Der Bundesfinanzhof nahm vor Kurzem in einem Urteil Stellung zu der Frage, ob eine Gesellschaft, die Kunden und Interessenten im Zusammenhang mit Kapitalanlagen in ausländische Investmentfonds berät und die sich zur Vermittlung dieser Fondsanteile überwiegend selbständiger Vermittler bedient, mit ihrer Tätigkeit in vollem Umfang steuerfreie Vermittlungsleistungen erbringt. Nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) ist u.a. die Vermittlung der Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 8 Buchst. e und f UStG). Bedient sich ein Unternehmen für den Vertrieb von Finanzdienstleistungsprodukten, wie bspw. Fondsanteilen, selbständiger Vermittler, stellt sich die Frage, ob die bei Finanzdienstleistungen übliche Umsatzsteuerbefreiung auch für dieses Unternehmen gilt. In seiner aktuellen Entscheidung hat der für die Steuerrechtsprechung zuständigen BFH zu den Voraussetzungen dieser Umsatzsteuerbefreiung Stellung genommen (Urteil vom 14.5.2014, XI R 13/11).

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Wenn Vertriebe selbständige Vermittler einsetzen, so beschränkt sich deren Tätigkeit nicht selten auf Mitarbeiterschulungen, Zurverfügungstellung von Werbematerial, Prospekten und Kaufanträgen, allgemeinen Information über Investmentfonds oder speziellen über den jeweiligen Fonds sowie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen der Abwicklung der Kaufanträge wird dann nur dafür gesorgt, dass die Fonds-Anträge ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllt sind, direkt an die Fondsgesellschaft weitergeleitet und die jeweiligen Vermittler unverzüglich über Ablehnungen informiert werden.

Rechtsanwalt Dietmar Goerz von der Berliner Spezialkanzlei Wirth-Rechtsanwälte erläutert: „Grundsätzlich muss nach der Rechtsprechung des BFH für eine steuerfreie Vermittlung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gegenüber einer Vertragspartei eine Vermittlungstätigkeit erbracht werden, die von dieser eigenständig vergütet wird. Da die Regelungen des UStG jedoch auf der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU beruhen, hat der BFH bei deren Auslegung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu berücksichtigen.“

Nach der Auslegung des EuGH kann die Vermittlung u.a. auch darin bestehen, der Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck der Vermittlungstätigkeit ist es danach, ohne Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen.

Die an einer Vermittlung Beteiligten sind nach der Rechtsprechung des EuGH zudem in der Wahl des Organisationsmodells frei. Deshalb können Vermittlungstätigkeiten auch arbeitsteilig ausgeführt werden. Die Vermittlung kann daher in verschiedene Einzeldienstleistungen zerfallen, wenn diese Teil einer einheitlichen Leistung sind. Diese müssen aber insgesamt die Voraussetzungen einer Vermittlung erfüllen und gegenüber ein und demselben Leistungsempfänger erbracht werden.

Wer nur Tätigkeiten wie die Anwerbung, Schulung, Betreuung und Unterstützung von Abschlussvermittlern sowie die Erteilung von Informationen an die Anleger oder die Annahme und Bearbeitung von Anträgen übernehme, so der BFH, der erbringe keine steuerfreie Vermittlung. Denn wessen Tätigkeit weder darin besteht dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen nachzuweisen, mit Interessenten Kontakt aufzunehmen oder Verhandlungen zu führen, der erbringe keine eigene Vermittlungsleistung, sondern nur umsatzsteuerpflichtige vertriebsunterstützende Tätigkeiten. Zudem beziehen sich diese vertriebsunterstützenden Tätigkeiten nur auf die Vermittlungsleistungen der selbständigen Vermittler, also einem Dritten und damit weder auf den Produktgeber noch auf den Anleger. Eine Steuerfreiheit könne dann auch nicht über eine erfolgsabhängige Vergütungsregelung begründet werden.

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Rechtsanwalt Goerz gibt außerdem zu bedenken, "dass das Finanzamt auch aus Vertrauensschutzgründen nicht gehindert ist, die Umsatzsteuer für mehrere Jahre zurückzufordern. Dies gilt auch dann, wenn das Finanzamt eine für den Steuerpflichtigen günstige fehlerhafte Rechtsauffassung über eine längere Zeitspanne vertreten hat. Denn das Finanzamt prüft in jedem Besteuerungszeitraum die Besteuerungsgrundlagen erneut. Es ist an eine bisher zugrunde gelegte falsche Rechtsauffassung nicht gebunden und muss diese auch dann aufgeben, wenn der Steuerpflichtige darauf vertraut hat."

Pressemitteilung Wirth Rechtsanwälte Berlin

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