Es gibt in anderen Ländern bereits einige Personenversicherer, die beispielsweise das Thema häusliche Pflege in den Fokus genommen haben und gemeinsam mit zahlreichen relevanten Leistungserbringern digitale Lösungen bauen. Digital Health-Elemente können hier einerseits den noch relativ „fitten“ Senior*innen Sicherheit und Unterstützung im eigenen Haushalt und der weitgehend eigenständigen Versorgung bieten. Zum anderen unterstützen sie pflegende Angehörige in ihrem Pflegealltag, damit diese zielgerichteter, effektiver und auch resilienter die herausfordernden Aufgaben bewältigen können. Zusätzlich kann der Einsatz von Sensorik im Haushalt, das Tracking von Vitaldaten oder die selbstverständliche Nutzung von Telemedizin die kommenden Herausforderungen im Bereich Personal und Finanzierung mildern. Versicherer können hier über das Angebot entsprechender Serviceangebote – für kommende Generationen dann auch integriert in Zusatzversicherungen – ein neues Geschäftsfeld erschließen und damit einen weiteren Schritt machen, um vom reinen „Bezahler“ zum spürbaren „Kümmerer“ zu werden.

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Digital Health stellt eine echte Chance für Versicherer und Patient*innen dar

Patient*innen erwarten naturgemäß beste Leistungen bei voller Kostenübernahme, während Versicherer auch Leistungsausgaben und Prozesskosten im Blick haben. Digital Health kann diesen Interessenkonflikt in mehreren Dimensionen entschärfen. Zum einen ermöglicht die Digitalisierung von Services und Prozessen den nächsten großen Schritt in intelligenter Prozessautomatisierung und damit auch Prozessbeschleunigung. Durch den zunehmenden Einsatz von Data Analytics und AI können somit gleichermaßen Effizienzpotenziale für die Versicherer wie auch Vorteile in der Customer Experience erreicht werden. Hierzu zählt auch die unmittelbare Bereitstellung relevanter Daten für alle involvierten Leistungserbringer an allen Touchpoints der Journey. Regulatorische Anforderungen beim Datenschutz stellen hierbei zurecht hohe Anforderungen, denn Gesundheitsdaten sind besonders schützenswert. Für die Umsetzung integrierter datenbasierter Lösungen gilt es daher, als Versicherer den bestmöglichen Spagat zwischen herausragenden Nutzerlebnissen und rechtlicher Compliance zu erreichen – beispielsweise über differenzierte Nutzung von Kundendaten nur zu ausgewählten, zweckbezogenen Zwecken oder über anonymisierte Daten (Stichwort „Datenspende“).

Für die Patient*innen eröffnet sich durch datenbasiertes Vorgehen die Chance, gezielter und passgenauer entlang ihrer Journey unterstützt und begleitet zu werden. Die Möglichkeiten der digital unterstützten Patientensteuerung bei Expertenzugang, Diagnostik, Therapiebegleitung oder auch Alltagsunterstützung im Falle von länger dauernden und chronischen Krankheiten sind hier typische Beispiele. Ebenso lässt sich der Wirkungsgrad bei Prävention wie auch Rehabilitation durch Digital Health spürbar steigern. Wichtig ist, den Patient*innen immer wieder deutlich zu machen, welche Vorteile sich aus der Nutzung digitaler Elemente und durch das Teilen von Daten im Gesundheitssegment ergeben, um die Bereitschaft zur digitalen Interaktion und Begleitung weiter zu steigern.

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Das Momentum nutzen und zum Treiber der digitalen Transformation werden

Auch wenn manche Bausteine wie die elektronische Patientenakte länger brauchen als geplant: Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet konsequent voran. Und das geschieht nicht rein effizienzgetrieben, sondern auch aus Perspektive und zum Wohle der Patient*innen. Für die Versicherungswirtschaft bietet die aktuelle Phase die Gelegenheit, sich im immer digitaleren Ökosystem Gesundheit als Lead Player zu positionieren und zum Orchestrator von integrierten Patienten-Journeys zu werden. Im Gegensatz zu manch anderen Ökosystemen ist die Chance für die Branche in der Lebenswelt Gesundheit durchaus groß, denn das Vertrauen der Patient*innen ist vorhanden und keine andere Industrie konnte sich bislang als dominanter Player im Ökosystem positionieren. Nun gilt es, vor allem die digitale Transformation im Gesundheitssektor und die wachsende Bereitschaft der Patient*innen für digitale Kanäle und Lösungen konsequent zu nutzen und die eigene Rolle neu zu definieren.

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