Versicherungsbote: Krankenzusatzversicherung ist ein „strategisches Geschäftsfeld“ des Münchener Verein. Was genau bedeutet das?

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Dr. Rainer Reitzler: Wir investieren viel Zeit und Geld in unsere Produkte und Prozesse mit dem übergeordneten Ziel „profitables Wachstum“. Damit schreiben wir unsere 100-jährige MV-Erfolgsgeschichte fort und verfolgen unser Ziel, stärker zu wachsen als die Unternehmen, mit denen wir uns vergleichen. Neben unserer strategischen Zielgruppe Handwerk konzentrieren wir uns daher seit einigen Jahren verstärkt auch auf die Zielgruppe der gesetzlich Krankenversicherten. Das funktioniert wunderbar.


Dr. Rainer Reitzler, CEO der Münchener Verein Versicherungsgruppe© Alexander von Spreti

Welche Investitionen hat der Münchener Verein zuletzt in dieses Geschäftsfeld getätigt und welche Erwartungen sind damit verbunden?

Wir haben in diesem Geschäftsfeld im vergangenen Jahr in neue Krankenversicherungs-Systeme investiert, wie beispielsweise schnelle Dunkelverarbeitungsprozesse und moderne Anwendungen. Dies spart Zeit und entlastet gleichzeitig die Mitarbeiter, die sich dann komplexeren Vorgängen widmen können.

Auf diesen modernen Systemen basiert bereits unsere neue betriebliche Krankenversicherung, mit der wir ein neues Geschäftsfeld erschließen. Auch hier ist das Produkt einzigartig und mehrfach ausgezeichnet vom Markt. Alle Prozesse laufen komplett digital ab, für Vertriebspartner und Kunden.

Denn auch unsere Kunden erwarten natürlich schlanke und schnelle Prozesse. Daher setzen wir als Unternehmen verstärkt auf weitere Automatisierungen und entsprechende Digitalisierung, um die Effizienz und Effektivität unserer Prozesse zu steigern.

Das Interesse an zusätzlichem Krankenversicherungsschutz ist groß - aber sehr ungleich verteilt. Zahnzusatzversicherungen dominieren den Markt. Spiegelt das Ihrer Ansicht nach das tatsächliche Risiko wider?

Durch die Einführung unseres Testsieger-Produkts „ZahnGesund“ ist die Nachfrage nach Zahnzusatz-Versicherungen in der Tat deutlich angestiegen. Für gesetzlich Versicherte deckt sie durchaus relevante Zusatzkosten ab. Um zwei Beispiele zu nennen, gibt es bis zu 4.000 Euro je Implantat oder bis zu 10.000 Euro bei einer Prothese. Das stiftet echten Kundennutzen.


Müsste das Pflege-Risiko nicht viel stärker privat abgesichert sein?

Da haben Sie meine volle Zustimmung, ja müsste es! Vor allem, wer vor Augen hat, dass ein pflegebedürftiger Mensch im Heim jeden Monat im Bundesschnitt 2.576 Euro aus eigener Tasche bezahlen muss.
Für Heimbewohner mit Pflegegrad II übernimmt die Pflegeversicherung monatlich nur bis zu 770 Euro*. Bei monatlichen Gesamtkosten von über 4.000 Euro würde ein ausreichend bemessenes Pflegetagegeld eine spürbare Entlastung bringen. Leider stellen einzelne Politiker den Menschen immer wieder eine Pflege-Vollkasko-Versicherung in Aussicht.
Dies ist nicht nur zum jetzigen Zeitpunkt unrealistisch, sondern bleibt auch zukünftig unrealistisch angesichts der steigenden Lohnnebenkosten und der immer älter werdenden Bevölkerung. Die Hoffnung der Menschen, doch bald vom Staat besser abgesichert zu werden, hält viele leider davon ab, eine private Zusatz-Versicherung abzuschließen.

Als Vorsorge- und Pflegespezialist bieten wir bereits seit 1986, als einer der ersten Versicherer, eine private Pflegezusatzversicherung an. Mit unserer „Deutschen PrivatPflege“ (DPP) waren wir bereits vor vielen Jahren Vorreiter und Innovationstreiber am Markt.

(*zzgl. eines mit der Dauer der vollstationären Pflege steigenden Leistungszuschlags)

Im KV-Zusatzmarkt - insbesondere im Zahnbereich - arbeiten viele Krankenversicherer mit Gesetzlichen Kassen zusammen und nutzen deren Vertrauenswerte. In der Praxis bedeutet das, GKV-Versicherte bekommen regelmäßig vorausgefüllte Anträge zugesandt. Ist das aus Ihrer Sicht noch fairer Wettbewerb?

Es ist so, dass die Gesetzlichen Krankenkassen auf Grund ihrer eigenen Branchenkenntnis und ihres guten Marktüberblicks hohe Anforderungen an die Produkt- und Dienstleistungsqualität ihrer Kooperationspartner stellen. Die GKV-Versicherten können sich deshalb in der Regel sehr gut darauf verlassen, dass ihnen ein hochwertiger Zusatzschutz angeboten wird, der das Leistungsspektrum ihrer entsprechenden Kasse sinnvoll ergänzt.

Wettbewerb bedeutet auch Differenzierung. Der Münchener Verein hat sich auf Handwerker spezialisiert. Haben Handwerker einen anderen Bedarf bei Krankenzusatzversicherungen?


