In einem aktuellen Fall hatte eine Frau einen Versicherungsmakler wegen vermeintlicher Schlechterfüllung des Maklervertrages verklagt. Streitgegenstand war eine fehlende Gewässerschadenhaftpflicht. Nach einem Schaden versuchte die Klägerin über ihren Anwalt den betreuenden Versicherungsmakler haftbar zu machen.

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Nach Durchführung der Beweisaufnahme war das Gericht allerdings nicht davon überzeugt, dass der beklagte Versicherungsmakler seine Beratungspflichten verletzt hatte. Nach Meinung der Richter hatte der Angeklagte im vorausgegangenen Beratungsgespräch die Dame ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die empfohlene Versicherung über ein wesentlich besseres Deckungskonzept als der bestehende Vertrag verfüge.

Die Frau hatte auf den Einschluss des notwendigen Schutzes verzichtet. Der Makler hatte die Dame ausdrücklich auf diesen Punkt hingewiesen. "Umdeckung Haftpflicht und Hausrat von ‚XXX‘ zu ‚YYY‘ trotz ausdrücklicher Empfehlung nicht gewünscht!", heißt es in der Beratungsdokumentation des Maklers. "Hätten die Klägerin und deren Ehemann dem ausdrücklichen begründeten Vorschlag des Maklers Folge geleistet, wäre der jetzt geltend gemachte Schaden nicht entstanden.", schlussfolgerten die Richter.

Die „Richter-Watsch‘n“

Jedem Versicherungsvermittler ist bekannt, wie auslegungsfähig das Stückwerk des Gesetzgebers schon in Sachen Vermittlerrichtlinie I war und ist. Der entscheidende Richter hat dies bei Durchsicht der entsprechenden Gesetze zum Zwecke seiner Urteilsfindung wohl ebenfalls mit einer gehörigen Portion Groll zur Kenntnis genommen. Denn im Urteilstext findet sich folgender Teil-Satz: "Auch wenn der Gesetzestext, wie leider üblich, nicht unbedingt dem entspricht, was man von einem sorgfältig arbeitenden Gesetzgeber erwarten können sollte ...".

Im Mittelpunkt der Kritik des Richters steht hier offenbar der § 61 VVG. Denn dieser schreibt einerseits vor, dass der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer vollumfänglich nach dessen Situation, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen habe. Andererseits solle dies aber in einem angemessenen Verhältnis zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien stehen. Damit sind die Pflichten des Vermittlers jedoch noch nicht beendet. Er solle zudem die Beratung dokumentieren und dabei die Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages berücksichtigen. Für Vermittler ist die Umsetzung eine regelmäßige Quadratur des Kreises.

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Letztlich interpretierte der Richter den Gesetzestext dann so, dass von einem Versicherungsmakler nicht verlangt werden könne, dass er bei dem konkreten Angebot einer Versicherung, welche ein insgesamt weit besseres Deckungsniveau hat, jeden einzelnen Punkt herausnimmt, explizit erläutert und in die Dokumentation aufnimmt. Dies würde nach Meinung des Richters nämlich dazu führen, dass die Dokumentation extrem überfrachtet würde und dem eigentlichen Sinn, dass der Versicherungnehmer einen raschen, übersichtlichen und deutlichen Überblick gewinne, zuwiderlaufen. Gut für den Gesetzgeber, dass der für Recht erkennende Richter den jetzt auf dem Tisch liegenden IDD-Gesetzentwurf wohl eher nicht kennt. Sein Urteil wäre vermutlich vernichtend.

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