Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes bedeutet schlechte Nachrichten für Betriebsrentner. Kürzt eine Pensionskasse ihre Leistungen und kann auch der Arbeitgeber aufgrund einer Insolvenz die Lücke nicht ausgleichen, so muss der Pensionssicherungsverein a.G. den Ruheständler nicht den vollen Fehlbetrag ersetzen. Auf das Urteil macht aktuell Rechtsanwalt Tobias Neufeld auf Legal Tribune aufmerksam (Urteil vom 21.07.2020, Az. 3 AZR 142/18).

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Pensionskasse und Firma angeschlagen

Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Rentner geklagt, dessen Arbeitgeber Fehlbeträge bei seiner Betriebsrente nicht mehr ausgleichen konnte. Er hielt eine Rente über die Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (PKDW). Sie hatte über einen Beschluss der Mitgliederversammlung bereits 2003 die Renten ihrer Versicherten deutlich nach unten korrigieren müssen, nachdem sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war.

Für den gekürzten Betrag kam fortan der Arbeitgeber auf. Zehn Jahre lang zahlte die Firma für die Rentenlücke: Grundlage war die Ausfallhaftung gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Doch dann fiel auch der Arbeitgeber in die Insolvenz. Die Fehlbeträge wurden ihm nun nicht mehr ausgeglichen.

Daraufhin zog der Rentner vor Gericht und wollte seine Rente vom Pensionssicherungsverein (PSV) aufgestockt haben. Hier begannen die Probleme, denn eigentlich muss der Verein nur bei bestimmten Arten der Betriebsrente leisten: einer Direktzusage, Unterstützungskassenzusage, Pensionsfonds- oder Direktversicherungszusage.

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Der Rentner war aber bei einer Pensionskasse versichert. Pensionskassen mit der Rechtsform VVaG (Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) sind nicht von der Einstandspflicht erfasst, somit fallen sie eigentlich durch das Sicherungsnetz: auch, weil der Gesetzgeber vor der Versichererlobby einknickte und trotz erheblicher Risiken der Geschäftsmodelle zahlreiche Ausnahmen beim Insolvenzschutz der Renten gestattete. Die in einer Pensionskasse organisierten Arbeitgeber zahlen auch keinen Beitrag in den Sicherungsverein.

...überraschendes Urteil der Vorinstanz

Dass der Rechtsstreit trotzdem viel Aufmerksamkeit erregte, liegt an einem Urteil der Vorinstanz: dem Landgericht Köln. Das Gericht wertete die Einstandspflicht des Arbeitgebers aus § 1 Abs. aus dem Betriebsrentengesetz wie eine Direktzusage, was eine Einstandspflicht laut Gesetz nach sich gezogen hätte. „Diese Pflicht des Arbeitgebers, für Fehlbeträge einzustehen, wenn er sich zur Durchführung eines Dritten bediene (wie z.B. einer Pensionskasse) und dieser Dritte nicht in voller Höhe leistet, sei wie eine Direktzusage zu behandeln und deshalb über § 7 Abs. 1 BetrAVG durch den PSV abgesichert“, berichtet Rechtsanwalt Neufeld.

Aus diesem Grund rief das Bundesarbeitsgericht im Vorfeld den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Die EU hat 2008 eine Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (2008/94/EG) verabschiedet, mit der eben auch gewährleistet werden soll, dass Anwartschaften auf Betriebsrenten im besonderen Maß gesichert sind.

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Zwar bestätigte der Europäische Gerichtshof, dass das aktuelle deutsche Sicherungssystem nicht ausreichend sei: Beschränkte die Haftung aber stark. Demnach muss der Pensionssicherungsverein bei Rentenkürzungen nur dann einstehen, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder der Arbeitnehmer unter die Armutsgefährdungsschwelle fällt. Dem schloss sich nun auch das Bundesarbeitsgericht an. Folglich hat der klagende Rentner keinen Anspruch auf Ausgleich.

Der Gesetzgeber hat bereits nachgebessert. Ab dem 1. Januar 2022 muss der PSV auch für Pensionskassen-Zusagen einstehen, unabhängig von der Höhe der Kürzung. Paragraph 7 des Betriebsrentengesetzes wurde entsprechend abgeändert. Eine Übergangsfrist sieht vor, dass der Bund einspringt. Vor 2022 aber muss der Bund nur im Rahmen der Grenzen haften, die der EuGH vorgegeben hat: also bei hälftiger Kürzung der Ansprüche. Dies erfüllt der Rentner nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aber nicht.

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