcher klassifiziert und erlangt versicherungsrechtliche Relevanz. Dies entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 Kilometern pro Stunde. Zum Vergleich: Orkantief Sabines Einschätzung lag bei Stufe 10, zum Teil sogar 12. Dies ist auch für Versicherungen der gängige Weg, um Stürme zu beurteilen.

Manche Versicherungen haben jedoch strengere Ausschlussklauseln festgelegt. Diese müssten aber nochmal gesondert geprüft werden, da sie nichtig wären, wenn sie den Versicherungsnehmer ungerechtfertigt benachteiligen.

Welche Kosten werden übernommen?

Markus Mingers ist Rechtsanwalt im Bereich Verbraucherrecht sowie Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht.Kanzlei Mingers Verschiedene Versicherungsarten sind für verschiedene Schadensereignisse hervorgerufen durch einen Sturm zuständig. Grundsätzlich begleicht die Gebäudeversicherung Schäden am Haus und geschädigte Einrichtungsgegenstände, sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen sind durch die Hausratsversicherung abgesichert. Normalerweise sind jedoch nur Schäden durch die Elementargefahren Sturm, Hagel, Frost und Blitzschlag erfasst.

Weitergehende Elementarschäden wie Überflutung, Starkregen, Hochwasser, Schneedruck, Lawinen/Erdrutsch und Erdbeben sind nicht versichert. Dafür müsste die Elementarschadensversicherung als Zusatzoption zur Gebäude- und Hausratsversicherung abgeschlossen worden sein. Manche Versicherungsanbieter haben die Naturgefahrenversicherung schon in die Versicherungen integriert, das hängt allerdings vom Anbieter und Zeitpunkt des Abschlusses ab.

Bei Sturmschäden am eigenen Auto greift die Teil-Kaskoversicherung ein, außer der Fahrer fährt gegen einen umgestürzten Baum. Dann handelt es sich um einen Unfall, der nur von einer Vollkaskoversicherung abgedeckt wird.

Wann muss ich Schäden selbst zahlen?

Grundlegend geht es um die Haftung für die Sturmschäden, sofern man als Besitzer eines Hauses oder Grundstücks selbst Dritten einen Schaden zufügt. Gemäß den Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) besteht die Haftung darin, dass ein Schuldner gegenüber einem Gläubiger eine Pflicht zu erbringen hat, gegebenenfalls sogar mit seinem Privatvermögen. Unterschieden wird weiter zwischen gesetzlicher und beschränkter Haftung. Ein Sturm stellt als Naturkatastrophe eine höhere Gewalt dar, was jedoch nicht von der Haftung für sein Eigentum entbindet.

Bis zur Stufe 12 auf der Beaufort-Skala kommt es darauf an, ob der Eigentümer seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Darunter zählt die mustergültige Befestigung von beispielsweise Dachziegeln, das Wegräumen von losen Gartenmöbeln und Blumenkübeln oder zumindest die Sicherung dieser. Ein regelmäßig überprüftes Dach sollte bei einer Windgeschwindigkeit von bis zu 118 Kilometern pro Stunde nicht beschädigt werden. Der BGH legte in einem Urteil (VI ZR 176/92) fest, dass die Haftungspflicht sowie die Vorsorgepflicht bei der Sicherung von Dächern den Verwalter des Wohneigentums trifft. Wurde die Sorgfaltspflicht nicht verletzt, haftet die Versicherung.

Die Sorgfaltspflicht wird auch überprüft, wenn das Auto eines Nachbarn durch einen Baum beschädigt wird, der sich ursprünglich auf meinem Grundstück befunden hat. Hat der Eigentümer sich an alle Vorschriften bezüglich des Pflanzens und der Pflege gehalten, zahlt die Kaskoversicherung des KFZ-Halters. Wurde der Baum nicht gefällt oder andere Sicherheitsvorkehrungen getroffen, obwohl diese angebracht waren werden Schäden bei einem anderen prinzipiell von der Haftpflichtversicherung übernommen.

Beweispflicht des Versicherungsnehmers

Jedoch steht der Grundstücksinhaber in der Beweispflicht, dass er seinen Pflichten nachgekommen ist und dass die Schäden durch den Sturm entstanden sind. Die Beweispflicht muss im Sinne und aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ausgelegt werden, so dass eine Unmittelbarkeit durch den Sturm schon gegeben ist, wenn zwischen Sturm und den Schaden keine weitere Ursache tritt (vgl. auch OLG Karlsruhe 12 U 251/04).

Wenn der Druck oder Sog aufprallender Luft die Substanz des Hauses beschädigt oder zerstört, ist immer Unmittelbarkeit gegeben. Der Versicherer könnte bei reiner Mitursächlichkeit des Sturms einen Haftungsausschluss erreichen, also wenn der Sturm beispielsweise nur ein anderes Naturphänomen auslöst, dass dann ursächlich für den Schaden wird (vgl. auch BGH Urteil IV a ZR 51/82). Unmittelbar wäre der Schaden trotzdem, wenn während des Sturms ein Baum auf das Dach des Gebäudes fällt (vgl. LG Dortmund 2 O 240/11).

Jedoch muss nicht die genaue Windstärke nachgewiesen werden, die das Haus getroffen hat. Es reicht, wenn ausreichende Sturmstärken in der Gegend von Wetterstationen gemessen wurden (vgl. OLG Karlsruhe Az. 12 U 251/04).

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Der Schaden muss unverzüglich der Versicherung gemeldet werden. Dazu müssen alle Schäden genauestens dokumentiert werden. Einfachste Methode dafür wären Vorher-Nachher-Fotos und Zeugen. Darüber hinaus sollten Angebote für eine Reparatur eingeholt werden. Mittlerweile gibt es oftmals die Möglichkeit, dies über die Internetseite der Versicherung zu erledigen.

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