Wenn sich in den Medien sogenannte „unabhängige Experten“ zu Wort melden, ist Skepsis mitunter angebracht. Nicht selten vertreten sie die Interessen von Lobbygruppen oder stehen auf der Gehaltsliste eines Unternehmens, dessen Qualität sie eigentlich beurteilen sollen. Ein besonders krasses Beispiel für Interessenskonflikte ist aktuell in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu beobachten, wie das Webportal procontra berichtet.

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Nachdem ADAC und Stiftung Warentest (wegen dem Ritter-Sport-Urteil) in die Kritik geraten sind, widmet sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung der Frage, wie man Testorganisationen vergleichen kann. „Eine Kontrolle der Kontrolleure findet nicht statt“, konstatiert das Blatt und nennt Organisationen wie den TÜV, Ökotest und Guter Rat. Nicht einmal das Verbraucherministerium wolle sich anmaßen zu beurteilen, wer seine Arbeit gut macht und wer nicht.

Hier will die FAZ Abhilfe schaffen und Kriterien vorstellen, anhand derer die Verbraucher Testorganisationen bewerten können. Als Fachmann kommt der Bamberger Finanzwissenschaftler Prof. Andreas Oehler zu Wort. Drei Prüfkriterien hat Oehler ausgearbeitet. Grob zusammengefasst sind dies:

  • 1.) Wie transparent und unabhängig ist eine Verbraucherorganisation?
  • 2.) Erfolgen die Tests von Produkten technisch sachgerecht?
  • 3.) Werden die Testergebnisse sachgerecht dokumentiert?
Auf die Frage, wer nun der beste Tester im ganzen Land sei, weiß Oehler eine Antwort. „Wenn man die drei Kriterien zusammennimmt, dann ist die Stiftung Warentest am ehesten diejenige, bei der grundsätzlich alle Kriterien erfüllt sind“, kommentiert der Wissenschaftler. Die Goldmedaille für den besten Verbrauchertest geht folglich nach Berlin Tiergarten, wo Deutschlands bekannteste Stiftung ihren Sitz hat. Zugleich stellt die Frankfurter Allgemeine die Unabhängigkeit der anderen Organisationen in Frage: Diese seien im Gegensatz zur Stiftung Warentest auf Werbeeinnahmen angewiesen.

Andreas Oehler ist kein unabhängiger Experte

Das Urteil von Andreas Oehler hat allerdings mehr als ein Geschmäckle. In einem Kommentar an die FAZ meldete sich Jürgen Stellpflug zu Wort, der Chefredakteur des Konkurrenten Ökotest. „Was Sie Ihren Lesern verschweigen: Andreas Oehler ist keineswegs ein unabhängiger Experte, sondern Verwaltungsrats-Vorsitzender der Stiftung Warentest. So viel zum Thema Transparenz“, schreibt Stellpflug. Prompt wurde der kritische Kommentar von der Webseite der FAZ gelöscht, wie Stellpflug gegenüber procontra bestätigte.

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Wusste die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass Professor Oehler dem Verwaltungsrat der Stiftung Warentest vorsteht? „Ja, das war mir bekannt“, erklärte Autorin Nadine Oberhuber auf Anfrage von procontra Online. Warum sie Oehlers Funktion bei der Stiftung verheimlichte und ihn stattdessen als „unabhängigen Experten“ vorstellte, konnte die FAZ-Journalistin nicht begründen. "Vorsicht, Verbraucherschützer!" ist die Artikelserie der FAZ überschrieben. Vielleicht sollte man noch ergänzen: "Vorsicht, unabhängige Experten!"

procontra Online

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