„Im vergangenen Sommer hat die deutsche Industrieproduktion ihr Vorkrisenniveau erreicht. Für das Gesamtjahr 2011 rechnen wir mit einem Plus von fast acht Prozent“, urteilt die Expertin. Für 2012 hingegen prognostiziert sie im aktuellen DIW-Wochenbericht insgesamt eine Stagnation und ist damit deutlich zurückhaltender als die Verbandsvertreter, die im Schnitt mit einem Plus von zwei Prozent rechnen.

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Lucke sieht die Gründe für die Wachstumspause im Jahr 2012 zum einen darin, dass der Investitionszyklus auf wichtigen Auslandsmärkten und im Inland seinen Höhepunkt überschritten hat. Zum anderen veranlassen die durch die Schuldenkrise hervorgerufenen negativen Geschäftserwartungen die Unternehmen zu abwartendem Verhalten.

Im Maschinenbau, der größten Investitionsgüterbranche, zog die Produktion in den ersten drei Quartalen 2011 spürbar an, sodass die Branche für das Gesamtjahr 2011 mit einem Plus von knapp 14 Prozent rechnen kann. Die Auftragseingänge sind am aktuellen Rand allerdings rückläufig. „Aufgrund der sich kontinuierlich verschlechternden Stimmungsindikatoren ist davon auszugehen, dass die Nachfrageabschwächung keine kurzfristige oder zufällige Erscheinung ist, sondern einen anhaltenderen Rückgang der Nachfrage nach Maschinen eingeläutet hat“, erläutert die DIW-Expertin. Erst im Verlauf des Frühjahrs 2012 werde die Produktion im Maschinenbau wieder wachsen, sodass im Jahresdurchschnitt nur ein Wachstum von 1,5 Prozent zu erwarten sei.

Die Hersteller von Nutzfahrzeugen profitierten in den ersten drei Quartalen 2011 von hohen Auftragseingängen. Der Höhepunkt sei jedoch überschritten, sodass ein Rückgang der Produktion laut Lucke schon im Winter wahrscheinlich ist. Ähnlich verläuft die Entwicklung in der PKW-Sparte. „Da der Produktionsrückgang sich noch bis zum Frühjahr hinziehen wird, kann der Kraftwagenbau für das kommende Jahr nur mit einem Wachstum von etwa einem Prozent rechnen“, prognostiziert Lucke.

Der Elektroindustrie kamen 2011 die starke Investitionstätigkeit im Inland und die daraus resultierende Nachfrage nach Vorleistungs- und Investitionsgütern zugute. Die DIW-Expertin rechnet allerdings damit, dass die Produktion im Winterhalbjahr aufgrund der negativen Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen ebenfalls rückläufig sein und erst im Frühjahr 2012 wieder anziehen wird. Ähnlich werde die Entwicklung in der chemischen Industrie verlaufen. „Insgesamt gibt es gute Chancen, dass die deutsche Industrieproduktion im kommenden Jahr das Niveau von 2011 halten kann. Große Zuwächse sehen wir allerdings nicht“, so Lucke.

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Experten der Industrieverbände sind optimistischer: Auf der Industrietagung des DIW Berlin Ende Oktober schätzten sie, dass die Industrieproduktion im Jahr 2012 um gut zwei Prozent wachsen werde und vertrauen dabei vor allem auf die starke Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Bei der Industrietagung des DIW Berlin diskutieren Wirtschaftswissenschaftler und Experten verschiedener Industrieverbände und Unternehmen jedes Jahr die Zukunftsperspektiven ihrer Branchen.

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