Seit 2001 dürfen gleichgeschlechtliche Partner eine Lebensgemeinschaft eingehen und sind damit der Ehe vermögensrechtlich weitgehend gleichgestellt. Rund 41.000 Paare lebten 2014 laut Statistischem Bundesamt in einer eingetragenen Partnerschaft. Doch haben die gleichgeschlechtlichen Partner Anrecht auf eine Witwenrente, wenn diese bei einer privaten Rentenversicherung mitversichert ist? Eine Frage, mit der sich aktuell der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen musste. Der Urteilsspruch zeigt, dass die Antwort nicht ganz einfach ist (Urteil vom 26. April 2017, Az.: IV ZR 126/16).

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Rentenversicherung beinhaltete Hinterbliebenen-Baustein

Im konkreten Rechtsstreit hatte der Kläger im Jahr 1991 eine Rentenversicherung bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit abgeschlossen. Der Vertrag beinhaltete einen Leistungsbaustein, wonach der Ehefrau des Versicherten bei dessen Ableben eine Witwenrente zusteht. Doch der Versicherte ging im Jahr 2001 eine eingetragene Partnerschaft mit einem anderen Mann ein. Im Dezember 2013 benannte er den Lebensgefährten als bezugsberechtigten Hinterbliebenen.

Die Versicherung aber stellte sich quer und argumentierte, dass der Lebenspartner kein Anrecht auf die Witwenrente habe. Die Begründung: Leistungen an „sonstige Hinterbliebene“ seien im Versicherungsvertrag nicht vorgesehen und auch in den Prämien nicht eingerechnet gewesen. Mit anderen Worten: Der Versicherer erkannte die Gleichwertigkeit von Ehe und Lebenspartnerschaft nicht an.

Daraufhin klagte der Mann gegen den Versicherer. Ein Ausschluss seines Lebenspartners von der Bezugsberechtigung verstoße gegen Artikel Drei des Grundgesetzes (Art. 3 GG), auch als Antidiskriminierungsartikel bekannt, der in Bezug auf das Vertragsverhältnis der Parteien eine mittelbare Drittwirkung entfalte.

Das Urteil - Anrecht auf "Schließen der Versorgungslücke"

Mit seinem Urteil vom 26. April gab der Bundesgerichtshof dem Kläger grundsätzlich recht – und hob damit die Richtersprüche der Vorinstanz auf, die die Klage noch abgewiesen hatten.

Der 4. Zivilsenat erklärte, mit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) im Jahr 2001 sei eine „fundamentale Änderung der Rechtslage“ erfolgt, die eine Vertragsanpassung rechtfertige. So seien gleichgeschlechtliche Partner erstmals in unterhaltsrechtlicher und vermögensrechtlicher Hinsicht Ehegatten weitgehend gleichgestellt worden. Der Kläger habe folglich ein gewichtiges Interesse an einer seinen Verpflichtungen entsprechenden Hinterbliebenenversorgung seines Lebenspartners.

Im Urteilstext des BGH heißt es hierzu: "Die vom Kläger begehrte Hinterbliebenenrente dient, der Witwenrente vergleichbar, der Versorgung seines Lebenspartners durch Schließen der bei diesem durch den Tod des Klägers und den dadurch bedingten Wegfall von Arbeitseinkommen oder Rente entstehenden Versorgungslücke."

Da der Rentenversicherungsvertrag aber dem Kläger die Absicherung seines Partners nicht erlaube, führe diese „Störung der Geschäftsgrundlage“ dazu, „dass der Vertrag unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen an die veränderten Verhältnisse anzupassen ist“, heißt es in der Urteilsbegründung. Mit anderen Worten: Dem Versicherten muss auch im Rahmen einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft das Recht eingeräumt werden, den Partner ähnlich einer Witwenrente abzusichern.

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Entsteht dem Versicherer nun ein kalkulatorischer Nachteil?

Hier kommt das große „Aber“. Denn zugleich hat der BGH betont, dass hierbei auch die Rechte und Interessen des Versicherungsvereins berücksichtigt werden müssen. Und in Zeiten des Vertragsschlusses 1991 gab es bekanntlich das Lebenspartnerschaftsgesetz noch nicht. So müsse nun geschaut werden, ob durch die Gleichstellung des Lebenspartners in Form einer Witwenrente dem Versicherer ein kalkulatorischer Nachteil entstehe. Das heißt: Im Zweifel darf der Versicherer eine höhere Prämie für die Witwenrente aus einer Lebenspartnerschaft verlangen. Da hierzu bislang keine Feststellungen getroffen wurden, verweist der BGH den Rechtsstreit zu weiteren Klärung an die Vorinstanz zurück.

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