„Immobilienkredite unter Beobachtung“; unter diesem Kapitel widmet sich die Bundesbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht 2014 den Entwicklungen am Hypothekenmarkt. Nach Daten, die die Währungshüter zu Baukrediten erhoben haben, zeigen einige Städte „einen hohen Anteil an Krediten, bei denen der Beleihungsauslauf 100% oder mehr beträgt.

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Dies deutet auf strukturelle Anfälligkeiten im deutschen Bankensystem hin, sollte es an den städtischen Wohnimmobilienmärkten zu einem Rückgang der Preise bei gleichzeitigem Anstieg der Ausfallraten kommen, schreibt die Bundesbank.

Situation wie um die Jahrtausendwende in den USA

Um die Wortwahl der Deutschen Bank in ihrem Stabilitätsbericht zu verstehen: „Strukturelle Anfälligkeiten“ waren die Ausgangsbedingung, die im Jahr 2007 in eine weltweite Finanz-, vor allem Bankenkrise mündete. Weil Massen von US-Amerikaner im Immobilienboom mit steigenden Hauspreisen billige Baukredite bekamen. Brauchte ein Hypothekenkunden noch mehr Geld, etwa für ein neues Auto, dann wurde Anfang der 2000er Jahre einfach sein Haus neu bewertet. Der gestiegene Immobilienwert steigerte die Bonität des Kunden. Das Geld floss in Massen.

Als die Hauspreise in den USA sanken, platzte eine Blase. Millionen von Amerikanern waren überschuldet, Banken pleite. Aber nicht nur die Hypothekenbanken selbst standen vor dem Aus, sondern die gesamte US-Geldindustrie, weil Hypotheken in milliardenschwere Großpakete verpackt, umverpackt, weiter gereicht, zerhackt, neu gebündelt und dann am Kapitalmarkt als Anleihen verklappt wurden. Für den Anleger war am Ende nicht erkennbar, dass er Giftmüll, die so genannten Subprimes, gekauft hatte. Körbe voller fauler Kredite.

Minizinsen sind billige Schulden

Am Ende mussten die Staaten die Banken retten. Dies führte zu einer weltweit wirkenden Fiskalkrise, teuren Rettungsschirmen und „billigen“ Zinsen. Um die Banken zu retten, mussten die Regierungen sich Geld leihen. Und um den Schuldendienst zu deckeln, sorgten Banken und Staaten für niedrige Zinsen. Da zudem wegen der geringen Zinsen eine Kapitalanlage in sicherer Wertpapiere kaum noch lohnte oder heute immer noch nicht lohnt, bei quasi null Prozent Zins, „investieren“ inzwischen viele Menschen in Schulden. Sie bauen. Sie kaufen Häuser oder Eigentumswohnungen.

Scheinbar ist es besser, billig auf eine Art Rente aus Stein zu bauen als gegen schmalen Zins in Riester- oder Basisrente für später zu investieren. Das ist verständlich, schließlich bedeutet im Alter jeder eingesparte Euro bei den Wohnkosten weniger Geldbedarf bei der eigentlichen Altersversorgung. Also bauen alle; vereinfacht gesagt. Dadurch angefacht boomen die Baumärkte. In jeder Hinsicht. Bei der Versorgung der Heimwerker ebenso wie im Geschäft mit Immobilienkrediten.

Keine deutsche Subprime-Krise bitte

Und nun stehen die Auspizien in Deutschland wieder in etwa so wie in den USA vor 15 Jahren. Zumindest in Regionen, in denen die Preise für Grund und Boden und Steine steigen, werden von Banken zunehmend 100-Prozent-Finanzierungen gemacht. Nach Beobachtungen der Bundesbank seien diese Kredite zwar selten, schreibt das „Handelsblatt“ (HB)unter Berufung auf Zahlen des Baufinanzierungsdienstleisters Dr. Klein.

Lediglich drei Prozent der Bauobjekte seien ohne Eigenkapital finanziert. Jedoch will die Bundesbank in ihrer Erhebung zum Finanzstabilitätsbericht 2014 auch Hundertprozenter ausgemacht haben, bei denen die erhöhten Anforderungen an die Bonität des Schuldners nicht immer erfüllt seien. Einzelfälle hin oder her, die Regierung will laut HB prüfen, ob den Banken bei den Beleihungen von Schuldhäusern Grenzen gesetzt werden müssen. Dies weit bevor eine Immobilienblase entstehen kann.

Bundesbank will Beleihungshöhe deckeln und Maximaldauer für die Tilgung

Die Bundesbank als Währungs- und Finanzwächter schlägt in ihrem Bericht vor, also an die Adresse der Bundesregierung, Beleihungs-Höchstgrenzen für Kreditobjekte aus Stein oder Beton einzuführen und eine Maximallänge der Tilgungsdauer zu setzen, bis der Häuslebauer schuldenfrei ist. Und: Die Gesamtverschuldung des Verbrauchers soll nach Überlegungen der Bundesbank auch gedeckelt werden. Zur Erinnerung: Die Allianz bietet derzeit eine bis zu 40 Jahre währende Zinsbindung für Hypotheken an. Warum? Weil es Menschen gibt, die sich zum Abstottern ihrer Hausraten 40 Jahre Zeit nehmen können oder die die Schulden an die Nachkommen vererben.

Wertfrei gesagt: Das kann Sinn machen, wenn die Erben sozusagen generationen-übergreifend in die Finanzierung einsteigen. Umgekehrt ist es umgekehrt: Wer heute mit 27 Jahren ein Haus baut und 40 Jahre Monat für Monat, Stein um Stein an die Bank zurückzahlt, der weiß nichts von den Wechselfällen des Lebens, die ihm drohen können: Krankheit oder Arbeitslosigkeit sind in dem Zusammenhang nur die gröbsten großen Probleme einer unbekannten Zukunft, in der 300.000 oder 400.000 Euro Hypotheken auf den Schultern des alternden Bauherren oder der Bauherrin lasten. Und: Eine 40-jährige Zinsbindung wie bei der Allianz sichert zwar den Schuldner vor steigenden Zinsen. Nicht aber den Finanzierer, vulgo hier die Allianz, vor der Pleite des Kunden.

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Keine Anzeichen für krisenhafte Entwicklungen

„Es gibt Anzeichen dafür, dass die Suche nach Rendite in bestimmten Marktsegmenten zu Übertreibungen führt“, schreibt die Bundesbank auf Seite 8 ihres Stabilitätsberichts. Nun will des Bundesfinanzministerium die Vorschläge der Bundesbank zu Beleihungsgrenzen und -dauern in den Blick nehmen.„Der Prüfprozess für diese Instrumente ist im Gange“, zitiert das HB eine Sprecherin des Ministeriums. Konkreteres in Form eines Gesetzesentwurfs sei frühestens im zum zweiten Quartal 2016 zu erwarten. Zur Beruhigung? Offenbar ist die Bundesbank im Augenblick aber nicht konkret um die Stabilität der Banken besorgt. In ihrem Bericht schreibt sie, es seien „keine Anzeichen für gesamtwirtschaftlich krisenhafte Entwicklungen auf dem Wohnimmobilienmarkt zu erkennen“.

Deutsche Bundesbank/Handelsblatt

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