Der Münchener Verein ist vor über 100 Jahren als genossenschaftliche Selbsthilfeeinrichtung für das Handwerk und Gewerbe gegründet worden. Von unseren Wurzeln her fühlen wir uns daher natürlich heute noch dem Handwerk besonders verpflichtet. 

Wer über viele Jahre schwer körperlich arbeiten muss oder zumindest körperlich mehr beansprucht wird als in Nicht-Handwerks-Berufen hat mit anderen Erkrankungen oder Verletzungen durch Unfälle zu kämpfen.

Die häufigsten Erkrankungen bei handwerklichen Berufen sind Muskel- und Gelenkerkrankungen, Atemwegserkrankungen, Verletzungen und Vergiftungen oder psychische Erkrankungen.

Wir wissen daher genau, mit welchen KV-Zusatzprodukten speziell Handwerker ihre Versorgungslücken am besten schließen. Konkret bieten wir zum Beispiel, die „Ambulant Care Premium“ als ambulante Zusatzversicherung für Arztbesuche, „KlinikGesund“ für die Absicherung bei Krankenhausaufenthalten oder speziell unsere Betriebliche Krankenversicherung für Mitarbeiter im Handwerk.

Im Schnitt verursachen Verletzungen bei manchen Handwerksberufen zwischen 10 und 14 Fehltagen. Das zeigt deutlich, dass eine Krankenhauszusatz-Versicherung hier Sinn macht.

Im Krankenvollversicherungs-Bereich wollen Anbieter einen Rollenwechsel: Vom reinen Kostenerstatter zum Gesundheitsbegleiter. Lässt sich Ähnliches über den Krankenzusatzbereich sagen?

Ja, dieser Trend lässt sich auch im Zusatzbereich beobachten, allerdings in geringerem Umfang. Mit KlinikGesund, unserer stationären Zusatzversicherung, bieten wir unseren Kunden bereits einen Zweitmeinungs-Service und einen Spezialisten- und Klinik-Such-Service an. Wir geben ihnen dadurch mehr Sicherheit bei ihrer Entscheidung und 
unterstützen sie bei der Suche nach dem geeigneten Ort für ihre Operation.

Welche Rolle spielen Assistance-Leistungen dabei? Können Sie Beispiele nennen?

Unterstützende Dienstleistungen im Rahmen von Assistancen gehen über die reine finanzielle Deckung hinaus und runden meiner Meinung nach eine Krankenzusatzversicherung sinnvoll ab.

Für Kunden sind sie oft eine wichtige Komponente bei der Wahl des Versicherers. Wir bieten unseren Kunden in der Krankenzusatzversicherung beispielsweise folgende Leistungen an:

Eine Gesundheits-Hotline, die Informationen über verbreitete Krankheitsbilder, Diagnostik und Therapiestandards, nicht-medikamentöse Therapieverfahren oder alternative Therapien liefert, um nur einiges aufzulisten. Nicht zu vergessen ist die Reise- und Tropenmedizin oder die Impfberatung. Wichtig ist vielen auch eine zweite Meinung zu Befunden, die wir mit der „Medizinischen Zweitmeinung“ anbieten. Unser „Case-Management, stellt sicher, dass die Versorgung bei bestimmten Krankheitsbildern entsprechend koordiniert wird.

Im Ausland bietet die Auslandsreise-Krankenversicherung für reisemedizinische Informationen einen 24h-Reise-Notruf, der die Arzt- und Krankenhaussuche, Kostenübernahme im Ausland oder die Organisation eines Rücktransports beinhaltet.

Wie könnte die Digitalisierung die Verwaltung und den Zugang zu Leistungen der Krankenzusatzversicherung verbessern?

Digitalisierungstechnologien wie robotics, Voice und Chat-Bot und KI sind generell Schlüsselelemente, um das Kundenerlebnis und den Service weiter zu verbessern. Sie gestalten aber auch die internen Abläufe schlanker und automatisieren sie möglichst weitgehend. Durch die Digitalisierung erweitern wir auch unsere Kommunikations-Palette für Kunden, um ihnen jeweils die ideale Unterstützung für ihre Anliegen zu bieten.

Mit unserer MVServiceApp sehen unsere Kunden heute schon Ihre Vertrags- und Kundendaten ein, erhalten Informationen zum Versicherungsschutz, reichen Belege digital ein, ändern ihre Kundendaten oder Bankverbindungen, oder erstellen sich Bescheinigungen.

Beim Thema eHealth und Telematik-Infrastruktur ist derzeit die gesetzliche als auch die private Krankversicherung dabei, weitere Services, wie beispielsweise die Medikamentenversorgung, zu digitalisieren. Künftig werden sicherlich digitale Datensätze bei Rechnungen, Rezepten und der Leistungsabrechnung eine höhere und fehlerfreiere Automatisierung ermöglichen.

Digitale Gesundheitsservices werden künftig immer mehr die Arztbehandlung unterstützen und dem Kunden bzw. Patienten an 24/7 Services bieten.

Gesundheitstrends unterliegen stetem Wandel. Welche neuen Trends hat der Münchener Verein identifiziert und wie stellt er sich darauf ein?

Kunden erwarten digitale und schnelle Prozesse. Deshalb erweitert der MV seine ServiceApp laufend um zusätzliche Funktionen und weitet die Dunkelverarbeitung aus.
Kunden wollen umfassenden Schutz, deshalb haben wir beispielsweise in der Zahnzusatzversicherung im Produkt „ZahnGesund“ auch eine 100% Kostenerstattung für Kieferorthopädie und Zahnersatz berücksichtigt.

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