Hintergrund: Damit Versicherer ihre Verpflichtungen gegenüber den Kunden dauerhaft erfüllen können, schreibt das Solvency-Aufsichtsregime vor, auch für wirtschaftlich schwere Zeiten genügend Eigenmittel als Polster vorzuhalten. Zentral hierfür sind die Solvenzquoten (SCR-Quoten). Für diese Quoten ist nicht der „Normalbetrieb“ relevant, sondern die Simulation eines wirtschaftlichen Extrem-Ereignisses, das alle 200 Jahre auftritt.

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Erreicht ein Versicherer eine Quote von mindestens 100 Prozent, hat er genügend Eigenmittel, um eine solche Situation zu stemmen. Jedoch erleichtern bis Ende 2031 noch verschiedene Übergangsmaßnahmen die Anforderung:

  • Paragraf 82 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ermöglicht die Volatilitätsanpassung (VA): Sie erhöht die SCR-Quote der Unternehmen 2021 um durchschnittlich 19,9 Prozent.
  • Paragraf 351 VAG ermöglicht eine Maßnahme für risikofreie Zinssätze – diese wurde bisher aber nur wenig genutzt (2020 von der Credit Life und der WWK).
  • Und Paragraf 352 VAG ermöglicht Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellungen (Ü). Hierbei handelt es sich um die wirkungsvollsten Hilfen: Sie erhöhen die Quoten 2021 um durchschnittlich 191,7 Prozentpunkte.

Aufgrund dieser Hilfsmaßnahmen können aufsichtsrechtlich drei Quoten unterschieden werden:

  • Netto- oder SCR-Quote: ist jene Quote, die ein Versicherer ohne Übergangshilfen und Volatilitätsanpassung errechnet. Wer hier unter 100 Prozent gerät, würde ab 2032 die Anforderungen von Solvency II nicht mehr erfüllen.
  • Bruttoquote: In der Übergangszeit bis 2031 ist allerdings die Bruttoquote für die BaFin relevant – das ist die Quote, in die alle Maßnahmen (VA, Zinsmaßnahme, Ü) eingeflossen sind. Wie groß der Unterschied zur Nettoquote sein kann, veranschaulicht 2021 die PB Lebensversicherung AG – sie hat eine Nettoquote von 40 Prozent und eine Bruttoquote von hohen 837 Prozent.
  • Nettoquote plus VA: Allerdings entscheidet sich dennoch bereits an der Nettoquote viel. Denn sobald Nettoquote und Volatilitätsanpassung (SCR+VA) keinen Wert von mindestens 100 Prozent erreichen, geraten die Unternehmen in die BaFin-„Manndeckung“ (so einst Aufsichtschef Frank Grund). Das bedeutet: Das Unternehmen muss Maßnahmen bei der Behörde vorlegen, um die Finanzstabilität zu verbessern – und die Aufsichtsbehörde prüft den Erfolg.

2021: Erholung nach Krisenjahr

2020 – das Jahr eins von Corona – setzte der Branche arg zu. Das wird schon daran ersichtlich, dass 17 Unternehmen (rund 21 Prozent der Branche) eine Nettoquote unterhalb 100 Prozent hinnehmen mussten. Und 15 Unternehmen mussten sich sogar in die Manndeckung der BaFin begeben, weil auch die Volatilitätsanpassung die Quote nicht auf mindestens 100 Prozent hob. Das ist in 2021 aber anders.

Denn 2021 erreichen nur noch acht Unternehmen keine Nettoquote von 100 Prozent. Und nur noch fünf Unternehmen sind in der Manndeckung der BaFin. Die Bildstrecke des Versicherungsboten stellt betroffene Unternehmen vor.

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Alle Zahlen sind einer Übersicht des Zweitmarkt-Anbieters Policen Direkt übernommen und können online eingesehen werden. Weitere Kennzahlen zur Lebensversicherung haben wir unter einer neuen Rubrik zusammengestellt.