Gleichzeitig wurde bekannt, die Schweizer würden sich um die Finanzierung eines potenziellen RSA-Gebots bemühen. Ein solches Verhalten ist neuartig, gewagt und hat viel Aufsehen erregt. Gleichzeitig bricht damit die Hoffnung in der Branche auf, es würde sich womöglich eine Zeitenwende abzeichnen. In den vergangenen Monaten des laufenden Jahres hat es bereits einige Übernahmen von Versicherern gegeben, die sich bei einem Volumen von insgesamt 64 Mrd. Dollar (58,7 Mrd. Euro) bewegten – womit sich der Umfang seit dem Vorjahr mehr als verdoppelt hat. Auch wenn sich das Groß jener Übernahmen in den USA und Bermuda vollzogen hat, ist eine ähnliche Entwicklung auch für Europa denkbar, wie Die Welt berichtet. Denn dem Konsolidierungsdruck ist man hier wie dort ausgesetzt.

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Folgen auch andere Versicherer dem Beispiel der Zurich?

Die Margen der Versicherungskonzerne sind der wunde Punkt. Während sich einerseits der Wettbewerb mit branchenfremden Akteuren, die neu auf den Markt drängen, verschärft, verkleinern sich die Kapitalerträge infolge der rekordniedrigen Zinsen stetig. Ein Zusammenschluss ist deshalb eine Möglichkeit, Kosten zu verringern und die Position auf dem Markt zu stabilisieren.

Finanzstarken Firmen wie Allianz SE und Axa SA könnten also dem Vorbild von Zurich folgen und größere Transaktionen avisieren. Denn, so Sam Evans, Leiter des Beratungsgeschäfts für Transaktionen unter Versicherern bei KPMG in London, zu dessen Kunden neben Zurich auch RSA zählen: "Es gibt in Europa definitiv Spielraum für Transaktionen in einem ähnlichen Umfang - oder sogar noch größere. Allgemein wird erwartet, dass es noch viel mehr Aktivität geben wird."

Die Argumente, die Zurich-Chef Martin Senn am Donnerstag angesichts einer Transaktion mit RSA formulierte, waren: "erhebliche Vorteile", Zudem würden sich die Geschäfte strategisch ideal und auch aus finanzieller Sicht ergänzen, was einen Kauf noch attraktiver mache. Senn hatte dies nach Vorlage der Quartalszahlen von Zurich formuliert, die abweichenden von den Erwartungen der Analysten ausgefallen waren, die Aktie hatte an dem Tag mit einem Abschlag von 4,6 Prozent geschlossen.

Schüchterne Aktivitäten, kaum Transaktionen in Europa

Zu den größten Transaktion in diesem Jahr zählt die Vereinbarung von Ace Ltd. zum Kauf von Chubb Corp. in den USA, die sich bei über 28 Mrd. Dollar bewegte. In Europa kam es auch zu kleineren Abschlüssen. So erwarb Aviva Plc den kleineren Rivalen Friends Life Group Ltd. für 8,3 Mrd. Dollar. Der Versicherungsmarkt Lloyd's of London zählte ebenso eine Reihe von Transaktionen, allen voran die Übernahme der Catlin Group Ltd. durch XL Group Plc. Im Großen und Ganzen aber beschränkte sich die Aktivität auf Veräußerungen von Geschäftsbereichen sowie kleinere Zukäufe.

Grund für die gebremste Aktivität bei Übernahmen und Fusionen sind die europaweit angezogenen Regulierungen der Branche ab 2016, die auch als Solvency II bekannt sind. Solvency brachte die Ungewissheit mit sich, wie viel Kapital die Versicherer in ihren Bilanzen vorhalten müssen und diese Ungewissheit bremste.

Appetit auf Transaktionen wächst schon wieder

Doch wenn die Aufseher die Kapitalmodelle der Versicherer genehmigen sollten, so erwarten Analysten wie Ashik Musaddi von JPMorgan Chase & Co. und Mark Cathcart von Jefferies Group, dann würde der Appetit auf Transaktionen schon wieder zurückkehren, so sagte Cathcart im Telefongespräch mit Bloomberg."Wir sehen seit einem Jahr Argumente für eine Konsolidierung in dem Sektor, angeführt von Großkonzernen. Es muss nur einer aus der Reihe tanzen und dann werden das alle machen. Ich finde es gut, dass Zurich RSA bekommen dürfte, das macht Sinn. Fusionen und Übernahmen werden auf dem Kontinent stattfinden."

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Zwar hatten Allianz und Axa schon deutlich gemacht, dass sie sich für große Transaktionen nicht interessieren, doch Cathcart zufolge gäbe es für sie doch den Moment der Versuchung, sollten die Marktreaktion auf ein Abkommen zwischen Zurich und RSA positiv ausfallen. Und auch wenn das Vorgehen von Zurich bei einigen in der Branche Nervosität auslöst, so sieht Trevor Moss, Analyst bei Berenberg, darin doch eine Option dazu, wenigstens mal in eine andere Richtung zu denken. "Dass Zurich den Hut in den Ring wirft, dürfte in der Geschäftsführung der meisten großen Versicherer Bestürzung ausgelöst haben. Das sorgt dafür, dass die europäischen Versicherer zumindest darüber nachdenken."

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