Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (OLG) zeigt nun, dass Eltern keineswegs verpflichtet sind, ihre Kinder rund um die Uhr zu beaufsichtigen. Das gilt besonders in den eigenen vier Wänden. Demnach konnte keine Verletzung der Aufsichtspflicht erkannt werden, obwohl ihr Sohn ein Badezimmer komplett unter Wasser setzte und damit immensen Schaden hervorrief. Folglich muss auch die Haftpflicht der Mutter nicht zahlen, wie das Gericht in einem Pressetext berichtet (Urteil vom 26.04.2018, Az.: I-4 U 15/18).

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Kind geht selbstständig auf Toilette - mit bitteren Konsequenzen

Warum den Eltern kein Fehlverhalten angerechnet werden kann, wird aber schnell deutlich, wenn man auf den konkreten Rechtsstreit blickt. Der dreieinhalb Jahre alte Sohn war von den Eltern gegen 19:00 Uhr schlafen gelegt worden. Doch es stellte sich ein dringendes Bedürfnis ein, weshalb er wieder aufstand und zur Toilette ging, ohne dass die Eltern es bemerkten. Der Spülknopf, welcher regelmäßig klemmte, verhakte sich, so dass nun permanent Wasser ins Becken nachfloss. Weil der Junge auch ordentlich Toilettenpapier ins Klo gestopft hatte, konnte das Wasser nicht mehr abfließen.

Bald schon merkten auch die Untermieter, dass es wohl ein Problem mit dem Abfluss geben muss. Denn das Wasser tropfte schließlich aus der Decke in die untere Wohnung hinein. 15.000 Euro bekam die Wohngebäudeversicherung schließlich in Rechnung gestellt. Der Wohngebäudeversicherer aber zog vor Gericht und wollte die Haftpflicht-Police der Mutter in Anspruch nehmen. Begründung: Hätte sie das Kind ordentlich beaufsichtigt, hätte der Junge auch das WC nicht zum Überlaufen bringen können.

Junge darf alleine Geschäft verrichten

Das OLG Düsseldorf aber widersprach der Auffassung des Haftpflichtversicherers. Eine Aufsichtspflichtverletzung konnten die Richter nicht erkennen. In einer abgeschlossenen Wohnung müsse ein Dreijähriger nicht unter ständiger Beobachtung stehen, so hoben die Richter hervor. Auch der nächtliche Gang zur Toilette müsse nicht immer beaufsichtigt werden. Hier verwiesen die Juristen auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes. Demnach sei eine lückenlose Überwachung nicht erforderlich, wenn diese eine vernünftige Entwicklung des Kindes geradezu hemmen könnte. Kinder sind im Lernprozess darauf angewiesen, eigene Erfahrungen zu machen (BGH 24.03.09, VI ZR 199/08)

Entsprechend wurde auch der klemmende Spülknopf des WCs bewertet. Dieser habe zwar das Schadenrisiko erhöht. Es gehöre aber zum Lernprozess eines Kindes, die heimische Toilette alltäglich und korrekt zu benutzen. Üblicherweise führe das Verhaken des Spülknopfes zu keinem Risiko, der über einen höheren Wasserverbrauch hinausgehe, betonten die Richter. Die Situation sei jedenfalls durch den Fehler nicht derart gefährlich, dass das Kind die Toilette nur in Begleitung eines Erwachsenen hätte nutzen dürfen.

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Der Wohngebäudeversicherer nahm die Berufung zurück, nachdem der Senat einen entsprechenden Hinweis gab, dass ein solches Verfahren wenig Chancen auf Erfolg hätte.

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